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Die Nacht von Potsdam und ihre Folgen


Einleitung

Foto: Fotosammlung des Stadtarchivs Potsdam

„Als wir in der Nacht vom 14. zum 15. April 1945 nach dem schwersten Bombenangriff, den Potsdam erlebte, kalkbestaubt aus unsern Trümmern krochen, wussten wir, dass wir um Haaresbreite am Tode vorbeigegangen.“
– Tagebucheintrag von August Burda aus Potsdam 1945

Das Thema „Die Nacht von Potsdam und ihre Folgen“ beschäftigt sich mit der Zerstörung Potsdams durch die verheerenden Bombenabwürfe der Royal Air Force in der Nacht vom 14. auf den 15. April 1945. Zur Rekonstruktion dienen zahlreiche Augenzeugenberichte und Schriftverkehr der Stadtverwaltung Potsdam. Besonders in den Mittelpunkt wird das Ausmaß der Zerstörung, wiedergegeben durch Fotografien und Statistiken des Kriegsschadenamtes, gerückt.

Foto: Fotosammlung des Stadtarchivs Potsdam

Hintergrundinformationen

Die ersten Bomben der alliierten Streitkräfte fielen auf Potsdam in der Nacht vom 21. Auf den 22. Juni 1940. Aus den Erinnerungen von Lothar Loewe ist zu entnehmen, dass die meisten Potsdamer völlig unvorbereitet von dem Fliegerangriff getroffen wurden: „Während der nächtlichen Fliegeralarme pflegten die Potsdamer die Luftschutzkeller überhaupt nicht aufzusuchen. In Potsdam gab es weder Schutzbunker noch waren die Keller vorschriftsmäßig abgestützt.“ (Baller / Reinholz 2010, S. 70f.) Nachdem die Sirenen, die beim Fliegeralarm stets ertönten, verstummt waren, konnte der Schaden der betreffenden Bombennacht begutachtet werden – die Babelsberger Post und einige Privathäuser waren zerstört worden. Auch ein Lazarett hatte Schäden zu vermelden. Dies war der Auftakt zu zahlreichen schlaflosen Nächten, geprägt vom Aufheulen der Sirenen, vom Summen der Flugzeugmotoren und der Angst um das eigene Leben.

Auch der Beginn des Jahres 1945 war für die Potsdamer Bevölkerung durchzogen vom beinah täglichen erschallenden Lärm der Flugzeuge. In dem Buch „Potsdam im Zweiten Weltkrieg – Eine Chronik“ (Baller / Reinholz 2010) sind unzählige Fliegeralarme aufgeführt. Der Großteil dieser Angriffe traf jedoch die Stadt Berlin. So kam der Angriff auf Potsdam in der Nacht vom 14. auf den 15. April 1945 für die meisten Potsdamerinnen und Potsdamer recht unerwartet. Wolfgang Heese erinnert sich an das Aufheulen der Sirenen: „Am 14. April 1945 gegen 21.30 Uhr heulten die Sirenen und kündigten feindliche Bomberstaffeln an. Wie üblich, dachte ich, es wird wieder ein Angriff auf Berlin.“ (W. Heese zitiert nach Mihan 1997, S. 67)

Foto: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d7/Mosquito_600pix.jpg [Letzter Zugriff: 17.03.2013]

Die 724 Bomber der Royal Air Force hatten in dieser Nacht jedoch nicht Berlin sondern Potsdam als Ziel gewählt. Kurz nachdem die ersten englischen Mosquito-Flugzeuge über Potsdam gesichtet wurden, fielen die ersten „Christbäume“ vom Himmel – Potsdam war nun für die nachfolgenden Bomberstaffeln als Ziel markiert. Insgesamt erhellten über 800 „Christbäume“ in dieser Nacht den Himmel über Potsdam. Innerhalb einer halben Stunde fielen 1.780 Tonnen Bomben auf Potsdam, wobei 1.593 Menschen zu Tode kamen und 60.000 Menschen obdachlos wurden. Hans-Werner Mihan schrieb in seinem Tagebuch über seinen ersten Eindruck, nachdem er den Luftschutzkeller verlassen hatte: „Von dort [Bassinplatz] nach Süden hin ein Flammenmeer. Häuser an der Südseite des Bassinplatzes waren durch Bomben zerstört oder begannen zu brennen. Menschen hasteten hin und her. Zur Havel hin und in Richtung Südwesten Flammen und Zerstörung. Vereinzelte Detonationen. Zeitzünderbomben?“ (Mihan 1997, S. 69) Was nicht den Bomben zum Opfer gefallen war, wurde durch die Flammen vernichtet – Spielzeug, Fotos, Möbel, Akten... In „Potsdam im Zweiten Weltkrieg – Eine Chronik“ findet sich ein Auszug aus dem Zerstörungsbericht einen britischen Aufklärungsflugzeuges, welches am 17. April 1945 Potsdam überflogen hatte. Demnach gab es „Schäden am wichtigen Verkehrs- und Militärzentrum von Potsdam […] hauptsächlich im Gebiet des Stadtzentrums und im Gebiet südöstlich der Havel.“ (zitiert nach Baller / Reinholz 2010, S. 373)

Nicht nur die Innenstadt war der Zerstörung erlegen, auch die Wasserwerke waren mitunter schwer beschädigt und lieferten erst ab dem 4. Mai 1945 wieder Wasser. Sowohl das Elektrizitätswerk als auch das Gaswerk konnten nur eingeschränkt arbeiten. Einerseits lag dies an der mitunter komplett zerstörten Infrastruktur, anderseits aber auch am Mangel des Rohstoffs Kohle (vgl. Stang 1995, S. 307).
„Jeder packe zu!“, lautet der Titel eines Aufrufes in der Notausgabe der Potsdamer Tageszeitung vom 18. April 1945. Dabei wurden das Leid der Stadt Potsdam und ihrer Bevölkerung, aber auch die notwendigen Maßnahmen jedes Einzelnen, thematisiert. Mit den Worten: „Es ist schwer, was jetzt von jedem einzelnen verlangt werden muss. Nicht warten, dass geholfen wird, sondern sich selbst helfen, so gut es eben geht, das ist die Parole. Nur die eigene Tatkraft vermag das harte Schicksal zu mildern, die Not zu lindern. Darum packe jeder zu!“ wird zur Enttrümmerung der Straßen aufgerufen (zitiert nach Baller / Reinholz 2010, S. 378f.).

Die Enttrümmerungsarbeiten der Stadt Potsdam hielten noch jahrelang an. Eine sehr wichtige Rolle spielten dabei die sogenannten „Trümmerfrauen“, welche für den Abriss stehen gebliebener Gebäudeteile verantwortlich waren. Sie stellten eine tragende Stütze im Wiederaufbau der Stadt Potsdam dar. Einem Bericht des Arbeitsamtes vom 14. September 1945 zufolge waren im September 1945 noch 900 Männer und 3.600 Frauen im Straßeneinsatz tätig. Rund 3.300 Hausfrauen befanden sich unter den Trümmerfrauen, die noch heute als Symbol für den deutschen Wiederaufbau stehen. (vgl. Stang 1995, S. 307)

Foto: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d7/Mosquito_600pix.jpg [Letzter Zugriff: 17.03.2013]