Während meines Studiums war ich bei einer Informationsveranstaltung, in der eine Schulbuchredakteurin ihr Arbeitsfeld vorstellte. Das fand ich damals schon interessant, habe es aber erst einmal vergessen; mein Berufsziel war ja Lehrerin. Auch das Thema meiner Doktorarbeit war eher ein Zufall, aber während der Arbeit daran fand ich den Bereich Lehrwerksentwicklung immer spannender. Nach dem Referendariat und einem halben Jahr Schulerfahrung lag es dann für mich auf der Hand, mich bei Schulbuchverlagen zu bewerben.
Unsere AutorInnen und BeraterInnen sind in der Regel Lehrkräfte, insofern arbeiten wir sehr eng mit Praktikern zusammen. Wir Redakteure bemühen uns auch, regelmäßig an Schulen zu hospitieren, denn eine konkrete Vorstellung vom Unterrichten hilft ungemein beim Redigieren.
Wir müssen uns natürlich an den Richtlinien/ Lehrplänen/ Kerncurricula/ Bildungsstandards der verschiedenen Bundesländer orientieren.
Nicht notwendigerweise, ich habe auch KollegInnen, die ein Magisterstudium oder BA/MA abgeschlossen haben. Aber wenn eine Stelle ausgeschrieben und die Bewerberzahl groß ist, wird in aller Regel den ausgebildeten Lehrkräften der Vorzug gegeben. Ich persönlich halte Unterrichtserfahrung auch für sehr wichtig, um ein Lehrwerk zu redigieren; ich profitiere bei jedem Projekt von meiner Unterrichtserfahrung.
Hier lassen sich bestimmt Hunderte von Kriterien nennen – ich nehme mal drei heraus: Es muss sachlich/fachwissenschaftlich korrekt sein, die Inhalte lernergerecht aufbereiten, ein klares, lernförderndes Layout haben.
In Englischlehrwerken für die Unterstufe werden alle Inhalte vollständig von Autorinnen und Autoren verfasst, d. h. Texte, Aufgaben, Merkkästen etc. Ab der Mittelstufe nimmt der Anteil der Texte zu, die nicht selbst geschrieben, sondern (ggf. in vereinfachter Form) lizensiert werden; AutorInnen schreiben dann Aufgaben, Merkkästen, Skills Files etc. Das heißt, der Anteil der lizensierten Inhalte nimmt in Englisch von Schuljahr zu Schuljahr zu.
Auch wenn Texte und Aufgaben von AutorInnen entwickelt werden, heißt das nicht, dass die Redaktion nur noch eine Rechtschreibkorrektur vornimmt. Je nach Projekt und Arbeitsform kann der Anteil der Redaktion an der Erstellung von Texten und Aufgaben erheblich sein, bis hin zur Mit-Autorenschaft. Ich persönlich halte es immer so, dass ich beim Redigieren nicht nur Schwächen oder Lücken des Manuskripts aufzeige, sondern möglichst gleich einen konkreten Verbesserungsvorschlag mache, wenn ein Manuskript Lücken oder Mängel hat. Dann geht meine Arbeit über eine reine Qualitätskontrolle hinaus und impliziert dann auch Autorentätigkeit.
In vielen Bundesländern müssen Lehrwerke für die meisten Unterrichtsfächer vom Kultusministerium genehmigt werden. Die Schulen entscheiden dann frei, welche der genehmigten Lehrwerke sie verwenden wollen, und das können auch Materialien verschiedener Verlage sein.
Meines Wissens gibt es bei Cornelsen keinerlei solche Kooperationen; wir verwenden aber durchaus ausgewählte Materialien von NGOs in unseren Lehrwerken. Gegenüber Lehrmaterialien von Unternehmen bin ich persönlich eher skeptisch – altruistische Motive haben diese ja in der Regel nicht ...
Es gibt eine kaum überschaubare Vielzahl an Printmedien wie Schülerbuch, Lehrerhandreichung, Arbeitsheft, Nachschlagewerke, Lernhilfen und Übungshefte, die die Lernenden in Eigenregie einsetzen, Klassenarbeitstrainer, Vorschläge für die Leistungsmessung...
Zunehmend bieten wir auch digitale Medien an wie Apps, einen digitalen Unterrichtsmanager (d.h. ein PDF des Schülerbuchs, von dem aus verschiedene Begleitmedien wie Arbeitshefte, Audios, Videos angesteuert werden können). Seit neuestem gibt es für verschiedene Fächer auch ein komplett digitales Schulbuch, das mBook.
Lehrwerke spiegeln ja immer die Gesellschaft wider, in der sie verwendet werden; eine wirklich fundamentale Veränderung kann ich da innerhalb der letzten 15 Jahre nicht feststellen. Aber natürlich verändern sich die Themen, die in Lehrwerken behandelt werden. Sie spiegeln ja zu einem Teil die Themen, die in der Gesellschaft diskutiert werden. Aus meiner Sicht sind es vor allem die Methoden, die sich während meiner Zeit als Schulbuchredakteurin verändert haben: weg von Lernzielen, hin zu Kompetenzen.
Ein Unterrichtsmaterial, das es Lehrkräften leicht macht, einen motivierenden, methodisch wie sachlich angemessenen, erfolgreichen Unterricht zu machen.
Auch wenn ich schon zig Schülerbücher, Handreichungen, Themenhefte betreut habe, ist jedes Material wieder neu. Ich komme mit vielen unterschiedlichen Sachthemen in Verbindung und muss mich in sie eindenken. Mir macht vor allem die Zusammenarbeit mit AutorInnen Spaß: Wenn ich Mängel oder Lücken in einem Manuskript entdecke und dann mit Autor/Autorin an einer Verbesserung feile, wenn eine Idee durch das Zutun von Autorin wie Redakteurin zu einer funktionierenden Aufgabe reift, ist das ein wunderschöner kreativer Prozess!
Wenn Sie sich für das Berufsfeld interessieren, versuchen Sie, Praxiserfahrung zu sammeln.