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Forschungsschwerpunkte

An der Professur werden Forschungen zum Profilschwerpunkt Sprachliche Konstituierung romanischer Kulturen auf folgenden Forschungsfeldern betrieben:

  1. Geschichte der Sprachwissenschaft und ihre Relevanz für gegenwärtige Sprachtheorien
  2. Prädikation in romanischen Sprachen und der Sprecher in der Äußerung
  3. Struktur und Funktion zur Fixierung tendierender Wortgruppen


Geschichte der Sprachwissenschaft und ihre Relevanz für gegenwärtige Sprachtheorien

Mit der Bearbeitung dieses Forschungsfelds wird an erfolgreiche Forschungen zur Geschichte der Sprachwissenschaft angeknüpft, mit denen die Professur eine internationale Spitzenposition einnimmt (Lexikon Sprachtheoretischer Grundbegriffe des 17. und 18. Jahrhunderts 2000-2008, erschienen im De Gruyter Verlag mit 1880 Seiten in zwei Bänden 2009; Kongress 11th International Conference on the History of the Language Sciences 2008, Akten erschienen im Benjamins Verlag 2011). Die Forschungen im Zeitraum 2012-2014 werden verstärkt die geographische Ausbreitung sprachtheoretischer Konzepte ins Blickfeld nehmen und dabei ihre Modifikation in Zusammenhang mit anderen kulturellen Umfeldern untersuchen. Ein im Zentrum des Interesses stehendes Konzept ist dabei die ‘Linearisierung’, die seit dem 17. Jahrhundert in Europa diskutiert wird und die auch gegenwärtig im Zusammenhang mit Forschungen zur Informationsstruktur aktuell geworden ist. Die Diskussion zu diesem Konzept soll in Kooperation mit französischen Wissenschaftlern ausgehend von Frankreich und Deutschland in ihrer weltweiten Verbreitung untersucht werden. Im Hinblick auf die Begriffe des ‘besonderen Charakters einer Sprache’ und der ‘Vielfalt der Sprachen’ soll nachgewiesen werden, dass die Bezeichnung génie de la langue zwar in frühen Ausprägungen des sprachlichen Relativismus verwendet wurde, jedoch nicht mit in Deutschland im Anschluss an Humboldt kursierenden Begriffen, wie ‘sprachliche Weltansicht’ und ‘Weltbild der Sprache’, identisch ist. Dies soll am Beispiel des Deutschen, Französischen Englischen, Italienischen, Spanischen, Portugiesischen und Russischen exemplarisch untersucht werden. Es werden vorwiegend Methoden der korpusbasierten linguistischen Begriffsgeschichte verwendet, außerdem wird die Variationsbreite der Bezeichnungen onomasiologisch erfasst und im Einzelnen semasiologisch untersucht. In Abgrenzung von legitimatorischer Rückprojizierung einer 'These vom Weltbild der Sprache' oder eines 'sprachlichen Relativitätsprinzips' auf einzelne Autoren soll in einer Monographie zu Universalien und Relativität in Sprachtheorien der Aufklärung der umfassende Versuch unternommen werden, die Entwicklung sprachtheoretischer Positionen aus dem Kontext der Epoche und des geographischen Raums heraus zu erklären.


Prädikation in romanischen Sprachen und der Sprecher in der Äußerung

Mit der Prädikation in romanischen Sprachen wird ein zentraler Gegenstand des Funktionierens von Sprache in der Kommunikation behandelt. Im Zentrum stehen dabei verbale Kategorien wie Aspektualität, Temporalität, Modalität, Evidentialität, Verbalperiphrasen, Objektsprädikativa  sowie sekundäre Prädikation. Es wird die Repräsentanz des Sprechers in der Äußerung untersucht, die oft nicht prädikativ, sondern über zusätzliche Merkmale der Äußerung zu erkennen ist. Über die Modalisierung gibt der Sprecher seinen Standpunkt zum mitgeteilten Sachverhalt zu verstehen. Unter Evidentialität verstehen wir den sprachlichen Ausdruck der Herkunft des Sprecherwissens. Mit Forschungen zur Evidentialität und Modalität in den romanischen Sprachen wird ein funktionaler und zugleich kontrastiver Ausgangspunkt gewählt, der es erlaubt Erkenntnisse über das Funktionieren und den Wandel von Sprache in der Kommunikation zu gewinnen. Erwartet werden insbesondere Ergebnisse im Bereich der Textsemantik und der Modellbildung über Verstehensprozesse. Die Forschungen zum Themenfeld Sprecher in der Äußerung wird auf der Basis des Französischen, Spanischen, Portugiesischen, Katalanischen, Italienischen und Rumänischen bearbeitet.


Struktur und Funktion zur Fixierung tendierender Wortgruppen

Mit den Forschungen zu diesem Gegenstand wird beabsichtigt, die formale und funktionale Konstitution von Phrasen, die zu einer gewissen Fixierung tendieren, zu erklären und zu beschreiben. Phrasen werden jeweils durch die Eigenschaften eines zentralen Elements dominiert, das auch ihre syntaktischen Möglichkeiten, ihre Kombinatorik und ihre semantischen Eigenschaften bestimmt. Im Zentrum stehen dabei zunächst die bisher wenig betrachteten Funktionswörter und ihre Erweiterungen (Präpositionalphraseme und Konjunktionsphraseme). In das Blickfeld des Forschungsprogramms treten die Phrasen dann, wenn sie zu einer gewissen Fixierung tendieren, das heißt Einschränkungen in der Austauschbarkeit ihrer Elemente oder ihrer Kommutierbarkeit aufweisen. Die Tendenz zur Fixierung, aber auch deren Partialität, die auf der Basis von Korpora untersucht werden sollen, impliziert das Spannungsverhältnis von Blockierung und sprachlicher Freiheit. Daneben ist unter dem Gesichtspunkt der Grammatikalisierung die Verwendung von Verbalperiphrasen in romanischen Sprachen von besonderem Interesse. Diese Verbalperiphrasen gehören zur Grammatik, weil sie prinzipiell für alle Verben möglich sind und sie sind „Periphrasen“, weil sie einfache Bedeutungen haben, also Bedeutungen, die nicht völlig ihren bildenden Gliedern entsprechen und die in Oppositionen mit einfachen Formen eintreten. Die Übersetzungen der romanischen  Verbalperiphrasen ins Deutsche lassen die auffallende Vorliebe des Deutschen für das adverbiale Register erkennen. Das Deutsche lässt die vorliegende Zustandhaftigkeit eines Vorgangs sehr oft unausgedrückt. Der Unterschied zwischen dem perfektiven und dem imperfektiven Aspekt eines Geschehens, zwischen einem Vorgang und einem Zustandsvorgang, ist auch den Deutschen in ihrer Vorstellungswelt durchaus lebendig. Aber diese Erlebnisstruktur wird nicht in einer besonderen verbalen Instrumentalstruktur explizit. Das Letztere ist für den Lernenden und auch den Übersetzenden entscheidend. Das Deutsche lässt hier vielfach implizit, was die romanischen Sprachen explizieren müssen. Mit den Forschungen zur Struktur und Funktion zur Fixierung tendierender Wortgruppen wird auch ein anwendungsbezogener Beitrag zur Vermittlung von Fremdsprachen und zur linguistischen Fundierung der Übersetzungswissenschaft beabsichtigt.