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Kings Dendrobium - Dendrobium kingianum
Foto: M. Burkart
Kings Dendrobium - Dendrobium kingianum

Kings Dendrobium - Dendrobium kingianum

Pflanze des Monats Februar 2012

Von Kängurus und Orchideen

  

Bereits auf ihrer ersten Weltumsegelung besuchten James Cook und seine Mannschaft Australien. Unter den zahlreichen naturkundlichen Proben, die sie 1771 zurück nach England brachten, befanden sich auch zwei große mausgraue Felle einer Tierart, welche von den Ureinwohnern Australiens "Känguru" genannt wurde. So berichtete es zumindest Cook. Dieses Tier erregte viel Aufsehen, vor allem als 18 Jahre danach das erste lebende Exemplar nach England kam. Verwirrend war allerdings, dass spätere Australienreisende dort zwar alle möglichen Sorten von Kängurus antrafen, in keiner einzigen der vielen Ursprachen des Südkontinents jedoch das besagte Wort wiederfanden. Die hüpfenden Beuteltiere hießen immer anders. Selbst als 1820 schließlich eine Expedition die Eingeborenen direkt an der von Cook zuerst angesteuerten Stelle befragte (an der Stelle befindet sich heute die Stadt Cooktown), nannten die ein ganz anderes Wort, "minha". Das Rätsel gibt bis heute Anlass zu Späßen - "Känguru" heißt angeblich "ich verstehe Sie nicht".

Der Expeditionsleiter, der es 1820 so genau wissen wollte, war Kapitän Phillip Parker King. Auf vier Reisen erforschte er eingehend die Küsten Australiens und suchte insbesondere - vergebens - einen Fluss, auf dem man ins Landesinnere hätte segeln können. Später kartierte er die Gewässer an der Südspitze Südamerikas und war dann 10 Jahre in der Verwaltung Australiens tätig.

In dieser Zeit Mitte des 19. Jahrhunderts wurden bereits emsig tropische Orchideen in die neuen, geheizten Glashäuser Europas gebracht, wo sie viel Aufmerksamkeit bei Publikum wie Wissenschaft fanden und auch hohe Preise erzielten. Darunter war eine hübsche rosablühende Pflanze aus Australien, die zu Ehren von Kapitän King den Namen Dendrobium kingianum ("Kings Baumbewohner") erhielt. Die Pflanzen wachsen in der Natur meist auf Felsen, daher ihr englischer Name "Pink Rock Orchid" ("Rosa Felsenorchidee"), kultiviert werden sie meist in Holzkörben. Ihre angenehm duftenden Blüten werden von einer australischen Wildbienenart, manchmal auch von Honigbienen bestäubt. Sie kommen an der Ostseite des australischen Kontinents etwa zwischen Sydney und Brisbane vor, also über 1.000 km südlich von der Stelle, wo Cooks Leute zwei Kängurus erlegten und King das Wort nicht wiederfand. Wir sind heute über diese Pflanze exzellent unterrichtet, weil sie in Australien intensiv studiert und schließlich 1995 in einem Buch monografisch behandelt wurde. Daraus geht auch hervor, dass Kings Dendrobium in der Natur zwar immer noch regelmäßig vorkommt, durch unkontrollierte Sammeltätigkeit über mehr als 100 Jahre aber bereits stark dezimiert wurde. Heute ist die Art geschützt.

Das Känguru-Rätsel wurde erst 1971 gelöst, als ein Anthropologe das Guugu Yimithirr erforschte, die Eingeborenen-Sprache aus der Gegend um Cooktown. Es grenzt an ein Wunder, dass ihm das überhaupt gelang, denn diese Sprache stand schon kurz vor dem Aussterben. Wie sich zeigte, war Cook seinerzeit völlig korrekt über den Namen des großen grauen Tiers unterrichtet worden, das in dieser Sprache "gangurru" heißt - aber eben nur diese spezielle Känguru-Art, die in der Gegend nicht besonders häufig ist. "Minha" hingegen heißt allgemein "Fleisch" oder "essbares Tier".

Kings Dendrobium - Dendrobium kingianum
Foto: M. Burkart
Kings Dendrobium - Dendrobium kingianum