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Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes

Da ich einen deutsch-italienischen Doppel-Master studiere, ist der Auslandsaufenthalt in Turin für mich obligatorisch. Das bedeutet, dass ich mich nicht extra in Turin bewerben musste, sondern von der Universität Potsdam automatisch nominiert wurde, da der Auslandsaufenthalt aus einer Kooperation zwischen den beiden Universitäten resultiert. Ich kann somit keine weiteren Ausführungen zum Erasmus+-Bewerbungsprozess machen – wir mussten lediglich unsere Nominierung annehmen. Die Kontaktaufnahme mit unserer – eine Kommilitonin ist den Auslandsaufenthalt mit mir zusammen angetreten – Gasthochschule war zunächst etwas holprig. Nach einer Anfrage unsererseits bezüglich des Immatrikulationsprozesses an die Universität Turin bekamen wir die Antwort, dass keine Studierenden aus Potsdam für einen Studienaufenthalt im Sommersemester in Turin nominiert seien. Nach einem kurzen Schock ließ sich die Situation jedoch relativ leicht aufklären – leider war nicht immer klar, wer unser Ansprechpartner ist und wer in Turin überhaupt über das Doppelabschluss-Programm informiert war. Ich würde also allen kommenden Studierenden des Doppelabschlusses empfehlen, sich frühzeitig in Turin zu melden, auch wenn keine Kontaktaufnahme seitens der Universität selbst angeregt wird. Uns wurde außerdem mitgeteilt, dass die Zusammenarbeit bald ausläuft, was sich teilweise im Interesse, welches dem Programm entgegengebracht wurde, auch gezeigt hat.


Studienfach: Internationale Angewandte Kulturwissenschaft und Kultursemiotik (Doppelabschluss)

Aufenthaltsdauer: 02/2022 - 07/2022

Gastuniversität: Università Degli Studi di Torino

Gastland: Italien

Studium an der Gastuniversität

Sobald wir sichergestellt hatten, dass wir tatsächlich in Turin würden studieren können, mussten wir unser Learning Agreement ausfüllen. Auch hier sahen wir uns mit einer besonderen Situation konfrontiert, da unser Studienverlaufsplan für den Aufenthalt in Turin bestimmte Module vorsah, die in Wirklichkeit in Turin allerdings so nicht existierten. Unser Koordinator in Italien, Professor Santangelo, versuchte uns zu erklären, wie wir unsere Kurse wählen sollten – allerdings ist das System in Italien sehr anders als in Deutschland und wir haben es wohl beide erst im laufenden Semester in Turin wirklich verstanden. Wir haben beide Kurse mit einer Gesamtsumme von 30 ECTS gewählt und auch alle Prüfungen abgelegt – für unseren Abschluss ist dies zwingend notwendig. Einen Schwerpunkt legten wir auf Semiotik, da dies auch ein wichtiger Teil unseres Studiums in Deutschland ist. Grundsätzlich war die Auswahl an Kursen sehr breit – zu beachten ist allerdings, dass viele Kurse aus dem Katalog (https://media.campusnet.unito.it/do/corsi.pl/Home) nur entweder im Winter- oder im Sommersemester angeboten werden und dies nicht unbedingt auf den ersten Blick ersichtlich ist. Zum Zeitpunkt, als wir unser Learning Agreement ausfüllten, waren noch nicht zu allen Kursen ausführliche Informationen vorhanden – ich empfehle aber, sich die Beschreibung zu allen Kursen vor der Auswahl gründlich durchzulesen und gegebenenfalls das Learning Agreement zu Beginn des Semesters noch einmal zu ändern (und unterschreiben zu lassen!), da Kurse manchmal bestimmte Zugangsvoraussetzungen haben, die für ausländische Studierende nicht immer unbedingt machbar sind. Da ich für meinen Studiengang eine B2-Bescheinigung für Italienischkenntnisse vorlegen musste, hatte ich natürlich Vorkenntnisse und Sprachbarrieren waren kein großes Problem. Man sollte sich aber auf jeden Fall bewusst sein, dass die Kurse auf Italienisch durchgeführt werden und auch nicht alle Professor*innen ausreichend Englisch sprechen oder dazu bereit sind, die Prüfungen später auf Englisch abzuhalten. Das Gebäude, in welchem unser Studiengang untergebracht ist, genannt „Palazzo Nuovo“, ist leider nicht ganz so neu, wie es der Name vermuten lässt. In den ersten Tagen würde ich etwas Zeit einplanen, um zu den Räumen zu finden – besonders einige Säle mit besonderen Namen können nur über sehr spezifische Wege erreicht werden, die nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich sind. Die Seminarräume waren alle technisch gut genug ausgestattet, um die WebEx-Liveschaltung aufrechtzuerhalten und auch die Dozierenden wirkten ausreichend versiert in den Programmen zur Aufzeichnung. Aufgrund der Pandemie war es stets notwendig, einen Platz in der Bibliothek über eine App zu reservieren, ansonsten konnte man sie nicht betreten – das galt in einigen Fällen selbst für das bloße Ausleihen eines Buches. Die App „Affluences“ zeigt alle Bibliotheken an, in der man einen Platz reservieren kann. Mein Favorit war die Bibliothek „Norberto Bobbio“ am Campus Einaudi (circa 15 Laufminuten von Palazzo Nuovo). Die Bibliothek hatte bis 19 Uhr geöffnet, schloss aber mittags immer für eine halbe Stunde, die man in der Mensa verbringen kann. Ein Mensaessen bestehend aus Vorspeise (Pasta), Hauptgang (auch vegetarische Optionen), Brot und Dessert kostet 1,80€ und ist für den Preis definitiv empfehlenswert. Anstatt erstem und zweitem Gang ist es ebenfalls möglich, sich eine Pizza nach Wunsch belegen zu lassen, was für mich in einer Mensa eine positive Überraschung war.

Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden

Ich hatte eher wenig Kontakt zu einheimischen Studierenden. Stattdessen konnte ich viele ausländische Studierende kennenlernen – dies geschah anfangs bei den Veranstaltungen des Erasmus Student Networks (ESN). Auch wenn manche Veranstaltungen auf den ersten Blick nicht unglaublich verlockend klingen mögen, würde ich definitiv empfehlen, diese zumindest am Anfang zu besuchen. In den ersten zwei Wochen meines Aufenthalts hat das ESN täglich Veranstaltungen organisiert – darunter Kino-Abende, Pizza-Abende, einen Tagesausflug, Stadttouren, Tandem-Abende und Schnitzeljagden. Auf diesen Veranstaltungen habe ich die meisten meiner ersten Kontakte kennengelernt und bin ins Gespräch gekommen, da bei dieser Art Event nun mal die meisten gerade neu sind und nach Anschluss suchen. Allein aus diesem Grund würde ich den Besuch empfehlen. In den folgenden Wochen wurden weitere Ausflüge oder auch Trips in andere Städte (Neapel) organisiert. Ich habe noch an einigen teilgenommen, zog dann allerdings irgendwann selbst organisierte Ausflüge und Reisen vor. Trotzdem sind die Erasmus-Veranstaltungen ein sehr guter Weg, neue Menschen kennenzulernen – vor allem, da wir die einzigen Erasmus-Studierenden in unserem Studiengang waren.

Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt

Da ich für die Immatrikulation in meinen Masterstudiengang bereits ein offizielles B2-Zertifikat für Italienisch vorweisen musste, hatte ich natürlich vor meinem Auslandsaufenthalt schon einiges an Vorkenntnissen. Der Online-Test, den ich für das Erasmus+-Stipendium vor der Abreise gemacht habe, hatte C1 als Ergebnis. Nach meinem Aufenthalt wurde aufgrund technischer Umstellungen kein weiterer Test von mir verlangt, weswegen ich nicht sagen kann, inwiefern mein Italienisch sich im offiziellen Einstufungsrahmen verbessert hat. Meiner persönlichen Erfahrung nach wurde es im Laufe des Semesters deutlich leichter, den Vorträgen der Dozierenden zu folgen und die italienischen Bücher zu lesen. Am deutlichsten ist mir meine gesteigerte Sicherheit im Italienischen aufgefallen, wenn ich Mails schreiben musste: Vor meinem Auslandsaufenthalt habe ich jede Mail nach dem Schreiben im Übersetzer geprüft und fünfmal geändert, bevor ich irgendetwas abgeschickt habe. Zum Ende meines Aufenthalts habe ich mich deutlich sicherer gefühlt und weniger Zeit für meine italienischen Mails gebraucht – ein paar kleine Fehler mögen sich hin und wieder eingeschlichen haben, jedoch wurde ich immer verstanden. Auch zwei meiner mündlichen Prüfungen habe ich auf Italienisch abgelegt. Es hat mich durchaus überrascht, wie leicht mir dies gefallen ist, da ich im jeweiligen Thema komplett in die italienische Sprache eingetaucht war. Trotzdem habe ich am Ende mehr Englisch als Italienisch gesprochen, da viele der internationalen Studierenden auf Englisch studiert und dementsprechend kein Italienisch gesprochen haben. Von daher hat sich auch mein Englisch verbessert und ich fühle mich nun deutlich wohler, auf einer Fremdsprache Gespräche zu führen.

Wohn- und Lebenssituation

Bei der Wohnungssuche hatte ich Glück, da unser International Office von zwei Studentinnen kontaktiert wurde, die das Wintersemester in Turin verbracht haben und nun nach deutschen Nachmieter*innen für ihre Wohnung dort suchten. Ich hatte eine Wohnung nah am Zentrum und am Bahnhof, etwa 25 Laufminuten von meiner Universität entfernt (was sich für mich, die in Deutschland etwa 1,5 Stunden zur Uni braucht, sehr nah anfühlte). Ich habe mit einem weiteren deutschen Studenten in einer Wohnung zusammengelebt, die viele als „typisch italienisch“ beschrieben – ein langer Balkon zum Innenhof hin, Wäscheleinen, laute Gespräche. Im Monat habe ich 450€ bezahlt, dazu kam noch das WLAN, sowie Gas und Elektrizität. Turin ist definitiv keine billige Stadt, im Vergleich zu Berlin für mich aber im Rahmen. Viele Vermieter*innen wollen explizit nur an europäische oder sogar deutsche Studierende vermieten, was die Wohnungssuche für ausländische Studierende erschweren kann. Jedoch auch als deutsche*r Studierende*r würde ich empfehlen, mich deutlich vor der Abreise um eine Wohnung zu kümmern. Dafür gibt es einige Gruppen auf Facebook (bspw. https://www.facebook.com/groups/411954605869638). Die Angebote sollten jedoch kritisch betrachtet werden, da viele ausländische Studierende Opfer von Betrugsversuchen werden. In Turin können Studierende ein Abo für die öffentlichen Verkehrsmittel erwerben, welches 25€ im Monat kostet. In meinem Fall war allerdings das meiste sehr gut zu Fuß erreichbar, da ich nah am Zentrum gewohnt habe. Es gibt auch die Möglichkeit, sich auf ein Zimmer in den Edisu-Wohnheimen für Studierende zu bewerben. Diese sind allerdings relativ teuer. Als Erasmus-Studentin hatte ich viele verschiedene Möglichkeiten, meine Freizeit zu organisieren. Zum einen gab es die bereits erwähnten ESN-Veranstaltungen. Weiterhin gab es verschiedene Angebote der italienischen Bahn (trenitalia), wie beispielsweise Wochenendtickets oder Mehr-Tages-Tickets, mit denen man beliebig viele Fahrten in Regionalzügen zu einem Fixpreis machen konnte. Diese haben wir ausgenutzt, um die umliegenden Städte zu besuchen oder auch längere Reisen zu machen. Außerdem gibt es für Turin und Umgebung ein Museumsabo (https://www.abbonamentomusei.it/), mit dem man für wenig Geld die meisten Museen der Region für ein Jahr beliebig oft besuchen kann. Turin ist eine Stadt mit vielen Second-Hand Geschäften und einem riesigen Open-Air Flohmarkt namens Balôn, der wöchentlich stattfindet. Viele Veranstaltungstipps kann man sich allerdings auch einfach beim ESN einholen – man wird eher zu viel als zu wenig zu tun haben.

Studienfach: Internationale Angewandte Kulturwissenschaft und Kultursemiotik (Doppelabschluss)

Aufenthaltsdauer: 02/2022 - 07/2022

Gastuniversität: Università Degli Studi di Torino

Gastland: Italien


Rückblick

Rückblickend bin ich sehr froh, diesen Auslandsaufenthalt gemacht zu haben. Sowohl akademisch als auch persönlich glaube ich mich weiterentwickelt zu haben. Kurz vor Abreise hatte ich mit Zweifeln zu kämpfen, da ich mit einer Corona-Infektion in einem Zimmer eingeschlossen war und zu viel nachdachte: Seit vier Semestern hatte ich keine Präsenz-Uni mehr – würde ich in Turin damit zurechtkommen? Würde ich überhaupt wissen, wie ich mich gegenüber so vielen fremden Menschen verhalten sollte? Im Endeffekt waren meine Zweifel unbegründet. Obwohl ich eine eher introvertierte Person bin, habe ich Menschen kennengelernt, die zu mir passen. Ich habe es geschafft, komplett auf Italienisch zu studieren und die bürokratischen Probleme zu bewältigen. Das letzte Mal, dass ich vor meinem Auslandsaufenthalt in eine neue Stadt gezogen bin, war für mich gleichzeitig das erste Mal und ist nicht besonders gut gelaufen, was meine Ängste befeuert hat. In Turin habe ich mich allerdings sehr schnell eingelebt und in einen Alltag – meinen ersten Alltag nach zwei Jahren, der nicht komplett von der Pandemie beherrscht war – gefunden. Obwohl ich vor Turin schon über drei Jahre alleine gewohnt habe, denke ich, nach dem Auslandsaufenthalt noch ein ganzes Stück selbstständiger geworden zu sein und – für mich besonders wichtig – neue Perspektiven für meine (berufliche) Zukunft gewonnen zu haben, die ich vorher noch gar nicht im Blick hatte.

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