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Ein großer Schritt für die Menschheit – Vor 50 Jahren betraten die ersten Menschen den Mond

Buzz Aldrin am 21. Juli 1969 (UTC/Apollo 11). Foto: NASA
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Buzz Aldrin am 21. Juli 1969 (UTC/Apollo 11). Foto: NASA

„That’s one small step for man, one giant leap for mankind“, hatte Neil Armstrong gesagt, als er am 21. Juli 1969 den Mond betrat. Die NASA hatte ihm den Satz auf einen Zettel geschrieben.  Ein bewegender Moment ganz sicher nicht nur für ihn, sondern für Millionen Menschen, die das Ereignis live am Fernseher mitverfolgten.

Armstrong war Stunden zuvor gemeinsam mit Buzz Aldrin in der Landefähre „Eagle“ auf dem Mond angekommen. Michael Collins war als „Taxifahrer“ im Raumschiff zurückgeblieben. Am 21. Juli 2019 jährt sich jene historische erste Mondlandung zum 50. Mal. Anlass genug, um mit Marcus Schladebach, Professor für Öffentliches Recht, Medienrecht und Didaktik der Rechtswissenschaft an der Universität Potsdam, über diesen Meilenstein in der Erforschung des Weltraums und seine Folgen zu sprechen. Petra Görlich unterhielt sich mit ihm.

Herr Prof. Schladebach, wie „verrückt“ mussten Menschen sein, die sich 1969 auf eine solche Expedition  begaben? Immerhin sollen die Chancen, gesund auf die Erde zurückzukehren, 1:10 gestanden haben.

Ein gewisses Maß an „Verrücktheit“, vor allem aber Mut und Forscherdrang haben die drei Astronauten von Apollo 11 dazu bewogen, sich in eine enge Raumkapsel zu zwängen, um einige Tage später als erste Menschen einen anderen Himmelskörper zu betreten. Technisch, körperlich, aber auch mental war dies eine ganz außergewöhnliche Leistung. Jedoch dürfen bei aller Begeisterung über dieses epochale Ereignis und seine 50jährige Wiederkehr zwei Dinge nicht vergessen werden: Einerseits sind auch in den Jahren zuvor bereits einige Astronauten wie Juri Gagarin und Alan Shepard und auch frühere Apollo-Crews in den Weltraum geflogen. Andererseits haben leider mehrere Astronauten bei diesem Vorhaben ihr Leben verloren, etwa Wladimir Komarow und die gesamte Besatzung von Apollo 1. Auch an sie sollte man sich erinnern.  

Welchen Anteil hatten neben den amerikanischen Experten in der NASA Wissenschaftler anderer Nationen am Gelingen der außergewöhnlichen „Reise“?

Ohne den Wettbewerb zwischen den USA und der Sowjetunion auf dem Weg in den Weltraum hätte es die Mondlandung jedenfalls zu diesem Zeitpunkt nicht gegeben. Es war ja gerade die Sowjetunion, die sowohl mit dem ersten Weltraumgegenstand (Sputnik 1, 1957) als auch mit dem ersten Menschen im Weltraum (Juri Gagarin, 1961) die USA technisch herausforderte. Von der Sowjetunion und der gesamten Raumfahrtöffentlichkeit leider kaum gewürdigt, hatte Sergej Koroljow maßgeblichen Anteil am Erfolg der sowjetischen Raumfahrt in den 1950/60er Jahren. Sein Name wurde bis zu seinem frühen Tod 1966 verheimlicht. Geistiger Vater des erfolgreichen Apollo-Programms der USA war Wernher von Braun, ein deutscher Raketenkonstrukteur, der mit seinem Team unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg von den Amerikanern angeworben und dessen NS-Verstrickung auf diese Weise marginalisiert wurde. 

Gab es verschiedene Szenarien für die Mondlandung?

Nachdem die NASA von der Zuverlässigkeit der Mission überzeugt war, entschied sie im April 1969, dass aus der größeren Gruppe von etwa 20 geeigneten NASA-Astronauten drei Männer für die Mondlandemission „Apollo 11“ (16.-24.7.1969) ausgesucht werden: Neil Armstrong als Kommandeur, Edwin Aldrin als Pilot der Mondlandefähre „Eagle“ und Michael Collins als Pilot des Raumschiffs „Columbia“. Von überragender Bedeutung war, dass die USA die Ankündigung ihres ehemaligen Präsidenten J.F. Kennedy erfüllen wollten, bis zum Ende der 60er-Dekade einen Mann zum Mond und gesund wieder zurück zu bringen. 

Im Weltraumvertrag von 1967 ist geregelt, dass der Mond einen doppelten Rechtsstatus besitzt: Er ist hoheitsfrei und gemeinsamer Raum aller Länder der Welt. Wie stehen die Nationen, besonders die Amerikaner und Russen, heute dazu?

Dieser Rechtsstatus ist im Grundsatz von allen Staaten konsentiert. Allerdings gibt es seit einigen Jahren Bestrebungen in den USA, ihren Bürgern im Falle einer künftigen Weltraummission zu gestatten, Gestein vom Mond oder von anderen Himmelskörpern mitzubringen und sich damit anzueignen. Dieses Vorhaben steht im Widerspruch zum Weltraumrecht, konkret zum Aneignungsverbot. 

Aktuell erleben wir eine Renaissance des Mondes. Auch, weil er als Zwischenstation auf dem Weg zum Mars dienen soll. Gibt es konkrete Themen, die Juristen weltweit vor diesem Hintergrund diskutieren?

Ja, juristisch wird diskutiert, unter welchen Voraussetzungen der Bau einer Mondstation völkerrechtlich zulässig ist und ob auf dem Mond Bodenschätze abgebaut werden dürfen. Übergreifend wird zudem gefordert, den von 1979 stammenden Mondvertrag zu modernisieren und ihn inhaltlich so fortzuentwickeln, dass alle großen Raumfahrtnationen zu seiner Ratifizierung bereit sind. 

Welche Rolle spielt eigentlich das Weltraumrecht innerhalb des Völkerrechts? Sie sind in Europa einer der ganz wenigen Wissenschaftler, die sich damit beschäftigen …

Das Weltraumrecht ist ein Teilgebiet des Völkerrechts, wird allerdings nur von ganz wenigen Wissenschaftlern kontinuierlich an Universitäten behandelt. Im internationalen Rahmen ist es an juristischen Fakultäten üblicher, sich mit Luft- und Weltraumrecht zu beschäftigen. Deutschland hat hier noch einigen Nachholbedarf, da es eine der großen Raumfahrtnationen ist. 

Der Weltraumvertrag enthält ein Militarisierungsverbot des Mondes, woran sich bisher gehalten wurde. Sehen Sie die reale Gefahr, dass sich daran etwas ändert? Immerhin darf militärisches Personal den Mond betreten…

Ich sehe diese Gefahr nicht. Das Betretungsrecht für militärisches Personal ist historisch bedingt. Raumfahrtmissionen wurden früher als Aktivitäten gedacht, für die nur das Militär das erforderliche Personal und die Infrastruktur besaß. An dem richtigen Militarisierungsverbot für den Mond wird sich künftig nichts ändern. 

Elf von zwölf Mondfahrern haben sich nach ihrer Rückkehr zum Heimatplaneten nicht mehr im realen Leben zurechtgefunden und schieden sehr schnell aus ihren hohen Positionen, die sie inzwischen innehatten, wieder aus. Man hatte die Männer in den 1960er Jahren zwar in wissenschaftlich-technischer Hinsicht auf den Mond vorbereitet, nicht aber psychologisch auf die Erde, die sie anschließend wieder betraten.  Heute gibt es verschiedene Ansätze, jenes Mondphänomen zu erklären. Welchen favorisieren Sie?

Die Ursachen für das Mondphänomen sind noch wenig erforscht. Mein Eindruck ist, dass sie auch nicht näher untersucht werden sollen, um den Enthusiasmus für die Raumfahrt nicht zu bremsen.  Einiges spricht für den von Frank White beschriebenen „Overview Effect“ (1987), wonach Astronauten durch den externen Blick auf die Erde eine besonders innige Beziehung zur Erde aufbauen und auf die Empfindlichkeit unseres Planeten hinweisen. Diese nicht ganz unwahrscheinliche Perspektive auf die Erde erklärt m. E. jedoch nicht, warum viele der Mondfahrer mit dem Leben auf der Erde nicht mehr richtig zurechtkommen und sich zumeist nur noch mit sehr ursprünglichen Dingen wie Landwirtschaft beschäftigen wollen. Ich denke, dass dies an der mangelnden psychologischen Vorbereitung der Mondmissionen lag. Eine derartige Vorbereitung war in der NASA der 1960er Jahre noch unüblich und wurde von den NASA-Astronauten selbst auch ausdrücklich abgelehnt. 

Sie beraten aktuell die Bundesregierung bei der Vorbereitung eines nationalen Weltraumgesetzes. Wie weit ist dieses inzwischen gediehen und was kann es  beinhalten, wenn zentrale Fragen international geklärt werden müssen? 

Das deutsche Weltraumgesetz ist als Projekt der Bundesregierung für diese Legislaturperiode geplant und wird derzeit im für Weltraumrecht zuständigen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie entworfen. Das Gesetz ist nach Art. VI des Weltraumvertrags erforderlich, um private Raumfahrtaktivitäten zu genehmigen und zu kontrollieren. Für die auch in Deutschland starke Raumfahrtindustrie sind rechtssichere und insbesondere investitionssichere Grundlagen nötig, um als Hightech-Standort international nicht den Anschluss zu verlieren.

Text: Petra Görlich
Online gestellt: Agnes Bressa
Kontakt zur Online-Redaktion: onlineredaktionuni-potsdamde