Bei dem Gedanken an Schweden kommen vielen gleich Kindheitserinnerungen an Astrid Lindgren und ihre Geschichten. Das ländliche Schweden im Sommer, der Tanz um die Mittsommerstange und der Duft von frischen Zimtschnecken. Dieses klischeehafte und idealisierte Bild, das die Deutschen mit Schweden assoziieren hat der Leiter des Goethe-Instituts in Stockholm, Berthold Franke, als sogenanntes "Bullerbü-Syndrom" definiert. Dabei hat Schweden doch noch so viel mehr zu bieten als Bullerbü! Gute Lebensstandards, soziale Absicherung und einen hohen Anspruch im Gleichstellungsbereich, z. B. im Hinblick auf eine gleichmäßigere Verteilung der Elternzeit. Wer möchte da nicht einmal hineinschnuppern?
Initiativbewerbungen erfreuen sich in Schweden immer größerer Beliebtheit. Dieser Prozess verläuft meist so, dass Sie sich die Internetpräsenz von schwedischen Unternehmen anschauen, die für Sie relevant sein könnten und Ihre Bewerbungsunterlagen dorthin senden. Elektronische Bewerbungen sind sehr üblich. Ansonsten können Sie auch ausgeschriebene Stellen im Internet finden, beispielsweise über das schwedische Arbeitsamt (www.arbetsformedlingen.se) oder über das europäische Portal für berufliche Mobilität EURES (www.eures.se).
In Schweden geht es wesentlich informeller zu als in Deutschland. Das gilt auch für die Bewerbung. Deshalb werden schriftliche Bewerbungen so gut wie gar nicht mehr verfasst, sondern alles wird entweder per Mail an den potentiellen Arbeitgeber versandt oder es wird eine Online-Eingabemaske verwendet. Die Bewerbung besteht nur aus einem CV und einem Anschreiben. Weitere Unterlagen, wie etwa Arbeitszeugnisse werden nur auf Anfrage beigefügt bzw. können beim Bewerbungsgespräch mitgebracht werden.
Auf den meisten Internetseiten der Arbeitgeber in Schweden ist eine Telefonnummer für Bewerber hinterlassen. Hier können Sie die Möglichkeit nutzen, ein paar Fragen zur Ausschreibung und dem jeweiligen Unternehmen zu stellen und können sich nebenbei kurz vorstellen. Nachdem Sie Ihre Unterlagen an den Arbeitgeber gesandt haben, sollten Sie sich bei diesem nochmal telefonisch versichern, dass sie dort eingegangen sind.
Der Lebenslauf ist in Schweden weniger förmlich und muss nicht akkuraten Standards entsprechen. Wichtig ist, dass er übersichtlich ist und ein eher schlichtes Layout besitzt. Außerdem wird er antichronologisch verfasst, also das Aktuellste steht am Anfang. In Schweden ist die Persönlichkeit und Individualität der Bewerber von Bedeutung. Aus diesem Grund können Sie auch zu Ihren vorherigen Arbeitserfahrungen ein paar kurze prägnante Sätze verfassen, die darlegen, in welchen Projekten Sie gearbeitet haben und welche Aufgaben Sie dabei erfüllt haben. Der CV sollte dabei nicht länger als 1-2 Seiten sein.
Checkliste für den Lebenslauf in Schweden
• Datum und Unterschrift wird weggelassen
• Geburtsdatum: Sie können Ihr Alter ganz am Ende des Lebenslaufs aufführen
• Foto: ist nicht obligatorisch, für Stellen mit Kundenkontakt aber von Vorteil
• Sie können zu Beginn Ihr berufliches Ziel anführen, welches natürlich mit der ausgeschriebenen Stelle in Verbindung stehen sollte
• Referenzen: Sie sollten am besten mehrere Referenzen von ehemaligem Praktikumsstellen bzw. Arbeitgebern und Kollegen parat haben. Im Lebenslauf können Sie erst einmal nur darauf verweisen, dass diese auf Anfrage vorgelegt werden. Wichtig: Bereiten Sie die Kontaktpersonen darauf vor, dass sie wahrscheinlich von Ihrem potentiellen schwedischen Praktikumsgeber kontaktiert werden
• Sprachkenntnisse: Vor allem bereits vorhandene Kenntnisse des Schwedischen sollten hier in jedem Falle aufgeführt werden. Sie können Ihre Sprachen in dem europäischen Referenzrahmen (A1 - C2) angeben
• Hobbies: Können Sie ebenfalls angeben, wenn Sie darlegen, dass diese auch für die ausgeschrieben Stelle von Relevanz sind und Ihre Persönlichkeit unterstreichen
Auch Ihr Anschreiben sollte viel informeller und zwangloser ausfallen, als in Deutschland üblich. Der Arbeitgeber wird nicht direkt angeschrieben. Ein schlichtes „Hej“ auf Schwedisch oder „Hi“ in Englisch ist ausreichend. Eine Grußformel, wie etwa „Sehr geehrte Damen und Herren“ ist zu steif für die Bewerbung in Schweden. Beginnen Sie das Anschreiben mit einem positiven Einleitungssatz, in dem Sie selbstbewusst betonen, dass Sie glauben für die Position geeignet zu sein.
Ein einseitiges Anschreiben ist angemessen, denn die Bewerbung sollte insgesamt eher kurz und prägnant sein. Inhaltlich sollten Sie aufführen, wie Sie von der Stelle oder dem Unternehmen erfahren haben und was Sie an der Aufgabenstellung interessiert. Davon abgesehen sollten Sie abschließend Ihre Erfahrungen mit dem Tätigkeitsfeld erläutern, sowie eine gewisse Vorfreude auf die Herausforderungen der Stelle aufzeigen. Ihre Persönlichkeit soll in dem Anschreiben zur Geltung kommen. Beenden Sie schließlich Ihr Anschreiben mit ein paar Worten, die begründen, warum gerade Sie angestellt werden sollten.
Seien Sie pünktlich! Bei aller Gelassenheit sehen schwedische Arbeitgeber Unpünktlichkeit nicht gerne. Ein schwedisches Vorstellungsgespräch kann ca. 1,5 h dauern. Es kann ebenfalls sein, dass Sie zu einem zweiten Gespräch eingeladen werden. Zu Beginn des Gesprächs werden Sie meistens dazu aufgefordert sich noch einmal kurz vorzustellen und zu erläutern, aus welchen Gründen Sie sich auf die ausgeschriebene Stelle beworben haben. Fragen zu Ihrem Privatleben, also z.B. Kinderwunsch, Schwangerschaft oder Religion können, aber müssen Sie nicht beantworten. In Schweden schützen Antidiskriminierungsgesetze die Arbeitnehmer. Sie sollten sich im Vorfeld allerdings überlegen, wie Sie mit diesen Fragen umgehen möchten.
Obwohl Schweden dafür bekannt ist, dass ein Großteil der Bevölkerung fließend Englisch spricht, ist es dennoch ein großer Vorteil die Landessprache zu beherrschen. Man sollte zumindest deutlich machen, dass man vorhat, sich diese anzueignen. Hierfür können Sie z.B. im CV vermerken, dass Sie sich für einen Sprachkurs angemeldet haben. Wenn bereits gute Kenntnisse der Landessprache vorhanden sind, können die Bewerbungsunterlagen auch in dieser verfasst werden. Aber hier gilt: Lieber nochmal von einem Muttersprachler korrigieren lassen!
Fika ist etwas, was man in Schweden schon fast zelebriert. Das heißt, man trifft sich auf einen Kaffeeplausch. Der Unterschied zum deutschen Kaffeetrinken ist aber der, dass der fika in Schweden viel mehr Bedeutung beigemessen wird. Denn sie kann den Rahmen für eine Vielzahl von Gesprächen bieten. Während einer fika können sowohl Arbeitsverträge geschlossen als auch neue Freundschaften geknüpft werden. Sie hat sogar einen so hohen Stellenwert, dass in einem gewöhnlichen Arbeitsvertrag zweimal jeweils 10-15 min fikapaus schriftlich festgehalten werden können. Schließlich ist der Austausch mit den Kolleg_innen bei Kaffee und fikabröd (Brot, Gepäck bzw. Kuchen) wichtig!
Das sogenannte Jedermannsrecht (Schwedisch: allemansrätten) soll allen Menschen in Schweden den freien Zugang zur Natur ermöglichen. Natur ist ein Grundrecht, dabei soll auf diese aber auch Rücksicht genommen werden: https://visitsweden.de/aktivitaten/natur-outdoor/schwedens-natur/nachhaltiges-reisen/schwedens-jedermannsrecht-in-kurze/
„Sie hören dann von uns…“ – EURES-Broschüre über Bewerbungsmodalitäten der einzelnen europäischen Länder.
https://ec.europa.eu/eures/home.jsp?lang=de – EURES - Europäisches Portal zur beruflichen Mobilität
Goethe Institut Stockholm, Artikel zum Thema Bullerbü-Syndrom:
http://www.goethe.de/ins/se/de/sto/pre/pech/ppa/3129909.html
Essay über das Bullerbü-Syndrom:
EURES - Europäisches Portal zur beruflichen Mobilität
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