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Lehrkräftebildung schlägt Alarm: Offener Brief gegen Verbeamtung nach Bachelorabschluss

Expertinnen und Experten der Humanwissenschaftlichen Fakultät an der Universität Potsdam haben besorgt auf ein neues Gesetz in Brandenburg reagiert. In einem offenen Brief sprechen sie sich gegen die Reform der Landesregierung aus, zukünftige Lehrerinnen und Lehrer bereits nach dem Bachelor-Abschluss zu verbeamten. „Wir lehnen diese Reform aus drei zentralen Gründen ab und schlagen Alternativen vor“, heißt es in dem Schreiben, das über 20 Professorinnen und Professoren der Universität Potsdam unterzeichnet haben. Das lehramtsbezogene Masterstudium werde entwertet, argumentieren sie. Auch sei zu befürchten, dass Standards aufgeweicht und Qualitätsverluste in der Ausbildung insgesamt hingenommen werden.

Der offene Brief nimmt Bezug auf die dramatische Lage an den Schulen, in denen Unterrichtsausfall und Lehrkräftemangel an der Tagesordnung sind. Doch Kindern, Jugendlichen und Kollegien in Brandenburg sei nicht geholfen, wenn Klassen von unzureichend ausgebildeten Personen unterrichtet würden. Daher spreche sich die Wissenschaft klar gegen die Verbeamtung der Lehrkräfte nach dem Bachelorabschluss aus. „Die Verbeamtung nach dem Bachelorabschluss führt nicht zu mehr, sondern zu weniger regulär für den Schuldienst ausgebildeten Lehrkräften“, betont die Dekanin der Humanwissenschaftlichen Fakultät, Prof. Dr. Nadine Spörer. „Das alarmierende Abschneiden der Brandenburger Schülerinnen und Schüler in den jüngsten Schulstudien zeigt aber gerade, dass eine Versorgung mit qualitativ hochwertigem Unterricht dringend notwendig ist“, schlussfolgert die Professorin für Psychologische Grundschulpädagogik.

Mit ihrer Stellungnahme greifen die Bildungswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler die in der vergangenen Woche veröffentlichte Position der Hochschulleitung auf und skizzieren erste Ideen dafür, wie den Herausforderungen fundiert begegnet werden kann. Mit Nachdruck weisen sie auf Alternativen hin, um kurzfristig den Lehrkräftemangel zu beheben. Hierzu zählen z. B. die wissenschaftsbasierte Nachqualifizierung von Lehrkräften für weitere Lehrämter oder für Mangelfächer, die Anerkennung von Abschlüssen aus dem Ausland, die Versetzung von Lehrkräften an Schulen mit hohem Personalbedarf sowie der kurzzeitige Einsatz von bereits pensioniertem Personal. Zudem könnten Schulen für die Verwaltung und den Technik-Support entsprechend qualifizierte Personen einstellen, um die Lehrkräfte zu entlasten.

Der offene Brief endet mit konkreten Lösungsvorschlägen: Angesichts des dramatischen Lehrkräftemangels sollen Lehren und Lernen bei den Studierenden Hand in Hand gehen. Dafür könnten Vorlesungen, Seminare und Übungen so angepasst werden, dass Studium und Schulpraxis besser kombiniert werden können. „Dies stellt einen ersten wichtigen Schritt hin zu einem dualen Studium in der Masterphase dar. Wir wollen ihn gemeinsam mit den Lehramtsstudierenden der Universität Potsdam gehen“, so die Unterzeichnenden.

Offener Brief der Humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam zur Verbeamtung von Lehrkräften mit Bachelorabschluss im Land Brandenburg:  https://www.uni-potsdam.de/de/humfak/aktuelles/stellungnahme-zur-lehrkraeftebildung

Kontakt: Prof. Dr. Nadine Spörer, Professorin für Psychologische Grundschulpädagogik und Dekanin der Humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam
Telefon: 0331 977-2069
E-Mail: nadine.spoereruni-potsdamde

Medieninformation 06-02-2023 / Nr. 017