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Karriere mal zwei – Dual-Career-Paare in der Wissenschaft

Auf dem Foto sind Jolanda Hermanns und Bernd Schmidt. Das Foto ist von Sandra Scholz.
Auf dem Foto sind Thorsten Wagener und Karoline Wiesner. Das Foto ist von Sandra Scholz.
Photo : Sandra Scholz
Jolanda Hermanns und Bernd Schmidt
Photo : Sandra Scholz
Thorsten Wagener und Karoline Wiesner

Viele Wissenschaftlerinnen haben einen Partner, der genauso gut ausgebildet ist wie sie selbst. Doch sogenannte Doppelkarrierepaare haben es nicht leicht, im selben Land, in derselben Stadt oder gar an derselben wissenschaftlichen Einrichtung zwei Stellen zu erhalten. Zwei akademische Paare schildern ihren Weg an die Universität Potsdam.

Karoline Wiesner und Thorsten Wagener waren über 20 Jahre lang fast ausschließlich im Ausland beschäftigt. Die Physikerin und der Hydrologe lernten sich in Bristol kennen, wo beide an der Universität arbeiteten. Nach den Jahren im Ausland wurde aber der Gedanke an eine Rückkehr nach Deutschland stärker. „Wir suchten einen Arbeitgeber, der zu unseren Forschungsfeldern passt und außerdem ein gutes Lebensumfeld bietet“, sagt Wagener. „Potsdam war für uns die erste Wahl.“ Beide waren 2018 für ein Sabbatjahr nach Potsdam gekommen, Wagener an die Uni Potsdam, Wiesner ans Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Während für Wagener die Potsdamer Wasserforschung attraktiv war, hoffte Wiesner, auf ihrem Gebiet, die Erforschung komplexer Systeme, in Deutschland arbeiten zu können.

Dies gelang ihr auch, dank des Engagements der Universitätsleitung: Seit April 2021 ist Karoline Wiesner Professorin für Komplexitätswissenschaft, eine Stelle, die eigens für sie geschaffen wurde. „In Deutschland gab es so eine Professur bisher nicht – eine aufregende Sache.“ Thorsten Wagener trat bereits einige Monate vorher seine Humboldt-Professur für die Analyse hydrologischer Systeme an der Universität Potsdam an. Das Klima, das als komplexes System verstanden werden kann, ist ein Schnittpunkt in der Forschung des Paares. Sowohl in der Zusammenarbeit mit dem PIK als auch im Wasserforschungszentrum, das Wagener derzeit einrichtet, wird es Raum für gemeinsame Projekte geben.

Die beiden wissen um ihr großes Glück. „Frauen in Dual Career Couples hängen oftmals ihren akademischen Job an den Nagel, weil es in Deutschland sehr schwierig ist, am selben Ort zwei wissenschaftliche Positionen zu ergattern“, sagt Wiesner. „In der Physik zum Beispiel ist bei geschätzten 80 Prozent der weiblichen Wissenschaftler auch der Partner Akademiker. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit enorm, dass Frauen in der Wissenschaft mit Dual-Career Problematiken konfrontiert sind.“ Das könne sich nur ändern, wenn der Anteil der Professorinnen erhöht werde. In Schweden, wo die Physikerin lange gearbeitet hat, sei für Frauen in der Wissenschaft und damit ebenso für Paare sehr viel mehr getan worden. „Auch in den USA haben es akademische Paare leichter“, berichtet Wagener. In seiner Zeit an der University of Pennsylvania war es sogar von Vorteil, wenn die Partnerin oder der Partner schon an der Universität beschäftigt war. Denn für Dual Academic Couples gebe es dort eigens Mittel und Fakultäten konnten sich so gut vergrößern. In Deutschland hingegen müsse erst eine Professur vom Land zur Verfügung gestellt werden, und diese zweite Stelle dann auch noch finanziert werden – eine große Hürde. „Zwei qualifizierte Partner sollten für die Universitäten ein Vorteil und kein Nachteil sein“, da ist sich das Paar einig.

Was es bedeutet, eine Wochenend-Ehe zu führen, wissen Jolanda Hermanns und Bernd Schmidt. Das Paar hatte sich im Chemiestudium kennengelernt, später promovierten beide und veröffentlichten gemeinsam wissenschaftliche Artikel. Hermanns entschied sich, noch einmal ein Lehramtsstudium aufzunehmen und arbeitete schließlich als Studienrätin an einem Gymnasium in Nordrhein-Westfalen. Als Bernd Schmidt 2006 den Ruf an die Universität Potsdam erhielt, sahen sich die beiden über zwei Jahre lang nur am Wochenende. „2007 wurde uns klar, dass wir dieses Pendeln beenden und Potsdam zu unserem Lebensmittelpunkt machen wollten“, sagt der Professor für Organische Synthesechemie.

Jolanda Hermanns suchte nun in Potsdam nach einer Schule mit ihrer Fächerkombination – Chemie, Physik und Musik. „Den Dual Career Service gab es noch nicht“, berichten die beiden. „Unser Problem hat damals den Blick für die Problematik bei der Unileitung geschärft.“ Nachdem das Lehrertauschverfahren nicht zum Erfolg geführt hatte, schaltete sich die Hochschulleitung in das Verfahren ein, wodurch Hermanns eine Stelle als Studienrätin an der Voltaire-Gesamtschule bekam; 2015 wechselte sie an die Universität und ist seither Gesamtkoordinatorin des Projektes PSI-Potsdam (Qualitätsoffensive Lehrerbildung) am ZeLB. Hier initiierte die Fachdidaktikerin vor Kurzem das Projekt ALL-MINT, um den Austausch zwischen wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die in der fachlichen Lehre für Lehramtsstudierende eingebunden sind, zu ermöglichen. Gleichzeitig arbeitet sie an ihrer Habilitation in der Fachdidaktik Chemie. Noch sind die Zukunftssorgen nicht aus der Welt: „Ich hoffe, dass ich auch in zwei Jahren, wenn die zweite Projektphase endet, an der Uni bleiben kann“, sagt Hermanns.

Da beide am Campus Golm arbeiten, machen sie immer zusammen Pause. „Am häufigsten sind wir im Büro meines Mannes und trinken Tee“, erzählt Hermanns. Dann sprechen die beiden meist über die Arbeit. Die didaktische Expertise seiner Frau konnte dem Chemiker schon so manche Probleme begreiflich machen, die Studierende gerade zu Anfang haben – über die lernpsychologischen Prozesse im Fach Chemie habe er sich früher nämlich kaum Gedanken gemacht. „Nicht alle, die frisch aus der Schule kommen, verstehen die sehr abstrakte Formelsprache, auf der die Chemie basiert. Dank meiner Frau setze ich jetzt viel fundamentaler an.“

Ob Partnerschaft und Beruf in der Wissenschaft heute gut vereinbar seien? „Die Schwierigkeit ist natürlich, höherwertige Positionen anzustreben, denn die sind in Deutschland dünn gesät“, sagt Schmidt. „Umso wichtiger ist es, Respekt vor den wissenschaftlichen Ambitionen der oder des Anderen zu haben.“

Seit rund zehn Jahren unterstützt der Dual Career Service der Uni Potsdam die Partnerin oder den Partner von Professorinnen und Professoren, die mit der Uni in Berufungs- oder Bleibeverhandlungen stehen. Er gibt Orientierung bei der Stellensuche, berät zu Weiterbildungsangeboten und informiert Eltern zu Kinderbetreuung und Schulen in der Region.

www.uni-potsdam.de/de/berufungen/dual-career-service

 

Dieser Text erschien im Universitätsmagazin Portal - Zwei 2021 „Familie und Beruf“ (PDF).