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Batterien aus dem Drucker – Chemiker aus Potsdam und Karlsruhe entwickeln neuartige elektrochemische Speichersysteme

Batterien mit verschiedenen Formen und Strukturen. Foto: Dr. Kerstin Zehbe.
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Batterien mit verschiedenen Formen und Strukturen. Foto: Dr. Kerstin Zehbe.

Leistungsfähige Batterien sind so gefragt wie nie. Sie sind nicht nur der Schlüssel zur Elektromobilität und Energieversorgung unserer alltäglichen elektronischen Begleiter. Die Erforschung von Energiespeichersystemen boomt auch deshalb, weil sie für die Energiewende essenziell sind. Die Potsdamer Forscherin Kerstin Zehbe entwickelt ein Batteriekonzept, das auf neuartigen Gelen und 3D-Druck basiert.

Kerstin Zehbe hält zwei kleine, runde Glaskolben mit Flüssigkeiten in ihrer Hand. In dem einen schwenkt sie eine tiefblaue Lösung, in dem anderen eine hellgelbe. Unter dem Abzug des chemischen Labors stehen noch mehr Kolben, die weitere Substanzen enthalten: Einige sind kristallin, andere gallertartig. In der Sammlung befinden sich sogar Verbindungen, die unter UV-Licht lumineszieren. Obwohl die Stoffe so unterschiedlich erscheinen, haben sie doch eines gemeinsam: Es sind sogenannte ionische Flüssigkeiten. Mit diesen Ausgangsstoffen verfolgt die Chemikerin ein ambitioniertes Ziel: In einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) möchte sie neuartige Batterien entwickeln, die stärker, effizienter und stabiler als alle bisherigen sind. Und dabei trotzdem günstig bleiben.

Alternativen zu Lithium-Batterien

„Das Prinzip einer Batterie ist ganz simpel“, erklärt Zehbe: „Man braucht zwei Elektroden und dazwischen ein Elektrolyt, um einen Ladungstransport zu ermöglichen.“ Bisher werden dafür hauptsächlich Systeme genutzt, die auf Lithium-Ionen basieren. Doch diese sind nicht ganz unproblematisch: Wird eine Lithium-Batterie beschädigt oder durch Sonneneinstrahlung erhitzt, kann es zu Bränden oder gar Explosionen kommen. „Deshalb ist man auf der Suche nach Alternativen.“

Die Chemikerin setzt auf ionische Flüssigkeiten, die sich ebenfalls für den Einsatz in Batteriesystemen eignen. „Im Prinzip sind es Salze, die bei Raumtemperatur meistens flüssig sind“, erklärt Zehbe. Diese Salze bestehen aus positiv und negativ geladenen Ionen. Durch die Wahl der Ionen kann die Forscherin beeinflussen, wie sich die Substanz verhält. Wie in einem Baukastensystem wählt sie aus, welche negativ und positiv geladenen Teilchen sie miteinander vermischt, und bestimmt so, welche Charakteristika das Endprodukt hat. „So, wie ich es gerade brauche“, sagt sie.

Anpassungsfähig durch 3D-Druck

In ihrem Batteriemodell übernehmen die ionischen Flüssigkeiten die Rolle des ladungsleitenden Elektrolyts. Doch der eigentliche Clou ihres Forschungsansatzes liegt woanders: Kerstin Zehbe entwickelt aus den Flüssigkeiten Gele, um sie mit einer Trägermatrix zu verbinden. Dazu vermischt sie ihre ionischen Flüssigkeiten mit einem Kunstharz oder mit Silikon und druckt die Mischung mit einem 3D-Drucker aus. Während des Druckprozesses härtet das Material durch Laserbestrahlung aus.

Mit diesem Verfahren kann das entstehende Ionogel jede erdenkliche Form annehmen. Die Prototypen von Kerstin Zehbe sind beispielsweise harte, kreisförmige Scheibchen, die feine Löcher enthalten – wie ein Sieb. Ein zweites Modell ist zylinderförmig und weich, es besitzt Poren wie ein Schwamm. Im dritten wiederum durchziehen wabenartige Poren den Rohling geradlinig von einem Ende zum anderen. „Wir versuchen Strukturen zu drucken, die makroskopisch optimiert sind“, erklärt sie. Dabei gilt: Je feiner, desto besser, damit eine gute Verbindung zur Elektrode und ein schneller Ladungstransport möglich sind.
Die gewünschten Eigenschaften der ionischen Flüssigkeiten bleiben durch das Prozedere erhalten. Gleichzeitig mindern die Gele unerwünschte Charakteristika der Flüssigkeiten. Diese sind sehr korrosiv und können das Elektrodenmaterial in einer Batterie angreifen.

Bis zur perfekten Mischung ist es nicht mehr weit

Seit einem Jahr experimentiert die Wissenschaftlerin nun in ihrem Labor mit verschiedensten Flüssigkeiten und Harzen, bestimmt die Leitfähigkeiten und testet zahlreiche Formen des Ionogels. Die Produkte sollen chemisch und thermisch hochstabil, sehr gut leitfähig und so effizient wie möglich sein. Kerstin Zehbe ist auf der Suche nach „der perfekten Mischung“. Die vielversprechendsten Prototypen schickt sie nun ans Karlsruher Institut, wo weitere Tests folgen. Über die Komponenten ihres Systems möchte sie noch nicht allzu viel verraten. „Nur so viel: Unsere Gele basieren auf Fluoriten und Sulfaten.“

Noch steckt Kerstin Zehbe mitten in den Forschungsarbeiten zu ihren Batteriesystemen, die weiter optimiert werden sollen. Trotzdem brütet sie schon das nächste Projekt aus. Dem Thema Energie bleibt sie dabei treu: „Brennstoffzellen sind ein weiteres ganz großes Feld, das wir angehen wollen.“ Und auch dabei werden ionische Flüssigkeiten eine Rolle spielen, kündigt die Chemikerin an.

Das Projekt

Universell angepasste Batterien aus druckbaren Ionogelen (UniBat)
Mit einem neuartigen Verfahren stellen Forscher Batterien auf Basis von Ionogelen her. Das innovative Batterien-Konzept soll heutige technische Probleme wie unerwünschte chemische Nebenreaktionen oder thermische Zersetzung lösen.
Beteiligt: Universität Potsdam, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Laufzeit: 2017–2020

Die Wissenschaftlerin

Dr. Kerstin Zehbe studierte Chemie an der Universität Potsdam und promovierte an der Technischen Universität Berlin. Seit 2014 arbeitet sie als Postdoc an der Universität Potsdam und forscht zu ionischen Flüssigkeiten, Ionogelen, Batteriesystemen und Brennstoffzellen.
E-Mail: kerstin.zehbeuni-potsdamde

Text: Heike Kampe
Online gestellt: Marieke Bäumer
Kontakt zur Online-Redaktion: onlineredaktionuni-potsdamde