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Unter den Wolken – Unbemannte Fluggeräte im Dienste der Wissenschaft

Punktwolken als digitale Geländemodelle. Abbildung: Bodo Bookhagen.
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Punktwolken als digitale Geländemodelle. Abbildung: Bodo Bookhagen.

Ein Wissenschaftler kennt sich wohl selten mit den Vorschriften des Luftverkehrsgesetzes aus. Doch es gibt ein Gerät, das gerade dies notwendig macht: Drohnen erheben sich immer häufiger auch zu Forschungszwecken in die Lüfte. Sie ermöglichen Geowissenschaftlern, Biologen oder Archäologen den Zugang zu wertvollen, neuen Daten, erfordern aber zugleich enormen bürokratischen Aufwand.

Es gibt große und kleine, leichte und schwere, einige fliegen nur wenige Meter hoch, andere können  sich Hunderte Meter in die Lüfte erheben – Drohnen gibt es in vielen Ausführungen, für den  Hobbygebrauch und für kommerzielle Zwecke. Auch für Forschende sind die Fluggeräte reizvoll: An ihnen lassen sich verschiedenste Kameras, Sensoren und Messgeräte befestigen. Eine Drohne kann vom Boden aus gesteuert werden, ein Gelände in kürzester Zeit überfliegen und eine Unmenge an Daten erheben.

So weit, so verlockend. Doch wer Drohnen einsetzt, muss sich an geltendes Recht halten. Und dies ist im Bereich der unbemannten Fluggeräte noch Neuland – und demzufolge eher unübersichtlich. Luftverkehrsordnung, Flugverkehrskontrollfreigabe, Luftraumzonen oder der Drohnenführerschein – je nachdem, wo das Gerät fliegen soll oder wie schwer es ist, gelten unterschiedliche Bestimmungen, mit denen sich ein Drohnenpilot auskennen sollte. Die Drohnenverordnung schreibt umfangreiche Flugverbote vor – etwa über und neben Bahngleisen, Bundesstraßen, Menschenmengen, Wohngrundstücken oder Industriegeländen. Wer hier fliegen will, muss Sondergenehmigungen einholen. Hinzu kommen das Datenschutzgesetz und Urheber- und Persönlichkeitsrechte, die nicht verletzt werden dürfen. Hält man sich nicht an die Vorgaben, kann es nicht nur teuer, sondern mitunter auch gefährlich werden.

„Es gibt für die Wissenschaft keine Sonderregelungen“, betont Rechtsanwalt Tim Hoesmann, der als Experte auf diesem Gebiet gilt. Jüngst gab er an der Universität Potsdam einen Überblick über geltendes Recht bei der Drohnennutzung in der Wissenschaft. Dabei stellte der Jurist klar: Wer Drohnen nutzt, befindet sich nicht selten in einer rechtlichen Grauzone. Rechtskräftige Urteile sind noch rar gesät. Eine Drohnen-Haftpflichtversicherung legte Hoesmann jedem Nutzer ans Herz.

Professor Bodo Bookhagen hat die Drohnen und ihren Nutzen für die Wissenschaft dennoch längst für sich entdeckt. Der Geowissenschaftler arbeitet derzeit an digitalen Geländemodellen, die er mithilfe der Drohnen in nie gekannter Genauigkeit erstellen kann. „Bei Satellitendaten können wir einzelne Häuser nur schwer voneinander unterscheiden, bei Drohnendaten können wir jeden Kieselstein erkennen“, verdeutlicht Bookhagen. Der Clou: Da die Bilder aus verschiedenen Blickwinkeln aufgenommen werden, können auch Höhen und Tiefen des Geländes abgebildet werden. Von der Baumhöhe bis zur Korngröße von Flussgeröll reichen die errechneten Höhen.

Mit ihnen können die Forscher etwa bestimmen, welche Wege das Wasser bei Starkniederschlägen auf Hängen nimmt und wo Sedimente abgetragen werden. Die kalifornische Insel Santa Cruz dient derzeit als Versuchsgelände für die neue Methode, ebenso wie der Campus Golm. Hier testen die Wissenschaftler ihr Modell, das die Kieselgröße auf den Dächern der Institutsgebäude genau bestimmen soll. Doch damit ist es nicht genug. „Mit den entsprechenden Geräten können wir nicht nur optische Aufnahmen machen, sondern etwa auch im Nahinfrarot- oder kurzwelligen Infrarotbereich arbeiten“, erklärt Bookhagen. Die Wissenschaftler erhalten so hoch aufgelöste Daten, die zum Beispiel die Menge an pflanzlicher Biomasse eines Gebietes, den Wassergehalt der Pflanzen oder Gesteinsarten und Bodenfeuchte zeigen. Sogar einzelne Pflanzenarten lassen sich aus der Ferne bestimmen. In Zukunft könnten Drohnen auch Schadstoffe im Boden oder Wassertiefen messen.

Von den bürokratischen Hürden für die Drohnennutzung lässt sich Bodo Bookhagen deshalb nicht abschrecken, obwohl es sehr viel leichter sei, außerhalb Deutschlands Fluggenehmigungen zu erhalten. Doch nicht nur Vorschriften und Genehmigungen muss ein Drohnenpilot im Blick haben – auch das Wetter. „Der Wind kann den Kurs der Drohne stören oder sie sogar abstürzen lassen“, erklärt Bookhagen. Ob ein Drohnenflug stattfinden kann oder nicht, entscheidet deshalb nicht zuletzt der Wetterbericht.

Text: Heike Kampe
Online gestellt: Jana Scholz
Kontakt zur Online-Redaktion: onlineredaktionuni-potsdamde