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Die Zukunft der Universität – Utopien von Studierenden und Beschäftigten

Angelika von Pressentin (o.), Rebecca Lazarides (r.) und Frederic Matthé (u.) entwerfen Utopien für die Universität Potsdam.
Was Heiko Christians (o.), Dr. Stefan Lindow (r.) und Winnie-Karen Giera (u.) über die Zukunft der UP denken.
Photo : Tobias Hopfgarten / Kevin Ryl / Thomas Roese
Angelika von Pressentin (o.), Rebecca Lazarides (r.) und Frederic Matthé (u.) entwerfen Utopien für die Universität Potsdam.
Photo : K.Fritze / Fern Universität in Hagen, Hardy Welsch / Thomas Roese
Was Heiko Christians (o.), Dr. Stefan Lindow (r.) und Winnie-Karen Giera (u.) über die Zukunft der UP denken.

Rasanter Wandel von Umwelt, Technologie und Gesellschaft

Lernen wird stärker selbstgeleitet sein. Zunehmende Komplexität und immer schnellere Veränderungen in Umwelt und Gesellschaft erfordern von Absolvent:innen eine ständige Verarbeitung von neuen Erkenntnissen. In Zukunft werden wir die Studierenden mit Hilfe von aktiven Unterrichtsmodellen gezielter darin ausbilden, eigenständig zu lernen.

Die Universität als Ort des offenen und respektvollen Diskurses wird für die demokratische Gesellschaft noch wichtiger sein. Der rasante Wandel von Umwelt, Technologie und Gesellschaft macht vielen Angst. Wir als Wissenschaffende werden uns mehr der Verantwortung stellen, wissenschaftliche Erkenntnisse allgemeinverständlich zu kommunizieren, um die Verbreitung von Falschinformationen zu erschweren. Wissenschaft wird viel stärker in Teams stattfinden, nicht zuletzt, um die komplexen Probleme unserer Zeit lösen zu können. Die noch junge Universität Potsdam mit ihren flachen Strukturen ist auf diese Art der Forschung besser vorbereitet als viele andere. Hier muss Potsdam ein Vorreiter sein.

Karoline Wiesner, Professorin für Komplexitätswissenschaft, und Thorsten Wagener, Humboldt-Professor für Analyse hydrologischer Systeme

Mehr Praxis im Lehramtsstudium

Wenn ich Lehramtsstudierende frage, was ihnen im Studium am meisten fehlt, höre ich oft ähnliche Antworten, die sich um ein Thema drehen: Einblicke in die Praxis. Vor allem im Bachelorstudium eignet man sich eine bunte Mischung aus Fachinhalten an und geht am Ende häufig mit der Frage aus der Lehrveranstaltung: Wie genau wende ich das jetzt im Unterricht an? Und wenn man nicht schon früh neben dem Studium als Vertretungslehrkraft arbeitet, lernt man einen richtigen Schulalltag leider auch erst im Praxissemester am Ende des Masterstudiums kennen. Und damit gehört Potsdam deutschlandweit sogar zu den Vorreitern. Meiner Meinung nach ist zukünftig eine engere Verknüpfung von Fachwissen und Didaktik wichtig. Den Blick also nicht nur auf das Was, sondern vor allem auf das Wie zu lenken. Darüber hinaus könnte man früher den Schritt in die Schule ermöglichen, bspw. durch längere Praktika im Bachelorstudium oder ein duales Studiensystem. Und zu guter Letzt: den Blick über den Tellerrand nicht vergessen! In einer sich stetig wandelnden Welt ist es wichtig, flexibel und offen zu sein – für neue Themen, Methoden und Schulformen. Das Lehramtsstudium der Zukunft sollte also vor allem eines: den Blick nach vorne wagen, um einen ersten, mutigen Schritt voranzugehen.

Lena Marie Bombowsky studiert Lehramt für die Fächer Deutsch und Lebensgestaltung-Ethik- Religionskunde im Master und engagiert sich im Fakultätsrat der Philosophischen Fakultät

Von unentdeckten Fähigkeiten und einer gesellschaftlichen Meisterleitung

Ich freue mich auf eine Universität, an der sich alle Menschen so annehmen und akzeptieren, wie sie sind. Wie wäre es, wenn jeder Mensch die Chance hätte, seine Fähigkeiten zu entdecken und diese nach eigenem Ermessen in die Gesellschaft einzubringen? Und wie würde das Miteinander aussehen, wenn Menschen urteilsfreier aufeinander zugehen und sich aufrichtig für den jeweils anderen interessieren, um gemeinsam Lösungen zu erarbeiten, von denen jede:r etwas hat? Ich bin fest davon überzeugt, dass Inklusion ein tiefer Wunsch unserer Gesellschaft ist. Wir alle haben den Traum, unseren Platz zu finden, unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft, Behinderung oder Schulbildung. In meinem Kopf existiert er deshalb schon, der barrierefreie Campus, über den wir nicht mehr nachdenken müssen, weil er schon in unser aller Alltag übergegangen ist. Da sehe ich nicht nur Rampen und Fahrstühle an Stelle von Treppen und Stufen, sondern auch jede Menge höhenverstellbare Schreibtische, gemütliche und großzügige Lern und Rückzugsorte, Labore mit Rollstuhlarbeitsplätzen, vollkommen barrierefreie Bahnhöfe und Verkehrsmittel, die unsere Standorte noch besser verbinden, mit Farbe und Reliefschriften gekennzeichnete Flure, 3DLagepläne, einen Internetauftritt, den jede:r nutzen kann, sowie Sport und Bewegungsangebote in barrierefreien Sportstätten. Wenn ausländische Studierende deutsche Formulare in leichter Sprache verstehen, wenn Menschen mit Kind ihr Studium in der Regelstudienzeit beenden, wenn Rollstuhlfahrer:innen in jedem Gebäude die Toilette nutzen können, wenn die sehbeeinträchtigte Kollegin aus der Verwaltung bis zur Rente mit Spaß und Freude arbeitet, wenn auch Doktorand:innen mit AD(H)S oder Autismus erfolgreich und mit Leichtigkeit zum Abschluss geführt werden können, dann bin ich an der Universität Potsdam zurück in der Zukunft!

Annette de Guzmán Guzmán, Beauftragte für Mitarbeiter*innen mit Beeinträchtigungen und chronischen Erkrankungen

Die Uni der Zukunft? – Mehr Flexibilität & Teilhabe!

Wenn ich an die Universität Potsdam der Zukunft denke, stelle ich mir offene Räume für den Gedankenaustausch vor – Gäste aus der Schulpraxis, Wirtschaft, Politik und Kultur sind jederzeit willkommen und sorgen für einen anregenden und vielfältigen Wissenschaftsdiskurs. Studierende wählen nach zeitlichem Ermessen das Kursangebot, welches ohne Hürden (Leistungspunkte/Credit Points) im individuellen Studienverlauf gewählt werden kann. Die klassische Vorlesung gibt es nur noch in Form von digitalisierten Impulsvorträgen via Podcasts oder Vlogs, denn nur so könnten Vorlesungen auch wiederholt im eigenem Tempo für alle Hörenden inklusiv genutzt werden. Webinare ergänzen ein flexibles Seminarportfolio aus wöchentlichen Präsenzveranstaltungen, Blended-Learning-Formaten, Exkursionen und Praktika. Universitätsgäste könnten sich jeden Universitätskurs als Fortbildung anrechnen lassen. Auch für die Schüler:innen gäbe es noch mehr Angebote: So könnten diese ab der Oberstufe zwischen einem schulischen oder universitären Kurs wählen, auch eine Symbiose beider Formate wäre denkbar. Die Kursanmeldungen wären digital für alle Nutzer:innen einfach gestaltet. Ferner gäbe es für das Studium keinen Numerus Clausus mehr, sodass nicht sozialer Erfolg, sondern Leistung, Interesse und Motivation über den Zugang zum Studium entscheiden würden. Vom ersten Semester an wählen die Studierenden jeweils pro Studienjahr einen Praxisbetrieb bzw. eine kooperierende Universitätsschule, in der sie einerseits ihre sehr früh integrierten Praktika absolvieren sowie fakultativ auch neben dem Studium arbeiten könnten. So würden ein Praxis- und Wissenstransfer gelingen und Abbruchquoten verringert. Das Schreiben von Klausuren wäre jederzeit möglich; Prüfungen können in zentralen Universitätsräumen von Montag bis Sonntag jederzeit abgelegt werden. Räume der Öffentlichkeit würden somit auch am Wochenende genutzt werden. Verfügen die Teilnehmenden über eine angemessene Menge an Credit Points, können sie sich für die Abschlussarbeit anmelden. Dafür gibt es keine terminlichen Schranken. Jede:r entscheidet, wann die Arbeit geschrieben wird und reicht dann diese zur Begutachtung ein. Coaches der universitären Schreibberatung und an jedem Institut begleiten den Schreibprozess in (digitalen) Räumen der Bibliotheken ganzheitlich. Die Flexibilität der Kursangebote und Streckung der Universitätstage beugen Raumengpässen vor und ermöglichen es, dass Studierende und Gäste am akademischen Angebot partizipieren. Studierende, Schüler:innen, Arbeitnehmer:innen, Unternehmer:innen und Senior:innen  gestalten gemeinsam eine Universität der Vielfalt und Teilhabe. Aus Ideen könnten Ziele werden.

Winnie-Karen Giera, Professorin für Deutschdidaktik im inklusiven Kontext, Förderschwerpunkt Sprache und Kommunikation, Sekundarstufe I

Lernen effektiv gestalten

Ich stelle mir eine Universität vor, an der international vernetzt und fächerübergreifend auf exzellentem Niveau geforscht wird. Dabei sind starke Bezüge zur Praxis wichtig, etwa mit Transferprojekten in Forschung und Lehre. Als Schulpädagogin wünsche ich mir für die Zukunft (auch weiterhin) eine starke, forschungsorientierte Lehrkräftebildung, die sich kritisch mit Fragen zu Schule und Gesellschaft auseinandersetzt und Spaß am Unterrichten vermittelt. Angesichts vieler evidenzfreier Annahmen über lernförderlichen Unterricht hoffe ich, dass wir nach wie vor dazu beitragen, dass Lehramtsstudierende datenbasiertes Wissen in Schulen einbringen, um Lernen effektiv zu gestalten. Ich wünsche mir, dass Lehramtsstudierende in Projekten wie Universitäts- und Campusschulen auch künftig in geschütztem Rahmen Neues wagen können – beispielsweise den Einsatz Künstlicher Intelligenz im Unterricht.

Rebecca Lazarides, Professorin für Schulpädagogik

Auf dem Campus

Es gibt eine bestuhlte Kiesfläche und im Sommer einen guten italienischen Espresso. WissenschaftlerInnen und Studierende sitzen dort zusammen und unterhalten sich.

Heiko Christians, Professor für Medienkulturgeschichte

Glocal Learning for Future

Ich stelle mir vor, im Jahr 2035 Student zu sein. Ich habe einen B.A. in Erziehungs- und Geowissenschaften und studiere im Master Global Earth and Social Sciences hier in Potsdam. Einige Module habe ich in Paris, Cagliari und Brno belegt. Umfassende Digitalisierung und der offene europäische Hochschulraum machen es möglich. In vielen meiner Kurse habe ich auch schon mit Studierenden aus den Amerikas, Afrika oder Asien gelernt. Oft sind Organisationen und Unternehmen aus Partnerländern dabei und bringen ihre konkreten Erfahrungen und Herausforderungen mit ein. Interdisziplinäre Projektarbeit und die Entwicklung von Lösungen realer, lokaler wie globaler Probleme sind in vielen Fächern das Standard-Kursformat. Vorlesungen belege ich digital, oft on demand. Ich nutze aber zusätzlich begleitende Angebote von Lehrenden und Peers. Ich bin sicher, dass die internationale, interdisziplinäre und interkulturelle Ausrichtung meines Studienprogramms und die vielfältigen digitalen Optionen mich bestens auf meine Zukunft vorbereiten werden.

Frederic Matthé, COIL-Koordinator, Zentrum für Qualitätsentwicklung in Lehre und Studium

Meine praktische Utopie für KI in der Wissenschaft ist konkret

Wird die Bedeutung Künstlicher Intelligenz (KI) so groß wie gerade diskutiert, steht die Forschung vor goldenen Jahren der Erkenntnis. Diese werden größer sein und in Bereiche vordringen, die bisher kaum erreichbar schienen. Meine konkrete Utopie ist praktisch: In zehn Jahren wird die Universität Potsdam das Potenzial der künstlichen Intelligenz in allen Disziplinen für ihre jeweiligen Fragen und Aufgaben ausgeschöpft haben. Denn dann können wir uns ganz praktisch fragen: Helfen neuronale Netze unserer jüdischen Theologie ebenso wie unserer Astrophysik? Was ermöglichen die in Potsdam entwickelten Methoden der symbolischen KI anderen Bereichen wie etwa Pädagogik oder Jura? Klar ist schon jetzt, dass statistische Methoden, digitalisierte Datenverarbeitung und Deep Learning manche Forschungsfragen gar nicht beantworten können. KI-Anwendungen verstärken vielmehr den Bedarf an Fachwissen und Methodenkompetenz und bedeuten auch für die Wissenschaft eine Neukonfiguration der Aufgabenteilung zwischen Mensch und Maschine. Wir werden diese produktiv machen.

Der Hype der letzten Jahre um künstliche Intelligenz wird uns etwas peinlich sein, doch wird er uns von Utopien und Dystopien befreien. Lange war es utopisch von künstlicher Intelligenz zu sprechen, doch schon jetzt wirkt sie in Kultur, Industrie und Gesellschaft und erzeugt konkrete Folgen, für die wir praktische Lösungen finden müssen. Wir werden uns also von den allgemeinen Vorstellungen lösen, die bisher über Wissen und Verständnis vorherrschen. Ich möchte allen ins Gedächtnis rufen, dass KI weder künstlich noch intelligent ist, sondern eine enorm leistungsfähige Maschine zur automatisierten Entscheidungsfindung. KI-Anwendungen können sinnhaft oder sinnlos betrieben, sowohl gebraucht als auch missbraucht werden. Es sollte in unserer Hand liegen, ihre Zwecke und Einsatzorte zu bestimmen. Was KI-Technik für uns leistet, entscheiden wir organisatorisch durch die Festlegung von Zuständigkeiten, wirtschaftlich durch realisierte Geschäftsmodelle wie beispielsweise von Fremium-Abomodellen oder indirekter Bezahlung über Datentracking, politisch durch die Festschreibung von erlaubten und verbotenen Anwendungen sowie die Definition von Kontrollmechanismen. In zehn Jahren werden wir in der Lage sein, reflektiert mit KI-Anwendungen umzugehen, ihren Beitrag optimal einzusetzen und unsere individuelle, organisatorische und gesellschaftliche Autonomie zu bewahren.

An der UP werden wir ein System gefunden haben, ein ausreichend tiefes Verständnis der Technologie in die Breite der Universität zu tragen. Vielleicht folgt dem KI-Servicezentrum am HPI und dem Weiterbildungsprogramm für „Data Science und KI“ an der Potsdam Graduate School bald ein KI-Kompetenzzentrum. Dem UP-internen KI-Assistenzsystem zur Studiengangsoptimierung, welches sich derzeit in Entwicklung befindet, werden bestenfalls weitere Anwendungen folgen. Wichtig ist, dass wir einerseits über den Weg des interdisziplinären Methodentransfers brauchbare vom unbrauchbaren Anwendungen unterscheiden lernen und andererseits einen Reflexionsraum für die Folgen technologischer Neuerungen wie chatGPT, Dall-E und ähnliches schaffen. Es ist an der Zeit, dass wir uns von Utopien und Dystopien verabschieden und die realen Möglichkeiten dieser Computerprogramme erkennen.

Dr. Stefan Lindow, Potsdam Graduate School

Studieren ohne Probleme

„Die Studienzeit ist die schönste Zeit des Lebens“. So hört man es von allen Seiten. Doch für viele Studierende gilt dieser Spruch nicht: Prüfungsangst, Einsamkeit und Versagensängste gehören genauso zum Alltag wie Probleme mit der Finanzierung des Studiums und die verzweifelte Suche nach einer Wohnung. Komplizierte Campusmanagementsysteme, verbesserungsfähige Zulassungsverfahren und unflexible Studienordnungen erschweren das Studium. Zeit für Familie und Freunde bleibt in den heißen Phasen des Studiums kaum. Meine Utopie besteht in der Bewältigung dieser Probleme: Wir brauchen elternunabhängiges BAföG, eine lebendige Studierendenschaft, Gemeinschaftsräume in Wohnheimen, die Möglichkeit, sich durch Zusatzleistungen außerhalb des Faches weiterzubilden, eine Anpassung der Regelstudienzeit, mehr studentischen Wohnungsbau, Prüfungsformen, die zu Lernzielen passen, eine geringere Prüfungslast, vielleicht ein Trimester-Modell zur Abschaffung von Stressspitzen ... Lasst uns gemeinsam dafür einsetzen und unsere Universität gestalten!

Sönke Beier, studiert Physik im Master und ist Wissenschaftliche Hilfskraft an der Professur für Biologische Physik

Nicht nur virtuell

Stell Dir vor, es ist Uni und keiner geht hin. Alle Kurse sind online, jederzeit von jedem abrufbar. Heute Lineare Algebra in Stanford, morgen Organische Chemie am MIT. Super! ... Aber irgendwie ist es auch nicht das, was ich von der Universität der Zukunft erhoffe. Natürlich sollten wir die Chancen der Digitalisierung an den Universitäten nutzen und weiterentwickeln. Durch digitales Lehren und Lernen überwinden wir Grenzen und gewinnen neue Freiheiten. Gleichzeitig sollte die Universität aber ein Ort sein, an dem wir uns nicht nur virtuell, sondern auch physisch aufhalten. Wo wir miteinander diskutieren, streiten, uns gegenseitig inspirieren und weiterbringen – ein Ort, an dem man neue Menschen kennenlernt und Freundschaften fürs Leben knüpft. So habe ich als Student die Uni erlebt, und so wünsche ich sie mir auch für die Studierenden von heute und morgen.

Dr. Wolfgang Schwanghart, Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der AG Bodenkunde und Geomorphologie

Klimaschutz und Nachhaltigkeit

Die Universität der Zukunft ist für mich klimagerecht und auch nachhaltig. Das bedeutet, dass sie die technischen Voraussetzungen für einen möglichst ressourcenschonenden Betrieb schafft. Außerdem ist allen Universitätsmitgliedern bewusst, wie wichtig Klima und Nachhaltigkeit sind. Alle gehen bei den täglichen Tätigkeiten sparsam mit Energie und Ressourcen um und bringen regelmäßig Ideen zu neuen Maßnahmen im Hochschulbetrieb ein. Bei der Umsetzung gibt es tatkräftige Unterstützung aus allen Bereichen.

Die exzellente Lehre und Forschung im Bereich Klima und Nachhaltigkeit kann stets durch positive Beispiele im eigenen Universitätsbetrieb unterstützt und veranschaulicht werden. Es gibt interdisziplinäre Ringvorlesungen und Summer Schools zum Thema, die für alle Studierenden anrechenbar sind. Außerdem bearbeiten die Studierenden aller Disziplinen die Themen als Teil verpflichtender Module. Die Universität gleicht nicht vermeidbare Emissionen durch die Renaturierung von Mooren und Wäldern aus – und begleitet sie durch eigene Forschungsprojekte. Die Hochschule ist dank dieser Investition in natürliche Kohlenstoffsenken nicht nur klimaneutral, sondern klimapositiv.
Viel wichtiger ist aber, dass die an der Universität entstehenden Treibhausgase von vorneherein möglichst gering sind. Die Hochschule bezieht nach wie vor ausschließlich zertifizierten Ökostrom mit einer Neuanlagenquote. Der Anteil selbst produzierten Stroms ist durch Solarmodule auf allen neuen Neubauten und vielen Gebäuden aus dem Altbestand sehr hoch. Außerdem kommt Wärmeenergie vielerorts besonders nachhaltig aus Wärmepumpen. Die Abwärme aus den Rechenzentren wird ebenfalls genutzt. Bei Bau und Sanierung der Gebäude achten die Verantwortlichen auf die höchste Energieeffizienz sowie materialsparende Bauweise und verwenden vorzugsweise nachhaltige Baumaterialien wie FSC-zertifiziertes Holz.

Die drei großen Uni-Standorte sind unter Berücksichtigung der ökologischen wie der sozialen Nachhaltigkeit gestaltet. Es gibt Platz für selbstbestimmtes Lernen und Arbeiten in Innen- sowie Außenbereichen durch unterschiedliche gestaltete Sitzmöglichkeiten. Langgraswiesen zur Erhöhung der Biodiversität wechseln sich mit Grünflächen ab, die die Universitätsangehörigen für den täglichen Aufenthalt sowie besondere Veranstaltungen nutzen. Wo möglich und sinnvoll, sind an Gebäuden und anderen Strukturen Nistmöglichkeiten für verschiedene Tierarten angebracht. Es gibt Dach- und Fassadenbegrünungen, die sowohl dem Mikroklima als auch der Biodiversität zuträglich sind.

Die Aufenthaltsqualität auf den Campus ist durch bevorzugten Fuß- und Fahrradverkehr sehr hoch, Stellplätze für PKW existieren nur am Rande der Gelände. Diese sind mit genügend Lademöglichkeiten für PKW wie E-Bikes ausgestattet. Dank guter und kostengünstiger Infrastruktur kommen die meisten Universitätsangehörigen mit Fahrrad, öffentlichen Verkehrsmitteln und zu Fuß zum Campus. Auch bei der Mobilität im Lehr- und Forschungsbereich handeln alle klimabewusst. Die Menschen fahren bei Exkursionen und Dienstreisen mit dem Zug, bei interkontinentalem Austausch priorisieren sie digitale Formate und wählen sonst möglichst nachhaltige Flüge.

Die universitätsinterne Beschaffung folgt standardmäßig hohen Kriterien in den Punkten Treibhausgasbilanz, Ressourcenverbrauch und soziale Produktion. Anschaffungen, auch von IT-Technik, verwenden die Beschäftigten möglichst lange und es wird ausschließlich angeschafft, was gebraucht wird. Es gibt eine interne Börse zum Verleihen und Weitergeben von Geräten und anderen geeigneten Gegenständen. Auch die externe Entsorgung ist im Sinne der Kreislaufwirtschaft organisiert.

Angelika von Pressentin, Klimaschutzmanagement der Uni Potsdam

Ökologisch und digital

An der Universität der Zukunft wird Nachhaltigkeit eine größere Rolle spielen. Die Bemühungen sind auch jetzt schon da, zum Beispiel mit dem Veggie Wednesday in der Mensa. Andere Einrichtungen stellen jedoch noch radikaler um. Ich finde, die Universität sollte hier eine Vorreiterrolle wahrnehmen. Die Seminare, die ich besucht habe, zeigten mir auch, dass der Umgang mit Materialien überdacht werden muss. An der Uni der Zukunft wird viel Papier gespart werden, weil die Lehrenden auf Flipcharts und Kopien verzichten. Die Plattform Moodle, die den digitalen Austausch von Lehrmaterial ermöglicht, wird von allen genutzt. Durch meine Arbeit im Fachschaftsrat Politik und Verwaltung habe ich erfahren, dass die Universität bereits viel Geld in Hybridtechnik investiert und alle Seminarräume mit Bildschirmen ausgestattet hat. Leider haben noch nicht alle Dozierenden deren Nutzen erkannt. Dabei ist es nicht nur Corona, auch andere Krankheiten oder besondere Situationen machen es Studierenden oft schwer, Präsenzveranstaltungen zu besuchen. Für diejenigen, die schon länger nicht in der Uni sein konnten, baut sich viel Druck auf. An der Uni der Zukunft gibt es diesen Druck nicht mehr und alle haben die Möglichkeit, online an Lehrveranstaltungen teilzunehmen.

Hannah Müller, studiert im Bachelor Politik, Verwaltung und Organisation. Aufgeschrieben von Sophie Bartusch

Normalität neu verhandeln

Wer sich eine diskriminierungsfreie Hochschule wünscht, muss wissen, was Diskriminierung bedeutet. Kurz: Es geht um Macht. Und genauer? Um Benachteiligungen aufgrund von persönlichen Merkmalen, und dies ohne sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung. Wichtig ist auch, dass Diskriminierung in den seltensten Fällen mit einem Stempel auf der Stirn auftritt. § 3 Absatz 2 AGG definiert etwa mittelbare Diskriminierung so: „dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien und Verfahren“ sorgen für Benachteiligung. Wo Strukturen Ungleichheitserfahrungen hervorbringen, müssen sie sich ändern. Diese Erkenntnis manifestiert sich für unsere Hochschule in der Existenz des Koordinationsbüros für Chancengleichheit, das tagtäglich an der eigenen Überflüssigkeit arbeitet: auf dem Weg in die Utopie. Das Bild einer Universität Potsdam zu zeichnen, die in rosaroten Wolken materieller Gleichheit schwebt, hilft da nur bedingt. Diskriminierungsfreiheit ist eine Frage der Kommunikationskultur. Sie beginnt mit kritischer Selbstreflexion: Spieglein, Spieglein, wie bin ich sozialisiert? Insbesondere weiße, heterosexuelle, CIS-männliche, nicht von Klassismus betroffene Menschen, ohne chronische Krankheit und/oder Behinderung müssen sich fragen, welche Privilegien ihnen Türen öffnen und welche Selbstverständlichkeiten ihrer Realität gar nicht so selbstverständlich sind. Auf dem Weg ins utopische Morgen müssen Normalität und Neutralität neu verhandelt worden. Die Utopie wird greifbar, wo die Ärmel für jetzige Hochschuldemokratie nicht nur hochgeschoben, sondern umgekrempelt werden. Das gelingt nur zusammen. Echte Hochschuldemokratie gedeiht, wo Wissenshoheiten und eingemauerte Hierarchien bröckeln. Die Universität als utopischer Raum der Gleichberechtigung und des gegenseitigen Respekts wird durch Mitbestimmung wirklich aller dimensioniert: Wo Wissen (wirklich) wächst, da liegt die Saat in Beziehungen konkreter Solidarität.

Katja Schubel, Alumna der Universität Potsdam und ehemalige Mitarbeiterin im Koordinationsbüro für Chancengleichheit

Erfahrungsraum Universität

Während ich hier an meinem Laptop sitze, überlege ich, welche Art von Zukunftsvision ich in diesem Rahmen entwickeln will. Da der Zeithorizont bewusst offengehalten ist (Ist diese zu schildernde Zukunft nächstes Jahr? In 50 Jahren?), versuche ich mich zwischen zwei Varianten zu entscheiden: einer sehr konkreten Vision für die unmittelbare Zukunft (mehr Stellen – nach Lecturer-Modell – im Mittelbau, Stärkung der kleinen Fächer etc.) und einer abstrakteren Idee, die etwas weiter entfernt scheint. Am Ende fällt mir allerdings auf, dass beide Zukunftsvisionen eigentlich gar nicht so unterschiedlich sind: Wenn ich mir etwas wünschen darf, dann ist das eine Universität, die strukturell durch kreative Frei räume gekennzeichnet ist: Freiheit für die Studierenden, ihre Zeit an der Uni nicht nur als Ausbildung im engeren Sinne zu begreifen, sondern als Zeit, um Impulse zu erhalten (und zu geben). Und Freiheit für die Dozierenden, um kreativ mit Forschung und Lehre umgehen zu können und solche Erfahrungsräume zu gestalten.

Dr. phil. Maria Weilandt, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft

Mein Traum von einer gerechten UP

Ich wünsche mir eine Universität der Gleichheit und Demokratie.
Alle Menschen haben die gleichen Chancen, vom Studienbeginn bis zur Professur sowie in Technik und Verwaltung. Herkunft und Geschlecht spielen keine Rolle.
Jeder kommuniziert respektvoll, serviceorientiert und auf Augenhöhe.
Ausstattung und Knowhow für E-Learning und moderne Administration sind vorhanden und werden sinnvoll eingesetzt. Digitale Medien ergänzen dabei den persönlichen Austausch und ersetzen ihn nicht. Mitarbeitende und Studierende kooperieren bei der Optimierung dieses Zusammenspiels.
Zum sorgsamen Umgang mit Ressourcen gehören Studieneingangstests. Das schont die Lebenszeit der Studierenden, die ein für sie unpassendes Fach gewählt haben, und es gibt weniger Abbrecher bzw. Studienwechsler. Zudem stehen dadurch mehr finanzielle Mittel für diejenigen, die ihr Studium abschließen, zur Verfügung. Abgesehen davon hat sich die Bildungspolitik generell geändert und es werden nicht mehr akademische Abschlüsse um jeden Preis verlangt. Ansehen und Einkommen von Akademikern werden – relativ – sinken, wenn die Gesellschaft wirklich verstanden hat, wie wertvoll gute Pflegekräfte, Erzieher und Handwerkerinnen sind.
Es gibt bei den Professuren keine Unterscheidung zwischen W2 und W3 mehr, da ohnehin die gleichen Pflichten mit den Stellen verbunden sind. Natur- und geisteswissenschaftliche Fächer müssen sich bei der Mittelvergabe nicht an gleichen Kriterien messen lassen. Zusätzliche Anträge sind nicht erforderlich, um die Kernaufgaben zu bewältigen. Darüber hinaus gehende Forschungsmittel und Zulagen bleiben aber möglich.
Wir interessieren und engagieren uns für unsere UP. Der Einsatz etwa von Umfrage-Tools ermöglicht es, den zeitlichen Aufwand der Gremienarbeit zu verringern. Gleichzeitig können wir so Entscheidungen auf breiterer Basis fällen, die die Mehrheit dann auch akzeptiert und umsetzt.

Susanne Hähnchen, Professorin für Bürgerliches Recht und Rechtsgeschichte

 

Dieser Text erschien im Universitätsmagazin Portal - Eins 2023 „Zukunft“ (PDF).