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Passiflora helleri
Photo: M. Burkart
Passiflora helleri

Täuschen und Vergiften

Pflanze des Monats Februar 2013

Hellers Passionsblume

Der Botanische Garten meldet ein besonderes Ereignis: Hellers Passionsblume (Passiflora helleri) blüht. Die hübschen weißen Blüten besitzen den typischen Bau aller Arten dieser Gattung (siehe „Pflanze des Monats“ vom 7.7.2010), die mit über 500 Arten hauptsächlich in den neuweltlichen Tropen verbreitet ist. Bei Hellers Passionsblume verströmen sie einen angenehmen, honigartigen Duft. Wir sind durchaus ein wenig stolz auf das Ereignis, denn die Art gilt als sehr blühfaul, in Kultur ebenso wie in ihrer mittelamerikanischen Heimat.

Passionsblumen sind giftig, mit Ausnahme der essbaren Früchte mancher Arten, z.B. der Maracujas. Sie enthalten Blausäure-Zucker-Verbindungen, besonders in den jungen Blättern. Die Maracujafalter (Gattung Heliconius) gehören zu den wenigen Tieren, die mit dem Gift umgehen können. Körpereigene Enzyme der Raupen dieser Schmetterlinge spalten die Giftstoffe und können in der Raupe eigene, ebenfalls blausäurehaltige Gifte aufbauen, die ihrerseits die Tiere vorm Gefressenwerden schützen. Dies trifft selbst noch auf die Falter zu. Sie sind oft auffällig bunt und warnen damit potenzielle Fressfeinde vor dem Gift, das sie von der Raupe „geerbt“ haben.
Die Passionsblumen ihrerseits schützen sich mit raffinierten Tricks, bei denen Täuschung und Ausnutzen der Schwächen des Gegners eine große Rolle spielen. Die kannibalistischen Raupen vieler der Falterarten sind auf nur eine einzige Passionsblumenart spezialisiert. Auf einem zarten jungen Blatt geschlüpft, frisst die Raupe zuerst alle noch ungeschlüpften Artgenossen und erst danach das Blatt, ihre eigentliche Nahrung. Neben der Artidentität der Futterpflanze, die sie mit ihrem vorderen Beinpaar erschnuppern, prüfen die Schmetterlingsweibchen daher sorgfältig auch das Vorhandensein anderer Eigelege. Bei Belegung suchen sie zum Wohle ihres Nachwuchses lieber ein anderes, noch unbelegtes Blatt. Drei Arten dieser Schmetterlinge sind übrigens derzeit in der Potsdamer Biosphäre zu sehen.

Auf das genannte Vermeidungsverhalten der Schmetterlinge zielen bestimmte Eigenschaften der Pflanze, nämlich Eiattrappen. Sie sind als Reihen heller Punkte auf den Blättern von Hellers Passionsblume zu sehen. Andere Arten besitzen am Blattstiel hellgelbe, längliche Drüsen, die einem Schmetterlingsei täuschend ähnlich sehen. Bei solchen Arten wurde die Abwehrfunktion der Attrappen, ein Fall von Mimikry, experimentell eindeutig nachgewiesen.
Auch die Eiattrappen bei Hellers Passionsblume sind Drüsen. An der Blattunterseite scheiden sie Nektar aus, der Ameisen anlockt. Diese bekämpfen ihrerseits die Raupen - obwohl diese auch für die Ameisen giftig sind, verteidigen sie so ihre „Nektarweide“.
Wir wissen leider nicht genau, was unsere Passionsblume zum Blühen brachte. Vielleicht einfach Glück. Vielleicht hat aber auch eine Trockenzeit das Blühen angeregt. Über die Adventszeit fuhr im Beet der Pflanze nämlich eine Elektrische Eisenbahn, die bei Strafe des Kurzschlusses jegliches Gießen verbot. So könnte sogar eine Elektrische Eisenbahn für die Botanik noch Gutes bewirkt haben.

Passiflora helleri
Photo: M. Burkart
Passiflora helleri