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Krisenfest – Krankenhausprokuristin Friederike Röder zwischen Pandemie-Plan und Masterprüfung

Krankenhausprokuristin und MBA-Absolventin Friederike Röder | Foto: Nadja Bossmann
Foto : Nadja Bossmann
Krankenhausprokuristin und MBA-Absolventin Friederike Röder
Es war ein absoluter Kraftakt. Friederike Röder sitzt in ihrem Büro in der Dachetage des St. Josefs-Krankenhauses und lacht kopfschüttelnd bei der Erinnerung an die vergangenen sechs Monate. Ausgerechnet während der Corona-Pandemie hat die 31-jährige Prokuristin ihren Master of Business Administration gemacht. Der Stress ist ihr nicht mehr anzusehen. Sehr gelassen wirkt sie, eine gepflegte Erscheinung in Blazer und Bluse zu Jeans und Turnschuhen. Im Vollzeit-Job einen Pandemie-Plan zu erstellen und gleichzeitig eine Masterarbeit zu schreiben – das tue eben auch etwas fürs Selbstbewusstsein, sagt sie augenzwinkernd.

Friederike Röder hat ursprünglich Volkswirtschaftslehre an der Technischen Universität Berlin studiert. Nach dem Studium führte ihr Weg in den Medizinbetrieb. „Ökonomie und Gesundheitswesen – beides war für mich sehr interessant, ich wusste aber nicht, wie ich es verbinden konnte“, sagt sie. „Ich hatte bei meiner Blinddarmoperation mit zehn Jahren das letzte Mal ein Krankenhaus von innen gesehen.“
Weil Friederike Röder ein Mensch ist, der gern auf andere zugeht, fand sie schnell einen Einstieg: Sie begann als Management-Trainee bei einem privaten Klinikträger, studierte nebenher Angewandte Gesundheitswissenschaften und bewarb sich im Mai 2016 am St. Josefs-Krankenhaus in Potsdam. Die Stelle in der Regionalgeschäftsführung passte, das Bauchgefühl stimmte. Über die nächsten drei Jahre war es ihre Aufgabe, das Haus wirtschaftlicher zu machen.

Eigentlich genug Herausforderung, sollte man meinen. Warum dann noch der MBA? Weil Deutschland ein Land sei, in dem Zeugnisse zählen und ein MBA große Außenwirkung habe, wenn es um die weitere Karriereplanung gehe, ist sich die Volkswirtin sicher. Ihr Chef sah es genauso. Friederike Röder entschied, den MBA nebenher zu machen. „Ich glaube, da war ich ein bisschen naiv“, sagt sie heute und lacht wieder.

Das Gelernte sofort anwenden

Dass die Uni Potsdam Innovatives Gesundheitsmanagement im MBA als Schwerpunkt anbietet und nur freitags und samstags Anwesenheit fordert, passte perfekt. „Das kann man um den Job herumfädeln.“ Sie schrieb sich zum Wintersemester 2017/18 ein, ohne auch nur das Probemodul genutzt zu haben. Die finanzielle Belastung des Studiums übernahm zum Großteil ihr Arbeitgeber. Überhaupt habe sie viel Unterstützung von der Klinik erfahren. „Mein Chef meinte, es sei für das St. Josefs viel wert, dass ich mich weiterentwickle. Tatsächlich kommt alles Gelernte dem Haus komplett zugute, schon während des Studiums war das so.“

Ihr größter Lernerfolg? Friederike Röder muss nicht überlegen. Vor allem der Austausch mit den anderen Studierenden. Die bunt gemischte Gruppe aus Pharmazeuten, Gesundheits-Technikern und Ärzten sei eine unbezahlbare Horizonterweiterung gewesen, die sie aus dem eigenen Tunnelblick gerissen habe. „Wie macht ihr das? Was ist eure Perspektive? Nicht unbedingt die eines Klinikmanagers. Das war ungeheuer spannend und hilfreich. Manchmal konnte ich montags schon anwenden, was wir am Samstag noch diskutiert hatten.“
Die Doppelbelastung von Beruf und Studium wurde von viel Enthusiasmus getragen. Und Disziplin. Zweieinhalb Jahre lang waren ihre Abende und Wochenenden komplett durchgetaktet. Das sei zu schaffen, wenn man ein Ziel vor Augen habe, sagt sie. „Allerdings wollte ich letztes Jahr auch meinen Segelschein machen. Das ging gar nicht.“

Eine extrem harte Zeit

Dann kam Corona. Friederike Röder saß an ihrer abschließenden Masterarbeit, als Uni-Unterricht und Prüfungen von heute auf morgen nur noch digital stattfanden. Nach dem ersten Corona-Verdachtsfall am St. Josefs Krankenhaus galt auch dort der Krisenmodus. Die gesamte Infrastruktur veränderte sich militärstabsmäßig. Hygienekonzepte wurden erstellt und fast täglich überarbeitet. Als zum ersten April das Robert Koch-Institut den Aufnahmestopp des benachbarten Klinikums Ernst von Bergmann verkündete, eskalierte die Situation. „Wir waren rund um die Uhr im Krankenhaus. Das war eine extrem harte Zeit“, erinnert sich Friederike Röder, die unter Abgabedruck für ihre Masterarbeit stand. Diese trug den beinahe prophetischen Namen: „Multiprofessionelle Stationskonzepte auf dem Prüfstand“ – eine Untersuchung, wie Ärzte, Pfleger und alle anderen beteiligten Berufsgruppen es schaffen, optimal zusammenzuarbeiten.

Die Masterarbeit ging sofort im Corona-Plan auf, denn zu keinem anderen Zeitpunkt ist multiprofessionelle Zusammenarbeit im Krankenhaus wichtiger, als während einer Pandemie. „Das war tatsächlich Ironie des Schicksals, dass wir unseren Fokus auf eine Berufsgruppen übergreifende Teamarbeit gleich nutzen konnten, um über 500 Mitarbeiter zu organisieren und die wichtigen Kommunikations-Kaskaden von der Geschäftsleitung bis in die hintersten Winkel des Hauses zu organisieren.“

Am 20. Mai 2020 war Abgabetermin ihrer Arbeit. Die Uni Potsdam bot ob der Umstände Verlängerung an. Die Prüfungskandidatin lehnte ab. „Ich dachte: einfach fertig werden, egal mit welcher Note. Ich hätte auch eine 4,0 akzeptiert.“ Es wurde stattdessen eine Bestnote: für das Schriftliche eine 1,3 und die Disputation – per Videokonferenz – eine unschlagbare 1,0.
Die Erleichterung über den Abschluss halte immer noch an, sagt Friederike Röder. Sie würde sich im Rückblick auf jeden Fall wieder für den MBA entscheiden, aber momentan genieße sie jedes freie Wochenende. Und ihren Segelschein hat sie mittlerweile auch in der Tasche.

MBA-Studium Innovatives Gesundheitsmanagement

Das MBA-Studium steht an der Schnittstelle von Gesundheitssystem und Management, die durch zunehmende Ökonomisierung einerseits und technischen Fortschritt andererseits an Bedeutung gewinnt. Im Zeitalter von Fallpauschalen und Kostendruck bei gleichbleibendem Versorgungsauftrag sind Fach- und Führungskräfte im Gesundheitswesen mit einem stetigen organisatorischen und wettbewerbsstrategischen Wandel konfrontiert. Ziel ist es, solch übergreifende Managementkompetenzen zu entwickeln, betriebswirtschaftliche Zusammenhänge zu verstehen und komplexe Entscheidungsprozesse aktiv zu steuern.
www.mba-potsdam.de

 

Dieser Text erschien im Universitätsmagazin Portal Transfer 2020/21 (PDF).