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große gelbe Trichterblühten
Photo: M. Burkart
Solandra maxima

Im Hellen wachsen, im Dunkeln tappen

Der Üppige Goldkelch

Nachtschattengewächse wachsen nicht nachts im Schatten. Es gibt nachts sowieso recht wenig Schatten, höchstens vom Mond. Aber schon unverschattetes Vollmondlicht ist definitiv zu schwach für Pflanzenwachstum. Nein, Nachtschattengewächse benötigen, wie alle grünen Pflanzen, kräftiges Licht zum Wachsen.

Die Wurzel des Namens ist umstritten, aber möglicherweise ist eher ein „Nachtschaden“ gemeint. Viele Nachtschattengewächse enthalten nämlich bewusstseinsverändernde Drogen, die zugleich sehr giftig sind. Wer also mit ihnen auf den Trip geht, geht ein hohes Risiko ein – die Halluzinationen hervorrufende Dosis ist von der lebensbedrohlichen Giftwirkung oft nicht weit entfernt, und Schädigungen können schon vorher auftreten. Vor Selbstversuchen sei daher nachdrücklich gewarnt. Die entstehenden Visionen können zusätzliche Gefahren verursachen, denn sie sollen von der Wirklichkeit kaum zu unterscheiden sein. Sie werden manchmal als „düster-erotisch“ bezeichnet, aber was meint das? Unmögliche Liebe, vergebens bis ins Grab? Unentrinnbares Begehren und seine Kollateralschäden? Sexuelle Gewaltfantasien? Oder einfach Kuscheln im Nachtschatten? Der Autor dieser Zeilen muss zugeben, dass er hier selbst im Dunkeln tappt.

Der Üppige Goldkelch (Solandra maxima) stammt vom amerikanischen Kontinent, wo er von Mexiko durch ganz Mittelamerika bis nach Kolumbien und Ecuador vorkommt. Alle Teile der Pflanze enthalten einen Cocktail giftiger, Halluzinationen auslösender Stoffe, ähnlich wie Engelstrompete (Brugmansia) und Stechapfel (Datura), Bilsenkraut (Hyoscyamus) und Tollkirsche (Atropa), alles ebenfalls Nachtschattengewächse. Der wissenschaftliche Gattungsname ehrt den Botaniker Daniel Solander, der zusammen mit James Cook und Joseph Banks um die Welt segelte; maxima heißt „die Größte“. Dazu passend besitzt unsere Art wirklich eindrucksvoll große, goldgelbe, schalenförmige Blüten mit violetten Abzeichen. Sie sollen nachts einen üppig-schweren, betörenden Duft verströmen, den man tagsüber im Botanischen Garten allerdings nicht bemerkt. Angeblich wirkt bereits dieser Duft anregend auf den Geschlechtstrieb. Eine Studie fand darin rund 70 unterschiedliche aromatische Bestandteile! Die Blüten werden in ihrer Heimat vermutlich von Fledermäusen bestäubt, was ihrer Größe angemessen erscheint. Ob auch die Fledermäuse aus dem Blütenbesuch erotische Anregung beziehen, womöglich gar düsteren Charakters? Erneut tappen wir im Erotisch-Dunkeln.

Der Üppige Goldkelch ist frei im Handel erhältlich, aber nur bedingt für die häusliche Pflege geeignet. Neben der ausgeprägten Giftigkeit wird die Größe leicht ein Problem. Nur große Pflanzen jedoch zeigen die eindrucksvolle Blütenpracht. Ansonsten stellt die Art keine großen Ansprüche, nur frostfrei sollte sie stehen, ausreichend Wasser und reichlich Dünger erhalten, und natürlich Licht.

große gelbe Trichterblühten
Photo: M. Burkart
Solandra maxima