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Wermut - Artemisia absinthium
Foto: D. Burkart

Wermut - Artemisia absinthium

Pflanze des Monats August 2011

Sucht und Heilung

 

Im Schweizer Jura wurde vor über 200 Jahren zum ersten Mal Absinth gebrannt. Gemäß ursprünglichem Rezept werden Fenchel, Anis und Wermut mit Alkohol aufgesetzt. Nach der Destillation dienen weitere Kräuter der Verfeinerung des Aromas. Sie bewirken auch die grüne Färbung. Die hochprozentige Spiritouse (bis 85% Alkohol), auch "Grüne Fee" genannt, war ursprünglich eigentlich ein Heilmittel.

Wermut (Artemisia absinthium) gilt schon lange als verdauungswirksame Heilpflanze und wird auch als Gewürz für fette Speisen verwendet. Die heilsame Wirkung geht auf den Inhaltsstoff Absinthin zurück, der so bitter ist, dass schon ein einziger Tropfen Wermutauszug selbst stark verdünnt noch deutlich zu schmecken ist - der sprichwörtliche Wermutstropfen. Ein weiterer Inhaltsstoff des Wermuts, Thujon, ist dagegen ein psychoaktives Nervengift. Er wurde lange Zeit für die verheerenden Folgen übermäßigen Absinthtrinkens verantwortlich gemacht. Ein spektakulärer Mordfall führte schließlich Anfang des 20. Jahrhunderts zum Absinth-Verbot in den meisten Ländern Europas und den USA. Ein Landarbeiter hatte seine schwangere Frau und die beiden kleinen Töchter im Affekt getötet. Der Mann war starker Alkoholiker. Die Diskussion des Falls konzentrierte sich jedoch auf die zwei Gläser Absinth, die er neben Wein und Branntwein vor der Tat getrunken hatte.

Seit einigen Jahren ist das Verbot in den meisten Ländern aufgehoben beziehungsweise durch Begrenzungen des zulässigen Thujon-Gehalts ersetzt worden. Untersuchungen alter Destillate lassen allerdings vermuten, dass diese Grenzwerte auch früher kaum überschritten wurden. Darum wird heute oft die These vertreten, dass der "Absinthismus" schlicht Alkoholismus gewesen sei, teilweise verschärft durch weitere unzuträgliche Inhaltsstoffe wie Methanol, Amylalkohol oder Farbstoffe, vor allem in den billigen Marken des damals weit verbreiteten Modegetränks.

Die ohne Zweifel hoch wirksamen Inhaltsstoffe des Wermuts lassen sich auch für andere Zwecke einsetzen.
Bereits im Mittelalter empfahl ihn Hildegard von Bingen als Wurmkur. Äußerlich gilt er als hilfreich bei schlecht heilenden Wunden. Als Jauche, Brühe oder Tee soll er im Biogarten tierische Schädlinge wie Läuse, Ameisen und Apfelwickler sowie den Säulchenrost der Johannisbeere abwehren. Vom Kompostieren der Pflanze wird jedoch abgeraten, da ihr starkes Aroma nützliche Kompostbewohner vertreibe. Wenig erfreulich für Menschen ist der Pollen der Pflanze, der ebenso wie der ihres nahen Verwandten Beifuß Allergien auslösen kann.

Wer an Kräutermagie glaubt, kann Wermut zur Errichtung eines Schutzbannes (oder zu seiner Überwindung) benutzen. Fans von Harry Potter kennen ihn dagegen als Grundbestandteil des "Tranks der lebenden Toten".

Der Wermut ist im Mittelmeergebiet und in Asien heimisch, in Deutschland aber seit vielen Jahrhunderten eingebürgert. Seine elegant weißgrauen Blätter zieren auch die Ränder trockener Sandwege in der Potsdamer Region. Dort und auch im Botanischen Garten an der Maulbeerallee trägt er ab August die bescheidene Pracht seiner kleinen gelben Blütenköpfe.

Wermut - Artemisia absinthium
Foto: D. Burkart