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Kira Brück

Kira Brück

arbeitet als freie Journalistin für Magazine und als Textchefin für das Wirtschaftsmagazin "Strive" in Berlin

Was hast du studiert? Wie war dein Bildungsweg?

Erst Abitur in Wiesbaden, dann Studium der Germanistik, Kommunikationswissenschaft und Philosophie an der Universität Bamberg. Danach ging es für zwei Jahre an die Burda Journalistenschule fürs Volontariat.

Was war deine persönliche Motivation für die Studien- und Berufswahl?

Ich wollte schon seit der fünften Klasse Journalistin werden. In Wiesbaden, wo ich aufgewachsen bin, gibt es viele Kurkliniken. Ich bin losgezogen und habe die Kurgäste interviewt: Wie es ihnen hier gefällt, was sie vermissen (sie hätten sich ein nettes Café gewünscht). Es interessiert mich sehr, was Menschen denken, wie sie ihr Leben leben, wie sie mit Schicksalsschlägen umgehen. Diese Neugierde trägt mich heute noch. Manchmal würde ich am liebsten jemanden in der S-Bahn anquatschen und fragen: „Was ist die Geschichte Ihres Lebens?“.

Um ein Volontariat zu bekommen, brauchte man (damals) ein abgeschlossenes Hochschulstudium. Also studierte ich das, was mir am meisten Spaß gemacht hat: etwas Geisteswissenschaftliches. Ich habe das Studium sehr geliebt und hatte meistens noch genügend Zeit, um bei der Studierendenzeitung zu schreiben und zu redigieren.

Wie bist du zu deiner jetzigen Tätigkeit gekommen?

Nach meinem Volontariat und verschiedenen Stationen in großen Verlagen wollte ich wieder mehr schreiben und meinen Alltag selbstbestimmter leben. Darum habe ich mich 2013 dazu entschieden, als freie Journalistin zu arbeiten. Diese Entscheidung habe ich keinen Tag bereut.

 

Das Netzwerk ist später wichtiger als alles andere. Auf der anderen Seite kann man aber auch ohne Volo gut in der Branche Fuß fassen, es ist also kein muss, aber absolut hilfreich.

 

Hat dich dein Studium gut auf deine berufliche Tätigkeit vorbereitet? Was ist deiner Meinung nach das Wichtigste, das du dort für deinen Beruf gelernt hast?

In der Kommunikationwissenschaft hatte ich viele praktische Seminare, in denen wir losgezogen sind und Geschichten gemacht haben. Aber natürlich kann ein Studium die Zeit in einer richtigen Redaktion nicht ersetzen. Insofern war die Studierendenzeitung weitaus prägender. Wir hatten diese grüne Wiese, auf der wir uns ausprobieren konnten. Nicht nur, was das Schreiben und Recherchieren betrifft, sondern auch Themen setzen, Blatt machen, ein Team führen. Vieles von dem, was ich heute kann, habe ich bei der Studizeitung gelernt. Beispielsweise habe ich dort erkannt, dass ich die geborene Textchefin bin.

Du bist unter anderem über die Ausbildung an einer Journalistenschule in den Beruf eingestiegen - ein Weg der, aufgrund der wenigen Plätze, nicht allen Interessierten offensteht. Wie schwer ist es deiner Einschätzung nach, einen solchen Platz zu ergattern? Ist die Ausbildung an einer Journalistenschule deiner Einschätzung nach unbedingt nötig, um im Journalismus Fuß zu fassen?

Aktuell habe ich das Gefühl, dass die Journalistenschulen und Verlage auf der Suche nach guten Volontär:innen sind. Wahrscheinlich liegt es daran, dass der Beruf in letzter Zeit an Attraktivität eingebüßt hat. Insofern würde ich es unbedingt probieren, die Chancen stehen gerade gut, dass man einen Platz bekommt. Ich persönlich finde ein Volontariat gut, weil man da das Handwerk von der Pike auf lernt und viele Leute kennenlernt. Das Netzwerk ist später wichtiger als alles andere. Auf der anderen Seite kann man aber auch ohne Volo gut in der Branche Fuß fassen, es ist also kein muss, aber absolut hilfreich.

Deiner Homepage kann man entnehmen, dass du insbesondere zu Beginn deiner Karriere bei verschiedenen Boulevard- und Lifestyle-Blättern beschäftigt warst. Hast du dich damals bewusst für dieses Ressort entschieden oder war das eher Zufall? Ist es im Karriereverlauf leicht möglich, die Ressorts zu tauschen und z. B. vom Boulevard in den politischen Journalismus zu wechseln oder legt man sich mit den ersten Erfahrungen auf einen Themenbereich fest?

Also, mit Boulevard habe ich gar nichts am Hut. Ich habe zwar die Zweitredaktion meines Volontariats bei Bunte gemacht, seitdem aber nie wieder etwas mit People-Journalismus zu tun gehabt. Ich schreibe über Gesellschaft, Gesundheit und Wirtschaft. Meiner Erfahrung nach muss man sich nicht von vorne herein komplett festlegen. Zum Beispiel habe ich eine Zeit lang viel über digitale Bildung geschrieben, da wurde ich zur richtigen Expertin. Heute ist das gar kein Thema mehr für mich. Sicherlich liegt es nahe, dass man über Atomphysik schreibt, wenn man das als Fach studiert hat. Aber ich als Germanistin bin thematisch eher generalistisch aufgestellt.

Welche drei Sachen hast du auf der Arbeit zuletzt erledigt?

Ein Interview mit einer Expertin ausgemacht, meine Buchhaltung für den letzten Monat erledigt und Texte für das Wirtschaftsmagazin STRIVE redigiert.

Du bist freiberufliche Journalistin und arbeitest zusätzlich auch als Autorin und Seminarleiterin. Wie organisierst du deinen beruflichen Alltag?

Ich habe immer einen groben Plan für die nächsten drei Monate. Also welche Texte ich wann abzugeben habe, an welchen Tagen ich meine Seminare vorbereite. Dann gibt es auch noch Briefing-Calls, Konferenzen und Interviewtermine. Dazwischen muss immer ein bisschen Puffer sein, damit ich es zum Sport schaffe oder falls eines meiner Kinder krank wird (oder ich selbst). So, und dann wird Tag für Tag das abgearbeitet, was in meinem Kalender eingetragen ist. Zum Glück klappt das meistens gut und ich muss nur ab und zu abends den Rechner anschmeißen.

Ist es als Freiberufler*in möglich, vom Journalismus zu leben oder benötigt man ein zweites Standbein?

Es ist auf jeden Fall möglich, dafür bin ich das beste Beispiel. Allerdings muss man schon ein wenig unternehmerisch denken und sich genau überlegen, was die eigene Arbeit wert ist. Und dann gezielt schauen, wie man an Auftraggeber kommt, die gut bezahlen können. Soviel sei gesagt: Tageszeitungen gehören nicht dazu.

Immer wieder hört man von ersten KI generierten Texten. Was denkst du, wie sich die Verbreitung der KI auf die Zukunft des Journalismus auswirken wird?

Texte von echten Menschen werden zukünftig wertvoller werden – und auch als solche gekennzeichnet. Keine:r möchte einen persönlichen Text von einer KI lesen. Sicherlich gibt es Bereiche, in denen der Einsatz von KI auch im Journalismus Sinn macht. Aber wenn es um Einordnung oder persönliche Erfahrungen geht, sind denkende Menschen gefragt. So wird das auch bleiben.

Was würdest du Studierenden raten, die aus anderen Disziplinen, z.B. den Sozial-, Natur- oder Wirtschaftswissenschaften oder auch als Nicht-Deutsch-MuttersprachlerInnen in die deutsche Journalismus-Branche einsteigen wollen?

Man muss die deutsche Sprache schon sehr gut beherrschen, wenn man für deutsche Medien schreiben will. Sonst haben die Textchefs einfach zu viel zu tun – und diese Kapazitäten habe viele Medienhäuser nicht. Aber man kann natürlich sehr gut in Deutschland leben, in der eigenen Muttersprache schreiben und diese Texte an ausländische Redaktionen verkaufen. Mein Bürokollege Andrew Curry kommt aus Kalifornien und schreibt nur auf Englisch. Was etwa Naturwissenschaften oder Jura angeht: Diese Leute sind im Journalismus sogar sehr begehrt, sie haben die besten Voraussetzung, als Fach-Journalist:innen extrem erfolgreich zu sein.

Du arbeitest auch als Ghostwriterin – eine Tätigkeit, die oft im Verborgenen bleibt. Wie hast du es geschafft, Auftraggeber*innen zu finden? Was würdest du Studierenden raten, die in das Ghostwriting einsteigen wollen?

Ich werde von Verlagen angesprochen, ob ich für einen Prominenten ein Buch schreiben möchte. Ehrlich gesagt bin ich da nach meinem ersten Sachbuch „Der Tod kann mich mal!“ einfach so reingerutscht und habe meine Sache dann scheinbar so gut gemacht, dass immer Folgeaufträge reinkamen. Einen richtigen Masterplan, wie man an Ghostwriting-Projekte rankommt, habe ich leider nicht parat.

Könnte man auch nur vom Ghostwriting alleine leben?

Wenn man tatsächlich Lust dazu hat, drei Bücher im Jahr zu schreiben (was zeitlich hinhauen kann), dann könnte man sogar gut davon leben. Dazu braucht es natürlich auch die entsprechend gut bezahlten Aufträge.

 

Mit der Zeit erarbeitet man sich so seine Technik, mit der man sich gut an die Tonalität einer Redaktion anpasst, ohne den eigenen Stil „zu verleugnen“.“

 

Als Journalistin ist die eigene Schreibweise ja wie ein persönlicher Fingerabdruck - Wie schwer fällt es dir, dich in andere Auftraggeber*innen einzufühlen und den richtigen Ton zu treffen?

Weil ich mein Handwerk gut beherrsche, empfinde ich es als ganz leicht. Ich schreibe heute für Zeit Online, morgen für Eltern und übermorgen für Apotheken Umschau. Es ist jedes Mal ein anderer Sound – und doch erkennen Leute, die mich schon lange kennen, dass das mein Text ist. Mit der Zeit erarbeitet man sich so seine Technik, mit der man sich gut an die Tonalität einer Redaktion anpasst, ohne den eigenen Stil „zu verleugnen“.

Was fordert dich an deinen Tätigkeiten heraus?

Viele Freie kennen das blöde Gefühl, von einer Redaktion geghostet zu werden. So etwas passiert hin und wieder auch mir und ich hasse es, dann nachzufragen. Ansonsten ist es immer wieder eine Herausforderung, für eine Redaktion zu schreiben, für die man noch nie geschrieben hat. Es fühlt sich immer wie ein Neuanfang an und man muss den kleinen Imposter auf der Schulter in Schach halten.

Deine Tipps für Berufseinsteiger*innen?

Mir wurde im Studium ständig ausgeredet, Journalistin werden zu wollen. Untergehendes Schiff, die besten Zeiten seien vorbei. Ich wollte aber journalistisch schreiben und basta. Mein Rat lautet also: stur sein und es einfach machen. Praktika sind der beste Weg, um für sich herauszufinden, ob man das wirklich will. Für mich ist es am Ende der wirklich beste Beruf der Welt und ein riesengroßes Privileg, vom Schreiben leben zu können.

 

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