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Forschungsdaten- und Forschungssoftware-Policy der Universität Potsdam

Vom 11. Juni 2025

Der Senat der Universität Potsdam hat auf der Grundlage von § 70 Abs. 2 Nr. 6 des Brandenburgischen Hochschulgesetzes vom 9. April 2024 (GVBl.I/24, [Nr. 12]), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 21. Juni 2024 (GVBl.I/24, [Nr. 30], S.32), in Verbindung mit Art. 14 Abs. 1 Nr. 4 der Grundordnung der Universität Potsdam vom 17. Dezember 2009 (AmBek. UP Nr. 4/2010 S.60), zuletzt geändert durch die Siebte Satzung zur Änderung der Grundordnung vom 14. Dezember 2022 (AmBek. UP Nr. 8/2023 S. 318), am 11. Juni 2025 die folgende Forschungsdaten- und Forschungssoftware-Policy der Universität Potsdam beschlossen:

Inhalt

Präambel

Abschnitt I: Grundsätze

Abschnitt II: Rechtliche Rahmenbedingungen

Abschnitt III: Institutionelle Verantwortung

Abschnitt IV: Gültigkeit

Präambel

Die Universität Potsdam ist als größte Universität Brandenburgs besonders forschungsstark mit ausgeprägten interdisziplinären Forschungsprofilen in den Natur-, Human-, Geistes- und Sozialwissenschaften. Diese werden durch Partnerschaften mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen und internationalen Kooperationen gestärkt. Insbesondere im Kontext der Forschungsschwerpunkte der Universität Potsdam, ihrer Schwerpunktprogramme und Sonderforschungsbereiche entsteht eine Vielfalt an Forschungsdaten und Forschungssoftware, die die Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnis bilden.

Die Verfügbarmachung von Forschungsdaten und Forschungssoftware dient sowohl der Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit früherer Ergebnisse als auch der Nachnutzbarkeit der Daten und Software zur Erzielung künftiger Ergebnisse oder zum Wissens- und Technologietransfer. Die Universität Potsdam setzt sich für eine offene Wissenschaftskultur ein. Dieser Anspruch ist in den Open-Science-Leitlinien festgeschrieben.[i]

Forschungsdaten umfassen u. a.

„Messdaten, Laborwerte, audiovisuelle Informationen, Texte, Surveydaten, Objekte aus Sammlungen oder Proben, die in der wissenschaftlichen Arbeit entstehen, entwickelt oder ausgewertet werden. Methodische Testverfahren, wie Fragebögen, Software und Simulationen können ebenfalls zentrale Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung darstellen und sollten daher ebenfalls unter den Begriff Forschungsdaten gefasst werden.“[ii]

Forschungssoftware

„ist diejenige Software, die während des Forschungsprozesses oder für einen Forschungszweck erstellt wurde. Sie umfasst zum Beispiel Quellcode, Skripte und ausführbare Dateien. Sie dient unter anderem zur Erhebung, Analyse, Simulation, Verarbeitung, Darstellung oder Nutzung von Beobachtungs- und Messdaten bzw. digitalisierten Text-, Bild-, Film-, Tonquellen, Objekten usw. sowie zur Erzeugung von wissenschaftlichen Modellen, der Steuerung von wissenschaftlichen Geräten oder zur Verfahrensoptimierung.“[iii]

Diese Policy gilt für alle wissenschaftlich und forschungsunterstützend tätigen Mitglieder und Angehörigen der Universität Potsdam. Sie dient der Umsetzung der „Grundsätze zum Umgang mit Forschungsdaten“ der Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen[iv] und der von der Universität Potsdam 2015 unterzeichneten „Berliner Erklärung über den offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen“[v]. Die Universität Potsdam veröffentlicht Handlungsempfehlungen zum Umgang mit Forschungsdaten und Forschungssoftware. Damit unterstützt sie die systematische Aufbereitung von Forschungsdaten und Forschungssoftware als selbstverständlichen Teil der guten wissenschaftlichen Praxis.

Abschnitt I: Grundsätze

(1) Die Universität Potsdam setzt sich für den freien Zugang zu Forschungsdaten und Forschungssoftware ein. Forschungsdaten und -software sollen, soweit keine überwiegenden schützenswerten Belange oder rechtliche Vorgaben einer Veröffentlichung entgegenstehen, so offen wie möglich als offene Forschungsdaten (Open Research Data) bzw. offene Forschungssoftware (Open Research Software) zur Nachnutzung bereitgestellt werden (vgl. Open-Science-Leitlinien der Universität Potsdam). Forschungsdaten sollen entsprechend der FAIR Data Principles[vi] aufbereitet werden. Forschungssoftware soll entsprechend der FAIR Principles for Research Software[vii] aufbereitet werden.

(2) Die Universität Potsdam stellt die Archivierung von Forschungsdaten und Forschungssoftware sicher. Forschungsdaten sowie -software, die wesentliche Grundlage einer Textveröffentlichung sind, aber nicht veröffentlicht werden können, sind gemäß dem DFG-Kodex „Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“[viii] nach den FAIR-Prinzipien in einer geeigneten Infrastruktur für mindestens zehn Jahre zu archivieren. Als geeignete Infrastruktur wird laut den Open-Science-Leitlinien insbesondere eine offene und wissenschaftseigene Infrastruktur (Open Infrastructure) angesehen.Eine Aufbewahrung ausschließlich durch die Forschenden selbst oder eine sofortige Löschung kommt nur in Betracht, wenn schützenswerte Belange oder rechtliche Vorgaben dies erfordern oder keine geeignete Infrastruktur zur Verfügung steht.

(3) Die Universität Potsdam erkennt die Aufbereitung von Forschungsdaten zur Nachnutzung sowie die Entwicklung nachnutzbarer Forschungssoftware als wissenschaftliche Leistungen an. Gleiches gilt für Beiträge zur disziplinspezifischen Weiterentwicklung der guten Praxis im Umgang mit Forschungsdaten und Forschungssoftware. Qualitätsgesicherte, von der jeweiligen Fachcommunity anerkannte Daten- und Softwareveröffentlichungen ihrer Mitglieder und Angehörigen gehören zum wissenschaftlichen Output der Universität Potsdam.

(4) Alle Forschenden sind für die Einhaltung der guten wissenschaftlichen Praxis auch im Umgang mit Forschungsdaten und Forschungssoftware selbst verantwortlich. Dabei sind die relevanten disziplinspezifischen Leitlinien der DFG-Fachkollegien und der Fachgesellschaften zum Umgang mit Forschungsdaten oder -software zu beachten. Besondere Verantwortung trägt:

  1. die Projektleitung in Bezug auf die Dokumentation, Offenheit und Nachnutzbarkeit der Forschungsdaten und/oder -software aus einem Vorhaben sowie für den Datenschutz und die Einhaltung ethischer Standards;
  2. die Arbeitsgruppenleitung für vorhabenübergreifende Aspekte (z. B. gemeinsame Standards für Qualität und Ablage von vergleichbaren Daten aus mehreren Studien).

(5) Studierende und wissenschaftliche Mitarbeitende in der Qualifizierungsphase haben Anspruch auf angemessene Information, Qualifizierung und Unterstützung durch Lehrende und Betreuende. Die Grundlagen des methodischen Umgangs mit Forschungsdaten und -software sollen möglichst bereits im grundständigen Studium als übergreifender Studieninhalt vermittelt werden. Für Studierende und wissenschaftliche Mitarbeitende sollen Möglichkeiten zur weiteren Qualifizierung geschaffen werden.

Abschnitt II: Rechtliche Rahmenbedingungen

(1) Rechtlich verbindliche Regelungen zum Umgang mit Forschungsdaten und Forschungssoftware bleiben unberührt und gehen dieser Policy vor.

(2) Beispiele für gesetzliche und universitätseigene Regelungen, aus denen sich Rechte und Pflichten in Bezug auf Forschungsdaten und -software ergeben, sind:

  1. die Satzung „Selbstkontrolle in der Wissenschaft – Regeln zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis an der Universität Potsdam“[ix],
  2. die „Verfahrensordnung der Ethikkommission der Universität Potsdam[x],
  3. Grundrechte, insbesondere das Persönlichkeitsrecht einschließlich des Datenschutzrechts[xi],
  4. Urheberrecht und verwandte Schutzrechte sowie der gewerbliche Rechtsschutz (Patentrecht und verwandte Rechte) einschließlich der Regelungen zur Arbeitnehmererfindung.

(3) Weitere verbindliche Regelungen können sich aus Vereinbarungen z. B. in Förder-, Kooperations- und Lizenzverträgen ergeben. Insbesondere sind die Anforderungen der fördermittelgebenden Einrichtungen an das Management, die Veröffentlichung und die Archivierung von Forschungsdaten einzuhalten. Beschränkungen der Offenheit und Nachnutzbarkeit von Forschungsdaten und/oder -software, die den Grundsätzen dieser Policy widersprechen, sind in Verträgen und anderen Vereinbarungen zu vermeiden.

Abschnitt III: Institutionelle Verantwortung

(1) Die Universität Potsdam verpflichtet sich, die technischen und organisatorischen Voraussetzungen zur Einhaltung dieser Policy dauerhaft zu gewährleisten.

(2) Die Universität Potsdam schafft die notwendigen Voraussetzungen und stellt eine zentrale, disziplinübergreifende Unterstützungsstruktur für den methodischen Umgang mit Forschungsdaten und Forschungssoftware bereit.

(3) Die Universität Potsdam unterstützt einen fakultätsübergreifenden Diskussions- und Weiterentwicklungsprozess zu offener Wissenschaft und Digitalisierung der Forschung sowie zur Vermittlung von Datenkompetenz in grundständiger Lehre und wissenschaftlicher Weiterbildung.

(4) Die Universität Potsdam unterstützt Erklärungen und Initiativen auf Landes-, Bundes-, Europa- und internationaler Ebene, die den freien Zugang zu Forschungsdaten und -software, die Anerkennung von Daten- und Softwareveröffentlichungen als wissenschaftlichen Output, gute Praxis im Forschungsdaten- und Forschungssoftware-Management sowie gute Rahmenbedingungen für die datenbasierte Forschung fördern.

(5) Die Aktivitäten der Universität Potsdam im Bereich Forschungsdaten und Forschungssoftware berücksichtigen Gender- und Diversitätsaspekte.

Abschnitt IV:Gültigkeit

(1) Diese Policy tritt am Tag nach der Veröffentlichung in den Amtlichen Bekanntmachungen der Universität Potsdam in Kraft.

(2) Mit dem In-Kraft-Treten dieser Satzung tritt die Forschungsdaten-Policy der Universität Potsdam vom 25. September 2019 (AmBek. UP Nr. 18/2019 S. 1361 außer Kraft.

(3) Diese Policy ist spätestens vier Jahre nach der Veröffentlichung zu prüfen und gegebenenfalls zu überarbeiten.

 


[i] Universität Potsdam (2023). Open-Science-Leitlinien der Universität Potsdam. https://doi.org/10.25932/publishup-59489

https://doi.org/10.25932/publishup-59489

[ii] Deutsche Forschungsgemeinschaft (2015). Leitlinien zum Umgang mit Forschungsdaten. https://www.dfg.de/resource/blob/172112/leitlinien-forschungsdaten.pdf

[iii] Deutsche Forschungsgemeinschaft (2024). Umgang mit Forschungssoftware im Förderhandeln der DFG. https://doi.org/10.5281/zenodo.13919790

[iv] Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen (2010). Grundsätze zum Umgang mit Forschungsdaten. http://doi.org/10.2312/ALLIANZOA.019

[v]Berlin Declaration on Open Access to Knowledge in the Sciences and Humanities (2003). https://openaccess.mpg.de/Berliner-Erklaerung

[vi]Wilkinson, M. D., et al. (2016). The FAIR Guiding Principles for Scientific Data Management and Stewardship. Scientific Data, 3(1), 160018. https://doi.org/10.1038/sdata.2016.18

[vii]Chue Hong, N. P., et al. (2022). FAIR Principles for Research Software (FAIR4RS Principles). https://doi.org/10.15497/RDA00068

[viii] Deutsche Forschungsgemeinschaft. (2025). Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis. Kodex. https://doi.org/10.5281/zenodo.14281892

[ix] Universität Potsdam (2022). Neufassung der Satzung „Selbstkontrolle in der Wissenschaft – Regeln zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis an der Universität Potsdam”. Amtliche Bekanntmachungen Nr. 3 vom 18.3.2022, Seite 26–34.

https://www.uni-potsdam.de/fileadmin/projects/senat/Kommissionen/11_WFK/ambek-2022-3-26-34.pdf

[x] Universität Potsdam (2016). Verfahrensordnung der Ethikkommission der Universität Potsdam. https://www.uni-potsdam.de/am-up/2016/ambek-2016-15-1443-1446.pdf

[xi] Insbesondere sind die Vorschriften der EU-Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) und des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes (BbgDSG) einzuhalten.