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Freiheit auf Südafrikanisch – Wie zwei Lehramtsstudentinnen ihr Praxissemester im Ausland erlebten

In dieser Deutschen Auslandsschule am Rande von Pretoria absolvierten zwei Potsdamer Lehramtsstudentinnen ihr Praxissemester. Foto: Aileen Sennholz.
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In dieser Deutschen Auslandsschule am Rande von Pretoria absolvierten zwei Potsdamer Lehramtsstudentinnen ihr Praxissemester. Foto: Aileen Sennholz.

Als sie im Februar ins Flugzeug stiegen, waren sie neugierig, was die kommenden Monate wohl bringen würden. Vor Maike Niehues und Aileen Sennholz lag das Praxissemester, das sie als künftige Lehrerinnen in einer Deutschen Auslandsschule in Pretoria absolvieren wollten. Wie anders Südafrika im Vergleich zu Deutschland sein würde, ahnten sie bestenfalls. 

Der Elektrozaun, der die Schule umgab, fiel ihnen sofort auf. Beklemmend, fremd wirkte er an diesem blitzsauberen Fleck in „The Willows“, einem Vorort Pretorias. Ihr künftiger Arbeitsort stellte sich schnell als Campus heraus, auf dem sich gleich neben der Schule auch das Wohnheim der Praktikanten, ein Therapiezentrum und sogar eine Kindertagesstätte befanden. Für Privatschulen in Südafrika ist diese Mischung durchaus nicht ungewöhnlich. Kinder mit einer Behinderung werden in den angegliederten Therapiezentren zusätzlich beschult, in den benachbarten Kitas betreuen Erzieherinnen die Kleinen der Umgebung – gut abgeschirmt von jeglicher Gefahr. 

Maike und Aileen haben auf dem Campus gewohnt. Das Haus, das maximal 13 Gästen Platz bot, verfügte über gut ausgestattete, große Zimmer. Der Fußweg zur Schule betrug zwei Minuten. „Die erste Stunde begann 7.30 Uhr“, erinnert sich Maike. In der Regel standen vier zweistündige Unterrichtsblöcke auf dem Stundenplan. Ihre Fächer, Englisch und Sport, unterrichtete die 24-Jährige in den Klassenstufen 7 bis 12. Im Schnitt saßen 25 Schüler vor ihr, im Sport konnten es schon mal doppelt so viele werden. In ihren Fächern habe sie sich gut vorbereitet gefühlt, sagt sie. „Eine Herausforderung war es trotzdem. Denn hier saßen teilweise Muttersprachler vor mir.“ Bei Deutschen Auslandsschulen ist das keine Ausnahme. Hier kommen meist Schüler und auch Kollegen zusammen, die verschiedene Muttersprachen besitzen. „In Pretoria sprach etwa die Hälfte zu Hause Deutsch, die andere Englisch oder eine der zehn weiteren Amtssprachen in Südafrika.“

Der Unterricht hat trotzdem gut funktioniert, findet Maike. Ein Fazit, das Aileen teilt. Eigentlich sei alles glatt gelaufen. Außerdem habe man ständig Kontakt zur Uni in Potsdam gehabt. Sogar ein Begleitseminar zu bildungswissenschaftlichen Schwerpunkten im Praxissemester habe online stattgefunden. Skype sei Dank. Aber nicht nur die Potsdamer standen den beiden zur Seite, sondern auch die Kollegen in Südafrika. Die Schule, so erzählen die Studentinnen, besitze reichlich Erfahrung mit jungen Praktikantinnen und Praktikanten. „Man war uns gegenüber sehr offen, ist uns bei allem entgegengekommen“, so Aileen. „Sie haben dort versucht, es uns so einfach wie möglich zu machen.“ Ihren Geburtstag habe sie deshalb gern mit den südafrikanischen Lehrern zusammen gefeiert. Aileen wird später Englisch und Geografie in der Sekundarstufe II unterrichten. Schon wegen des zweiten Faches hat sie die Gelegenheit genutzt, neben der Schule auch das Land zu entdecken. „Ich habe so ziemlich alles gesehen“, sagt sie. „Nur die Westküste nicht.“ Das Land sei spannend, abwechslungsreich. Und der Rassismus, die noch immer vorhandene Gewalt? Beide betonen, dass sie sich jederzeit sicher gefühlt haben. In und außerhalb der Schule. In den Klassen hätten oft sowohl schwarze als auch weiße Mädchen und Jungen gemeinsam gelernt. Ganz ohne Vorurteile. Nelson Mandela hat viel erreicht. 

Ob die nachfolgenden Generationen mit seinem Erbe behutsam umgehen, wird sich zeigen. Noch immer gibt es Townships, in denen Schwarze leben müssen. Nicht selten fehlen an den dortigen staatlichen Schulen Lehrer. Doch ein bisschen Licht leuchtet am Ende des Tunnels. Es gibt Stipendien, mit denen schwarze Schüler an Schulen wie die von Aileen und Maike gehen können.

Die beiden jedenfalls sind froh, sich für das Praxissemester im Ausland entschieden zu haben. Das helfe, anderen Kulturen gegenüber offener zu sein, auch das eigene Handeln zu überdenken. „Mich hat die Zeit insbesondere als Mensch weitergebracht“, betont Maike. „Gerade Freiheit schätze ich mehr denn je. Sie ist nicht selbstverständlich. Der Elektrozaun an der Schule hat mich jeden Tag daran erinnert.“

Kontakt: 

Universität Potsdam
Dr. Manuela Hackel, Zentrum für Lehrerbildung und Bildungsforschung
Campus Golm, Karl-Liebknecht-Str. 24-25
E-Mail: mhackeluni-potsdamde

Text: Petra Görlich
Online gestellt: Alina Grünky
Kontakt zur Online-Redaktion: onlineredaktionuni-potsdamde