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Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes

Im Rahmen des Erasmus+ Programms habe ich vom Hasso-Plattner-Institut in Potsdam aus zwei Semester in Paris an der Télécom ParisTech verbracht. Dieser Bericht spiegelt die Situation im akademischen Jahr 2018/19 wieder und ist nur bedingt dafür geeignet um einen Einblick in die zukünftige Studiensituation an Télécom ParisTech zu erhalten, da die Universität ihren bisherigen Standort im 13ten Arrondissement aufgibt und in einen Vorort zieht, ihren Namen zu „Télécom Paris“  ändert und gleichzeitig mit anderen Instituten fusioniert und die neue Institution „Institut Polytechnique de Paris“ bildet. Nichtsdestotrotz ist zu erwarten, dass einigen Grundkonzepte erhalten bleiben.

Die Bewerbung an Télécom ParisTech ist recht aufwändig, die genauen Abläufe werden jedoch gut in dem Blog des dortigen International Offices erklärt. Neben den offiziellen Bewerbungsformularen, einem Motivationsschreiben und einem Sprachnachweis in Französisch werden weiterhin zwei Empfehlungsschreiben von Dozenten der Heimatuniversität verlangt. Dies mag auf den ersten Blick abschreckend wirken, in der Regel sind Dozenten aber durchaus gewillt, Empfehlungsschreiben auszustellen, falls man rechtzeitig mit ihnen in Kontakt tritt. Für den Sprachnachweis reichte bei mir ein DAAD-Zertifikat, das direkt am Sprachenzentrum der Uni Potsdam durch eine kurze Prüfung kostenfrei erworben werden kann. Auch wenn nur ein Niveau von A2 in Französisch für eine erfolgreiche Bewerbung vorausgesetzt wird, denke ich, dass ein Niveau von B1 mindestens vorhanden sein sollte, um erfolgreich an den Veranstaltungen, die fast ausschließlich auf Französisch gehalten werden, teilzunehmen und sich gut zu integrieren. Die Auswahl der Bewerber erfolgt ausschließlich auf Basis der eingereichten Dokumente. An der Heimatuni ist ebenfalls eine Bewerbung beim lokalen Erasmuskoordinator notwendig. Hier reicht jedoch ein einfaches Motivationsschreiben.
Nach der erfolgreichen Bewerbung wird in Zusammenarbeit mit beiden Erasmuskoordinatoren ein Learning Agreement ausgearbeitet. Die verfügbaren Kurse sind im Onlinesystem Synapses einsehbar. Da das Diplom an Télécom ParisTech in drei Jahren absolviert wird und das erste Jahr aus Einführungsveranstaltungen im Klassenverband und das dritte Jahr aus Praktika (im Ausland) besteht, werden Erasmus-Studierende in der Regel im zweiten Jahr untergebracht, ungeachtet ihres eigentlichen Fachsemesters. Die entsprechenden Kurse sind in Synapses unter „Diplôme d'ingénieur --> Programme de 2e année“ zu finden. Bei der Wahl der Kurse empfiehlt es sich dem System der „filières“ („Züge“ oder „Tracks“) zu folgen, da das ganze Studium sehr verschult und durchorganisiert ist, und zwei „filières“ plus weitere Soft-Skills Kurse zu wählen. Ein „filière“ besteht dabei aus je vier Veranstaltungen eines Themenkomplexes pro Semester, die teilweise aufeinander aufbauen und zusammen belegt werden sollten. Ein einzelner Kurs dauert jedoch nur eine Periode, also ein halbes Semester, und wird in der Regel mit 2,5 ECTS bewertet.  Mit zwei „filières“ ergeben sich also 20 ECTS durch fachliche Kurse. Die verbleibenden ECTS können dann durch Sprachkurse oder andere Soft-Skills Veranstaltungen aufgefüllt werden. Ich habe mich mit 27 ECTS pro Semester sehr ausgelastet gefühlt und empfehle persönlich, sich nicht zu sehr mit Kursen zu beladen, um auch vom Aufenthalt in Paris profitieren zu können. Außerdem sollte man bei seiner Planung halbwegs flexibel sein, da es gut sein kann, dass „filières“ bei Ankunft schon voll sind und dann spontan etwas anderes gewählt werden muss.
An die Universität angegliedert ist ein eigenes Wohnheim, das es so ähnlich auch am neuen Standort geben wird. Die Bewerbung für das Wohnheim erfolgt unkompliziert direkt über die Uni. Parallel empfiehlt es sich außerdem, sich beim Studentendorf von Paris, der „Cité internationale universitaire de Paris“ (CIUP) auf ein Zimmer zu bewerben. Angesichts der Tatsache, dass die Uni in den Vorort Palaiseau zieht, bietet die CIUP wahrscheinlich den besten Kompromiss zwischen urbanem Leben in Paris und Erreichbarkeit des Campus. Bezüglich der Wohnsituation sollte man nicht zu zimperlich sein und keine Angst haben, aus seiner Komfortzone auszubrechen. Ich habe das gesamte Jahr im Wohnheim in einem Doppelzimmer verbracht, hatte dabei eher weniger Privatsphäre, habe jedoch dafür sehr wertvolle Erfahrungen im Zusammenleben mit verschiedenen Personen gesammelt und enge Freundschaften geknüpft.


Studienfach: IT-Systems Engineering

Aufenthaltsdauer: 09/2018-06/2019

Gastuniversität: Télécom Tech Paris

Gastland: Frankreich

Ankommen

Neben der Teilnahme an der Einführungswoche empfiehlt es sich außerdem so schnell wie möglich ein französisches Bankkonto zu eröffnen und Wohngeld (CAF) zu beantragen, da dies nur mit einer französischen IBAN beantragt werden kann, nicht rückwirkend ausgezahlt wird und abhängig von der Miete und Einkünften relevant hoch sein kann.
Ein Semesterticket für den öffentlichen Nahverkehr gibt es in Paris nicht. Wer allerdings zwei Semester bleibt, dem sei das Angebot „ImagineR“, eine Jahreskarte für Studierende zum halben Preis von 10 regulären Monatskarten, empfohlen. Außerdem gibt es zahlreiche Anbieter von Fahrrad-, Scooter-, Roller- und Carsharing. Ich persönlich habe mir ein günstiges Fahrrad gekauft und bin nur selten mit 10er Karten Metro gefahren.
Da fast die Hälfte der Studierenden an Télécom ParisTech aus dem Ausland kommen (und auch zum zweiten Jahr nach Paris kommen, aber meist ein Doppeldiplom erwerben und nicht Erasmus-Studierende sind), wird man in der Regel sofort von der internationalen Community an der Uni aufgenommen. Der Kontakt zu französischen Studierenden stellt sich dadurch jedoch etwas schwieriger dar, da diese meist schon im ersten Jahr zusammen studiert haben und eher weniger offen für Neuankömmlinge sind. Hier lohnt es sich bewusst bei Gruppenarbeiten in den ersten Wochen auf französische Studierende zuzugehen und aktiv den Kontakt zu suchen. So habe ich bereits in der ersten Woche einen guten Pariser Freund gefunden, der mich über das ganze Jahr begleitet hat und sehr dazu beigetragen hat auch in Paris außerhalb der Uni neue Kontakte zu knüpfen.

Studieren

Die meisten Veranstaltungen sind als Vorlesung ausgelegt, die zwei Mal 90 Minuten pro Woche in Anspruch nehmen und durch TDs („travaux dirigés“, nicht benotete Übungen unter Anleitung) und TPs („travaux pratiques“, benotete Übungen, die selbstständig und in Heimarbeit erstellt werden müssen) komplettiert werden. Einige Kurse sind jedoch auch als Gruppenprojekte ausgelegt, in denen die Arbeit hauptsächlich autonom stattfindet und die Präsenzzeiten eher der Beratung mit den Dozenten dienen. Die Benotung erfolgt per Klausur am Ende jeder Periode oder über die Abgabe von mehreren Projektreports. Da das Studium an Télécom ParisTech eher ingenieursmäßig ausgelegt ist und der Fokus nicht nur auf Softwareentwicklung liegt, kann es durchaus vorkommen, dass man sich am Anfang etwas verloren fühlt und überwältigt ist vom mathematischen und physikalischen Vorwissen der Kommilitonen und den Anforderungen der Dozenten. In der Regel reagieren die Dozenten aber mit Verständnis, wenn man sie darauf anspricht, dass man sich überfordert fühlt und empfehlen Einstiegsliteratur oder nehmen sich extra Zeit für ein wenig Nachhilfe. Auch wenn die Vorlesungen zum Teil sehr frontal gehalten werden, ist die Beziehung zwischen Dozenten und Studierenden sehr angenehm und man kann jederzeit spontan bei den Dozenten im Büro vorbei kommen und Fragen stellen. Mit ein wenig Disziplin und Ernsthaftigkeit kann man ein Jahr an Télécom ParisTech aber durchaus mit guten bis sehr guten Noten überstehen.
Neben den fachlichen Kursen gibt es eine Vielzahl von Sprachkursen für diverse Sprachen und für alle Niveaus im Angebot. Wer beim Einstufungstest vor Ort gut genug abschneidet kann auch themenspezifische Sprachkurse, wie etwa „Debating“ oder „Kultur- und Gesellschaftskunde“ belegen, was deutlich angenehmer und lehrreicher ist, als trockene Basissprachkurse.

Leben

Zentrum des studentischen Lebens an der Uni ist das „Foyer“, das Souterrain des Studentenwohnheims, das als Bar, Bühne und Aufenthaltsraum dient und von den Studenten selbst verwaltet wird. Hier stehen Instrumente, Kicker und Tischtennisplatten bereit, die jederzeit frei genutzt werden können und regelmäßig finden Partys und Konzerte statt, die sogar externe Gäste anlocken. Als Bewohner des Wohnheims ist man immer dabei: ob man will oder nicht, der Bass dringt bis in den neunten Stock. Ein ähnlicher Ort ist wohl auch am neuen Campus in Planung.
Außerdem ist das studentische Leben in einer Vielzahl von Studentenclubs wie am HPI organisiert. Sportclub, Charity-Club, Kino-Club, Bar-Orga-Club, Queer-Club oder Käse-Club, für jeden ist etwas dabei. Es lohnt sich allerdings gezielt zu Anfang auf die Verantwortlichen der Clubs zuzugehen und nach Treffen zu fragen, da vieles nicht öffentlich dokumentiert ist und die Organisation sich in geschlossenen Gruppen abspielt. Ebenso sollte man der Facebook-Gruppe des „BDE“ („Bureau des élèves“, Fachschaftsrat) beitreten, da hier alle wichtigen Informationen geteilt werden, die sonst nirgendwo anders zu finden sind.
Mehrmals pro Jahr finden spezielle Urlaubs-Wochenenden statt. Ich persönlich habe am „WES“ („Week-End au Ski“, Skiwochenende) teilgenommen, was mir einen unglaublichen Schub in Sachen Integration verpasst hat und für einen wirklich angemessenen Preis gibt sich der Fachschaftsrat jede Menge Mühe, sodass sich die Teilnahme auf jeden Fall lohnt. Weiterhin finden traditionell einmal im Jahr das „WER“ („Week-End de Randonnée“, Wanderwochenende), „WEI“ („Week-End d'Intégration“, Integrationswochenende“), „WEE“ („Week-End à l'Etranger“, Auslandswochenende) und „WEFA“ („Week-End de Fin d'Année“, Abschlusswochenende) statt.
Natürlich bietet Paris selbst auch jede Menge Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung. Die meisten Museen sind für junge europäische Studierende gratis und auch sonst gibt es viele kleine Kulturorte, die nur darauf warten, entdeckt zu werden. Wer sich nicht von den Touristenmassen mitziehen lässt, und sich auf Ortsansässige einlässt, entdeckt schnell die versteckten, selbstverwalteten Hinterhöfe, Künstlerhäuser, Hackerspaces, Raves oder sogar versteckte Eingänge in die Katakomben und merkt, dass Paris unter der schicken Oberfläche gar nicht so anders als Berlin ist. Meiner Erfahrung nach lässt sich die Stadt am besten auf dem Rad erkunden, da Paris vergleichsweise klein, aber sehr dicht ist.
Um auch ein wenig Leute außerhalb der Uni kennenzulernen lohnt es sich anfangs an Veranstaltungen von ESN teilzunehmen. Hier kommt man in lockerer Atmosphäre in direkten Kontakt zu anderen Erasmusstudierenden und erweitert sein soziales Umfeld. Auch über zahlreiche Facebook-Gruppen für Expats und internationale Studierende kann man gut in Kontakt mit neuen Leuten kommen und so auch echte Freundschaften aufbauen.

Studienfach: IT-Systems Engineering

Aufenthaltsdauer: 09/2018-06/2019

Gastuniversität: Télécom Tech Paris

Gastland: Frankreich


Fazit

Insgesamt würde ich den Aufenthalt in Paris als vollen Erfolg bewerten. Ich bin um unendlich viele Erfahrungen und viele Freunde reicher und kann mir absolut vorstellen nach Abschlusses meines Studiums nach Frankreich zurückzukehren. Mein Hauptziel, meine Sprachkenntnisse auszubauen habe ich meiner Meinung erreicht und auch auf fachlicher Ebene konnte ich mich gut weiterentwickeln und neue, bisher unbekannte Teilgebiete entdecken. Den Aufenthalt in Paris an Télécom ParisTech kann ich jedem wärmstens empfehlen.

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