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Savannen in Gefahr - Vegetationsökologen suchen Wege zum Schutz der afrikanischen Graslandschaften

Gras soweit das Auge reicht, dazwischen einzelne Schirmakazien und Baobab-Bäume, in deren Schatten sich Antilopen oder Löwen ausruhen. Diesen Anblick wird man in Zukunft womöglich nur noch in streng geschützten Nationalparks erleben. Denn das Ökosystem Savanne ist bedroht: Die weiten Grasebenen schwinden, an ihre Stelle treten verbuschte Gebiete, in denen dornige Sträucher langsam die Oberhand gewinnen. Vegetationsökologen forschen nach den Ursachen und Auswirkungen dieser Entwicklung.

Die Savannen Afrikas haben eine wichtige ökologische und wirtschaftliche Funktion. Sie sind nicht nur der Lebensraum von Antilopen, Zebras, Giraffen und Löwen, sondern auch die Grundlage für eine extensive Viehwirtschaft. Möglicherweise nicht mehr lange. Denn die afrikanische Savanne, die zahlreiche Pflanzen- und Tierarten beherbergt und auch bedeutend für den globalen Kohlenstoffhaushalt ist, wandelt sich: „Weltweit nimmt die holzige Vegetation in den Savannen stark zu und die Gräser verschwinden“, erklärt Biologe Dirk Lohmann, Koordinator des Projekts OPTIMASS, das seit 2014 diese Entwicklung erforscht. Biologen der Universität Potsdam untersuchen gemeinsam mit Wissenschaftlern aus Berlin, Tübingen und Frankfurt sowie Partnern in Namibia, welche Faktoren das Ökosystem Savanne beeinflussen und wie sich die Graslandschaften nachhaltig bewirtschaften lassen.

Die Nutzung der Savannen als Viehweide ist einer der Gründe dafür, dass sich die Vegetation verändert, so die Vermutung der Forscher. Rinder, Schafe und Ziegen weiden ganzjährig auf den Flächen, die für den Anbau von Feldfrüchten zu trocken sind. Für zahlreiche Menschen der Region ist das Weideland existenziell: „Es hängen sehr viele Haushalte an dieser Form der Nutzung“, verdeutlicht Lohmann.

Verbuscht das Grasland, verschwindet die Lebensgrundlage der Farmer: Ihre Tiere finden nicht mehr ausreichend Nahrung. „Das ist nur der offensichtliche Verlust“, betont die Biologin Katja Geißler, die das Forschungsprojekt ebenfalls koordiniert und regelmäßig vor Ort in Namibia ist. Doch das Schwinden der Gräser hat weitere Folgen: Dort, wo die Grasnarbe den Boden nicht mehr schützt, erodiert dieser leichter, der Regen fließt oberflächig ab und sickert schlechter ins Erdreich. Grundwasserhaushalt, Nährstoffkreisläufe und die Artenzusammensetzung verändern sich. „Das gesamte System wandelt sich“, sagt Lohmann. Wie genau, ist noch unklar und daher Gegenstand der aktuellen Forschung. An drei großflächigen Standorten in der namibischen Savanne, die jeweils verschiedene Stadien der Verbuschung zeigen, aber auch in Wachstumsexperimenten unter kontrollierten Laborbedingungen und mithilfe der mathematischen Modellierung suchen die Wissenschaftler nun nach Antworten.

„Die Faktoren, die zur Verbuschung der Savanne führen, kann man eigentlich nicht innerhalb von nur drei Jahren identifizieren“, stellt Katja Geißler klar. Dafür sei das System Savanne zu komplex. Ob eine Pflanze Fuß fassen und vom Samen über den Keimling zum ausgewachsenen Grashorst oder Strauch heranwachsen kann, wird durch verschiedene Parameter bestimmt. Etwa durch ihre Fähigkeit, Trockenstress zu ertragen, das Klima, Feuerereignisse oder die Art der Weidetiere. Die Forscher untersuchen sogar, welchen Einfluss bodengrabende Käfer, Skorpione oder Termiten besitzen, die mit ihren angelegten Erdröhren und -tunneln das Regenwasser in tiefere Bodenschichten leiten und so die Bodenfeuchte beeinflussen.

Die Daten der Freilandexperimente fließen schließlich in ein mathematisches Modell ein, das eine zweite wichtige Säule des Projekts darstellt. Mithilfe von Formeln, Gleichungen und Parametern stellen die Wissenschaftler am Computer nach, wie sich Geo- und Biosphäre in der Savanne gegenseitig beeinflussen. Der Bodenwasserhaushalt und das Wachstum der Vegetation sind die Hauptkomponenten des Modells. Beide sind eng miteinander verbunden.

Wie notwendig die Erforschung der Savannendegradation ist, erfahren die Forscher in Namibia aus erster Hand: „Die Farmer sind sehr an unseren Ergebnissen interessiert, die Verbuschung ist ein Riesenthema.“ Inzwischen weichen viele Farmer sogar auf die Haltung von Wildtieren wie Giraffen oder Zebras aus – denn diese kommen mit der Verbuschung besser zurecht.

Die hier vorgestellte Forschung ist verbunden mit der Forschungsinitiative NEXUS: Earth Surface Dynamics, die unterschiedlichste wissenschaftliche Aktivitäten der Region Berlin-Brandenburg aus dem Themenfeld Dynamik der Erdoberfläche bündelt. Die Universität Potsdam (UP), gemeinsam mit ihren Partnern des Helmholtz-Zentrums Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ), des Alfred-Wegener-Instituts für Polar und Meeresforschung (AWI) sowie mit Partnern des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), des Naturkundemuseums Berlin (MfN) und der Technischen Universität Berlin (TUB) verbindet hierzu die herausragende Expertise in den Geo-, Bio, Klima- und Datenwissenschaften.

Text: Heike Kampe
Online gestellt von: Daniela Großmann
Kontakt zur Onlineredaktion: onlineredaktionuni-potsdamde