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Sporttherapie bei Depression – Studienprogramm der Universität Potsdam wird erstmalig für die Regelversorgung empfohlen

Eine Gruppe von Sportlerinnen und Sportlern lehnt auf einem Gymnastikball
Photo : AdobeStock/contrastwerkstatt
Sporttherapie kann bei psychischen Erkrankungen helfen.

Für Menschen, die an einer leichten oder mittelschweren Depression leiden, gibt es künftig eine weitere Behandlungsoption. Der Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) hat als Alternative zu einer alleinigen Psychotherapie auch eine Sporttherapie mit Begleitung durch Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten empfohlen. Grundlage dafür sind die Ergebnisse des vom Innovationsausschuss geförderten Projekts STEP.De, das von einer Forschungsgruppe an der Universität Potsdam geleitet wurde. In der Projektstudie konnte gezeigt werden, dass bei einer leichten oder mittelschweren Depression die Psychotherapie durch eine Sporttherapie wirkungsvoll ergänzt und überwiegend sogar ersetzt werden kann. Der G-BA hat nun zwölf Monate Zeit, die Details des neuen Behandlungsansatzes als reguläre Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu definieren. Schon jetzt sorgt ein Team um den Potsdamer Sport- und Gesundheitswissenschaftler Dr. Andreas Heißel dafür, dass die STEP-Sporttherapie als Behandlungsangebot verfügbar ist und großflächig etabliert wird.

Schätzungen zufolge sind allein in Deutschland mehr als fünf Millionen Menschen von Depressionen betroffen – und die Zahlen steigen weiter. Doch auf eine Psychotherapie muss man in der Regel monatelang warten, außerdem bietet sie nicht für jede Person die geeignete Behandlung. Um das zu ändern, haben die Studienleiter Prof. Dr. Michael Rapp und Dr. Andreas Heißel von der Universität Potsdam gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eines Konsortiums aus Krankenkassen und Forschungseinrichtungen untersucht, inwieweit diese Versorgungslücke mithilfe von Sporttherapie geschlossen werden kann. Der Vorteil: Sporttherapie und Gesundheitssport sind schnell und niedrigschwellig verfügbar. Was bislang fehlte, war der Nachweis eines in der Versorgung erprobten Sporttherapie-Programms. Deshalb haben die Forschenden eine Untersuchung zu „Sport-/Bewegungstherapie bei Depression“, kurz STEP.De, auf den Weg gebracht: Fast 400 Patientinnen und Patienten haben dabei zur Behandlung einer leichten bis mittleren Depression entweder Sport- oder Psychotherapie erhalten. Wichtig war: Auch die Sporttherapiegruppe wurde von Psychotherapeutinnen oder Psychotherapeuten begleitet.

Das Ergebnis war sehr deutlich, wie Andreas Heißel zusammenfasst: „Beide Therapien haben sich als hochwirksam erwiesen – und als durchaus ebenbürtig, auch sechs Monate später. Überrascht hat uns, dass von denen, die eine Sporttherapie durchliefen, anschließend nur noch etwa 20 Prozent eine Psychotherapie begannen.“ Im Umkehrschluss mussten 80 Prozent der Patientinnen und Patienten nach den vier Monaten Sporttherapie nicht weiter behandelt werden, während die Psychotherapie in den meisten Fällen weiterlief.

Der Vorsitzende des Innovationsausschusses und zugleich unparteiischer Vorsitzender des G-BA Prof. Josef Hecken sagte: „Die Ergebnisse der STEP.De-Projektstudie sind so überzeugend, dass wir uns als Innovationsausschuss ganz klar für einen Transfer in die Regelversorgung aussprechen.“

Der Innovationsausschuss hat beim Projekt STEP.De erstmals festgestellt, dass der G-BA für die Überführung der Ergebnisse in die Regelversorgung der gesetzlichen Krankenversicherung zuständig ist. Mit dieser Entscheidung geht er nochmals über die bisher beschlossenen Empfehlungen an den G-BA, eine Berücksichtigung zu prüfen, hinaus. Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben ist der G-BA nunmehr verpflichtet, die erfolgreich erprobte neue Versorgungsform innerhalb von zwölf Monaten durch die Anpassung der einschlägigen Richtlinien in die Regelversorgung aufzunehmen.

Andreas Heißel und sein Team haben bereits kurz nach Abschluss der STEP.De-Studie damit begonnen, die wirksame Behandlungsmethode zu etablieren. Mit Unterstützung von Potsdam Transfer, der zentralen wissenschaftlichen Einrichtung für Gründung, Innovation und Wissens- und Technologietransfer der Universität Potsdam, gründete Heißel das Zentrum für emotionale Gesundheit Deutschland (ZEGD). Die Firma verknüpft die Akteure der Gesundheitsversorgung miteinander, sichert die Qualität des Programms, und bietet die eigens für die Studie entwickelte Weiterbildung für Sport- und Psychotherapeuten im Umgang mit Menschen mit psychischen Erkrankungen inzwischen als Online-Zertifikatslehrgang an.

Kontakt:
Dr. Andreas Heißel, Professur für Sozial- und Präventivmedizin
Tel.: 0331 977-4049
E-Mail: andreas.heisseluni-potsdamde

Medieninformation 21-09-2023 / Nr. 096