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Bin ich Populist? – Politikwissenschaftler Philipp Thomeczek entwickelt Schnelltest zur Selbstüberprüfung

Wie populistisch bin ich? Dieser Frage können Interessierte ab sofort mit dem „Populismus-Test“ nachgehen. Der Test wurde von Dr. J. Philipp Thomeczek, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Vergleichende Politikwissenschaften der Universität Potsdam, entwickelt, der seit vielen Jahren zum Thema Populismus forscht. Bereits im letzten Jahr hatte Dr. Thomeczek den „BSW-O-Maten“ und „Euro-Party-Check“ zur Europawahl entwickelt, in diesem Jahr folgte das Tool „Party-Check“ zur Bundestagswahl. Der Populismus-Test besteht aus 17 Fragen und gibt Auskunft darüber, wie sehr wir populistischen Aussagen zustimmen. Er ist ab sofort unter https://politiktest.de/ verfügbar. Matthias Zimmermann sprach mit Dr. J. Philipp Thomeczek über Populisten, jene, die ihnen anhängen und die Frage, wie sich Populismus – etwa mit solchen Tests – erforschen lässt.

Was ist Populismus oder anders: Wer ist Populist?

Populisten verbindet der Glaube an einen starken Gemeinschaftssinn. Das können „die einfachen Leute“ oder „das Volk“ sein, je nach politischer Färbung. Außerdem gehört eine starke Anti-Establishment-Haltung dazu: Populisten sehen „die da oben“ als eine korrupte Klasse an. Hier wird schon ein starkes Schwarz-Weiß-Denken deutlich – für Populisten steht man entweder auf der einen oder anderen Seite. 

Was zeichnet Menschen aus, die populistischen Parteien oder Politiker*innen anhängen?

Populistische Parteien oder Politiker stehen für diese Positionen, für sie ist Populismus ein wesentlicher Teil ihrer Sprache. Sahra Wagenknecht nutzt populistische Sprache sehr häufig, aber auch Alice Weidel oder der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban. Der ehemalige venezolanische Präsident Hugo Chavez oder auch Silvio Berlusconi haben ebenfalls häufig populistisch geredet. Populismus hat also nicht unbedingt etwas mit Links und Rechts zu tun – es gibt Linkspopulismus, Rechtspopulismus, aber auch unideologischen Populismus. Das bedeutet nicht, dass man alle Populisten gleichsetzt. Im Gegenteil: Links- und Rechtspopulisten stehen für grundlegend andere Positionen, beispielsweise in der Sozialpolitik. Aber es gibt eben ein verbindendes Element zwischen ihnen und das ist der Populismus.

Ist es schlimm, Populist zu sein?
Nicht notwendigerweise, aber es kann schwierig sein, mit Populisten Kompromisse zu finden. Koalitionen mit populistischen Parteien sind manchmal weniger stabil, wie wir in den Niederlanden oder vor einigen Jahren in Italien gesehen haben. Aber für manche ist Populismus auch eher eine Strategie und nicht notwendigerweise eine feste ideologische Überzeugung. Das BSW, eine populistische Partei, regiert beispielsweise relativ reibungslos in Brandenburg und Thüringen. Auch die Freien Wähler sind relativ populistisch, koalieren aber seit 2018 mit der CSU in Bayern ohne große Konflikte. Es hängt also davon ab, wie stark die populistischen Überzeugungen sind oder ob es nicht nur eine Strategie ist.

Was weiß die Forschung schon über Populismus in Deutschland?
Ein spannendes Ergebnis ist, dass es tatsächlich deutliche Unterschiede zwischen Ost und West gibt. Menschen in Ostdeutschland stimmen populistischen Aussagen tendenziell eher zu als im Westen. Das erscheint auch logisch, denn viele Ostdeutsche haben die Wiedervereinigung als einen Prozess wahrgenommen, der vom West-Establishment gesteuert wurde, man denke nur an die Treuhand. Eine Konsequenz dessen ist beispielsweise, dass es neue – vor allem populistische – Parteien in Ostdeutschland deutlich leichter haben. Das haben wir bei der AfD gesehen, aber auch letztes Jahr beim BSW.

Sie haben einen Populismus-Test entwickelt. Was testet er?

Mit dem Test kann man herausfinden, wie stark man mit populistischen Aussagen übereinstimmt. Diese Aussagen stammen aus etablierten Populismus-Skalen aus der Forschung. Nachdem man den Test absolviert hat, erhält man ein Ergebnis zwischen 0 und 100 Prozent, das anzeigt, wie populistisch man ist – je höher der Wert, umso „populistischer“ ist man. Wer ein Gesamtergebnis von über 50 Prozent erhält, hat den jeweiligen Populismus-Aussagen mehrheitlich – also zu mehr als 50 Prozent – zugestimmt.

Wofür haben Sie den Test erarbeitet?

Ich habe schon einige Online-Wahlhilfen entwickelt, aber ich denke, dass Wählerinnen und Wähler auch außerhalb von Wahlen sich gerne mit politischen Themen befassen wollen. Daher hatte ich im letzten Jahr beispielsweise den BSW-O-Maten entwickelt, der über 50.000-mal genutzt wurde. Mit dem Populismus-Test kann man sich auf zugängliche Art und Weise mit der Frage beschäftigen, was eigentlich Populismus ist. Mir war dabei wichtig, dass er eng an die Forschung angebunden ist – ich wollte mir keine neuen Dinge ausdenken, sondern das vermitteln, was die Populismus-Forschung schon herausgefunden hat.

Was machen Sie mit den Ergebnissen?

Wer möchte, kann nach dem Test zusätzliche Angaben machen – oder aber man löscht alle Eingaben wieder. Mit dieser freiwilligen Datenspende kann ich dann forschen. Eine Frage, die mich beispielsweise interessiert, ist der Zusammenhang zwischen Populismus und Ideologie, was Links- und Rechtspopulisten genau verbindet und wo sie vielleicht anderer Meinung sind.
 

Zum Populismus-Test: https://politiktest.de/
Weitere Informationen zur Arbeit von Dr. J. Philipp Thomeczek:https://www.uni-potsdam.de/de/vergleichende-politikwissenschaft/team/dr-jan-philipp-thomeczek