20. KWI-Fachtagung "Schulen im kommunalen Bildungsmanagement"
4. April 2014
Die Schule steckt mitten in einem Umbruch: Die Zahl der schulpflichtigen Kinder sinkt. Ab- und Zuzugsbewegungen schlagen ungefiltert auf den Bedarf an Schulen durch. Ein- und Auswanderungen fordern den herkömmlichen Schulunterricht heraus. Sich wandelnde Lebensformen hin zu Alleinerziehenden, zur Erwerbstätigkeit beider Erziehungspartner und zu im Armutsumfeld aufwachsenden Kindern verlangen eine neue Qualität der schulischen Leistungsangebote. Der ungebrochene Trend zum Gymnasium verwirbelt die bisherige Schullandschaft. Sich überschlagende, wechselvolle Dauerreformen schaffen unübersichtliche Schulstrukturen und erschweren sichere Orientierung. Und: Im zunehmend raueren Wettbewerb der Schultypen laufen den öffentlichen Schulen immer mehr Schüler davon und zu den Privatschulen über. Schon jetzt sehen sich zahlreiche Kommunen gezwungen, ihre Bildungsangebote zurückzuschrauben und ihre Schulen zu schließen.
Kann eine Kommune ihren Bürgern aber nicht mehr die schulische „Grundversorgung“ anbieten, so hat dies weitreichende Folgen. Denn: Bildung ist ein harter Standortfaktor. Wo Schulen schließen müssen, stirbt auch der Ort. Die Ausdünnung des Schulnetzes kann die gesamte Region in eine Abwärtsspirale reißen. Ein umfangreiches, vielfältiges und flächendeckendes Bildungsangebot dagegen ist für die Kommune tragender Pfeiler einer funktionsfähigen Infrastruktur. Bildung ist Zukunft, für Kind und Kommune.
Die Standortsicherung für die schulische „Grundversorgung“ entwickelt sich daher zunehmend zur Überlebensfrage für die Kommunen. Für die gebotene nachhaltige Bereitstellung schulischer Infrastruktur spielen – schlagwortartig verkürzt – namentlich drei Aktionsfelder eine wichtige Schlüsselrolle:
- Die Akteure sind zuallererst gefordert, durch innovative kommunale Organisationsmodelle Schulstandorte und schulische Präsenz „vor Ort“ zu sichern. Dazu gehören neben viel diskutierten Zukunftsmodellen wie der Ganztagsschule und der Inklusionsschule auch die Ermöglichung weniger bekannter Innovationen wie virtuelle Schule, „Schule auf Rädern“ und andere mobile Schulen, Homeschooling und die variantenreichen Optionen des E-Learning.
- Weitere Ansatzpunkte für die Gewährleistung der kommunalen schulischen Grundversorgung bieten interkommunale Kooperationen beispielsweise in Schulverbänden. Ähnlich verhält es sich mit den bislang zu wenig genutzten Möglichkeiten einer Kommunalisierung durch Stärkung kommunaler Schulverantwortung.
- Nicht zuletzt thematisiert die Standortsicherung schulischer Infrastruktur auch das Verhältnis der öffentlichen Schulen zu den Privatschulen. Dabei geht es zum einen um Konkurrenz, die nicht nur zu Verdrängungen führen, sondern im Wettbewerb um das bessere Konzept auch zu schulischer Vielfalt, zur Steigerung der Attraktivität lokaler Schulangebote und zur Erhöhung des Bildungsniveaus beitragen kann. Zum anderen geht es um Kooperationen zwischen den beiden Schulformen, deren Chancen bislang erst ansatzweise ausgelotet sind, und um "neue" Varianten der Zusammenarbeit etwa in Formen der Genossenschaftsschule.
Hier setzt die Tagung an. Sie behandelt zentrale Themen der nachhaltigen Gewährleistung schulischer Infrastruktur in den Kommunen einschließlich der dazugehörigen Erfahrungsberichte, die über Best-Practice-Modelle sowie über Erfolgsbedingungen und Fallstricke in der Verwaltungspraxis informieren. Damit erleichtert die Veranstaltung zugleich kommunalen Entscheidungsträgern die Generierung von und den Umgang mit Gestaltungsoptionen zur Standortsicherung im kommunalen Bildungsmanagement.
Tagungsprogramm
Begrüßung
Dr. Martina Münch
Ministerin für Bildung, Jugend und Sport des Landes BrandenburgSchulen im kommunalen Bildungsmanagement – Einführung
Prof. Dr. Hartmut Bauer
Universität Potsdam, Vorstand des KWIInnovative kommunale Organisation
Zukunftsmodell Ganztagsschule
Maren Wichmann
Deutsche Kinder- u. Jugendstiftung, BerlinInklusion – Schule für alle? Erfahrungen und Perspektiven
PD Dr. Ulrike Becker
Schulleiterin, BerlinSchulen der Zukunft – Über die Zulassung innovativer Schulmodelle
Prof. Dr. Timo Hebeler
Universität TrierModelle zur Sicherung von Schulstandorten aus Brandenburger Sicht
Karl-Ludwig Böttcher
Geschäftsführer des StGB BrandenburgE-Learning. Erfahrungen und Perspektiven
OStR Barbara Glittenberg
School of Distance Learning Niedersachsen
Kommunale Kooperation und Kommunalisierung
Network-Governance: Rechtliche Rahmenbedingungen für interkommunale Kooperation im Schulsektor
Prof. Dr. Winfried Kluth
Martin-Luther-Universität Halle-WittenbergNetwork-Governance: Erfolgsbedingungen und Fallstricke interkommunaler Kooperation in der Schulpraxis
Harald Ziegeler
Amtsdirektor des Amtes Lenzen-ElbtalaueKommunalisierungsoptionen zur Stärkung kommunaler Schulverantwortung
Wolfgang Rombey
Stadtdirektor Aachen a. D.
Öffentliche und private Schulen: Konkurrenz und Kooperation
Privatschulen in der kommunalen Bildungslandschaft
Gerrit Große
Vizepräsidentin des Landtages BrandenburgKooperationsoptionen zwischen öffentlichen und privaten Schulen – Chancen und Probleme
Heike Thies
Arbeitsgemeinschaft Freier Schulen Niedersachsen e. V.Erfahrungsberichte aus der Praxis: Die Genossenschaftsschule
Georg Pflüger
Friedrich W. Raiffeisen-Schule, Wetzlar