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Projekt "Russische Küche und kulturelle Identität"

"Der Mensch ist, was er isst" heißt es bei Feuerbach und in der Tat ermöglicht die Küche einer Gemeinschaft einen tiefgreifenden Einblick in deren kulturelles System. Essen - aber auch das, was nicht gegessen wird -, Arten der Zubereitung und Aufnahme von Nahrung geben Aufschluss über die Gesellschaftsordnung, Religion oder Wirtschaft einer Küchengemeinschaft. Seit 2008 widmete sich der Lehrstuhl Ostslavische Literaturen und Kulturen daher der Erforschung der slavischen Küchen, wobei der Schwerpunkt auf der Untersuchung der russischen Küche und ihrer Darstellung in Literatur, Film und Kunst liegt. Aus dem internationalen Symposium Russische Küche und kulturelle Identität, das im April 2010 in Potsdam stattfand, ging ein Sammelband hervor, der die wesentlichen Untersuchungsergebnisse des Themenfeldes bündelt. Auf dem 11. Deutschen Slavistentag wurden in dem von Norbert Franz geleiteten Panel Mit fremdem Gaumen ... Küche und Fremdheitserfahrung in der Slavia Aspekte des Eigenen und des Fremden in den slavischen Küchen beleuchtet. Auch diese Ergebnisse wurden in einen Sammelband veröffentlicht (s.u.). Durch zwei neu konzipierte und regelmäßig angebotene Seminare fand das Thema zudem Eingang in die Lehre des Instituts für Slavistik.

Der erste Band Russische Küche und kulturelle Identität umfasst kultur- und literaturwissenschaftliche Untersuchungen zu Essen und Trinken in Russland. Untersucht werden nicht nur die Bedeutung einzelner Speisen und Zubereitungsarten und die Mahlzeit als soziales Geschehen, sondern auch der Verzicht auf Nahrung, sei es freiwillig als Fasten, sei es erzwungen als Hunger. Eine andere Gruppe von Beiträgen geht der Rolle des Essens als literarischem Motiv nach, eine weitere bildlichen Darstellungen. Auch das Trinken wird bedacht. In der Kultur durchweg klar kodiert, eignen sich Essen und Trinken ganz besonders als literarische Zeichen, die in den Werken unterschiedlichste Funktionen übernehmen können. Als Ganzes eröffnen die Beiträge erste Durchblicke in ein großes und bislang oft vernachlässigtes Forschungsgebiet. Der zweite Band Küche und Kultur in der Slavia. Eigenes und Fremdes im ausgehenden 20. Jahrhundert führt diese Untersuchungen fort. Der Schwerpunkt des Bandes liegt auf der Untersuchung von Fremdheitserfahrungen, die auf diesem Gebiet gemacht werden: auf Reisen, durch kulinarische Importe (seien es Köche, seien es neue Lebensmittel) oder durch politische Umbrüche.