Gespiegelte Fassung der elektronischen Zeitschrift auf dem Publikationsserver der Universität Potsdam, Stand: 8. Juni 2010

Inhalt

Teil 1 | Teil 2

Friederike Brinkmeier:

Bericht über die Arbeit des Menschenrechtsausschusses der Vereinten Nationen im Jahre 1999 - Teil II

Inhaltsübersicht

a) Zulässigkeit und Verfahrensfragen

b) Materielle Aussagen des Menschenrechtsausschusses

2. Allgemeine Bemerkungen

3. Sonstige Erörterungen

 

Neben dem Staatenberichtsverfahren ist die Prüfung von Mitteilungen, im folgenden als Individualbeschwerden bezeichnet, die zweite wichtige Säule, um die Einhaltung der Verpflichtungen der Vertragsstaaten aus dem Pakt zu überwachen. Nur diejenigen Vertragsstaaten, die das Fakultativprotokoll1 zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte2 unterzeichnet haben, haben sich auch dem Individualbeschwerdeverfahren unterworfen.3 Der Ausschuß hat danach die Zuständigkeit zur Annahme und Beratung von Mitteilungen einzelner Personen erhalten, die behaupten, Opfer einer Verletzung der im Pakt gewährleisteten Rechte durch einen Vertragsstaat zu sein. Die die Prüfung einer Individualbeschwerde abschließende Entscheidung verfaßt er in ähnlicher Form wie ein Gerichtsurteil. In voller Länge und mit Angabe der Identität von Einzelpersonen und des beklagten Vertragsstaates werden die Entscheidungen im Jahresbericht des Ausschusses veröffentlicht.

Zwar sind die Entscheidungen des Ausschusses über Individualbeschwerden, die sogenannten Views, rechtlich nicht bindend. Sie sind dennoch rechtlich weder bedeutungslos noch wirkungslos. Die Autorität des Ausschusses und die Sorge um das Ansehen in der Staatengemeinschaft veranlassen die beklagten Staaten, sich in vielen Fällen einer Entscheidung zu unterwerfen.4

Die Entscheidungen des Ausschusses sind neben den von ihm verabschiedeten General Comments wichtige Quellen für die Auslegung und Anwendung des Paktes. Den Entscheidungen können auch allgemeine Hinweise für die Erfolgsaussichten möglicher Beschwerden entnommen werden.

In einem Fall führten zahlreiche stattgebende Entscheidungen aber auch dazu, daß ein Staat es vorzog, sich durch Kündigung dem vom Ausschuß ausgehenden politischen Druck zu entziehen. 5

Nach Jamaika hat auch Trinidad und Tobago am 26. Mai 1998 das Fakultativprotokoll gekündigt, erklärte jedoch am gleichen Tag den Wiederbeitritt unter dem Vorbehalt, daß die Zuständigkeit des Menschenrechtsausschusses sich nicht auf die Prüfung von Beschwerden von Todeszellenkandidaten erstreck.6  

Im Jahre 1999 prüfte der Ausschuß insgesamt 65 Individualbeschwerden, allein in der ersten von den insgesamt drei Sessionen befaßte er sich mit 27 Beschwerden.7

Der Ausschuß nimmt bei jeder eingereichten Mitteilung gesondert zu Fragen der Zulässigkeit und Anwendbarkeit des Paktes Stellung. Die entsprechenden Entscheidungen werden als Decisions bezeichnet.8  

Wird eine Beschwerde als unzulässig abgewiesen, so ist die Prüfung durch den Ausschuß endgültig abgeschlossen. Eine zulässige Beschwerde wird in einer der folgenden Sitzungen auf die Begründetheit geprüft. Die Entscheidung über die Begründetheit ergeht als View.9 

Im folgenden sollen einzelne Entscheidungen, die neue Entwicklungen in der Rechtssprechung des Ausschusses aufweisen, in Auszügen wiedergegeben werden:

2.

1. Zulässigkeitsprüfung von Individualbeschwerden 

 


 Der Ausschuß prüfte insgesamt 35 Individualbeschwerden auf ihre Zulässigkeit. 27 davon erklärte er für unzulässig.

Der Ausschuß hat in drei gegen Chile gerichteten Fällen zur Anwendbarkeit des Paktes in zeitlicher Hinsicht Stellung genommen.10 Er wiederholt den allgemeinen Grundsatz, daß Beschwerden ratione temporis gemäß Art. 1 FP unzulässig sind, wenn der Zeitpunkt der den Beschwerden zugrundeliegenden Tatsachen vor dem Beitritt des beklagten Vertragsstaates zum Pakt und zum Fakultativprotokoll liegt. Auf die konkreten Fälle übertragen führt der Ausschuß aus, daß die von den Beschwerdeführern geltend gemachten Todesfälle aus dem Jahre 1975 stammen und damit zeitlich vor Inkrafttreten des Paktes für Chile am 23. März 1976 liegen. Auch die zu den jeweiligen Todesfällen ergangenen höchstrichterlichen nationalen Urteile aus den Jahren nach 1976 sind nicht als neue Tatsachen zu betrachten, welche die Anwendbarkeit des Paktes begründen können.

Eine weitere Beschwerde erklärt der Aus-schuß gemäß Art. 5 Abs. 2 a FP für unzulässig. In der gegen Kroatien gerichteten Beschwerde11 macht die Beschwerdeführerin Unregelmäßigkeiten bei der im Jahre 1991 erfolgten Restitution ihrer vormals enteigneten Eigentumsgegenstände geltend.

Der Ausschuß stellt insoweit fest, daß bereits im Oktober 1998 die Europäische Kommission für Menschenrechte eine Eingabe der Beschwerdeführerin, die sich auf dieselben Tatsachen stützte, geprüft und als unzulässig zurückgewiesen hatte. Nach Art. 5 Abs. 2 a FP ist eine Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen, wenn sie gleichzeitig in einem anderen internationalen Untersuchungs- oder Streitregelungsverfahren geprüft wird. Die Republik Kroatien hat jedoch beim Beitritt zum Fakultativprotokoll einen den Anwendungsbereich des Art. 5 Abs. 2 a erweiternden Vorbehalt mit dem Inhalt angefügt, daß dem Ausschuß auch keine Zuständigkeit für die Prüfung von Mitteilungen zusteht, deren Gegenstand bereits in der Vergangenheit durch ein anderes internationales Untersuchungs- oder Streitregelungsverfahren geprüft worden ist. Auf dieser Grundlage erklärt der Ausschuß die Beschwerde für unzulässig.

Eine weitere gegen die Russische Förderation gerichtete Beschwerde erklärt der Aus-schuß gemäß Art. 2 FP für unzulässig. Der Beschwerdeführer habe nicht ausreichend substantiiert vorgetragen, daß die Inflation oder das Unterlassen des Staates, effektive Maßnahmen gegen Geldentwertung zu ergreifen, eine Verletzung von Paktrechten darstelle, für die die Vertragspartei verantwortlich gemacht werden könne.12

Anläßlich der Prüfung einer Beschwerde gegen Trinidad und Tobago bestätigt der Ausschuß seine bisherige Rechtssprechung zur Todesstrafe.13 Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung von Art. 7 Pakt geltend, weil er 7 Jahre in der Todeszelle verbracht habe. Der Ausschuß nimmt in den Entscheidungsgründen Bezug auf die von ihm entwickelten Grundsätze, daß Verhängung und Vollzug der Todesstrafe allein keine Verletzung des Paktes darstellen. Die Verhängung der Todesstrafe und der Aufenthalt in der Todeszelle sind nur dann paktwidrig, wenn der Beschwerdeführer sich auf zusätzliche zwingende Umstände (compelling conditions) bei der Verhängung und Vollstreckung der Todesstrafe beruft. Diese Umstände können im konkreten Fall einen Verstoß gegen das Folterverbot aus Art. 7 oder der in Art. 14 Pakt niedergelegten Verfahrensregeln begründen.14 Im zu entscheidenden Fall kann der Ausschuß dem Vortrag des Beschwerdeführers keine solchen Umstände entnehmen, weil er sich ausschließlich auf die Zeitdauer der Haft zur Substantiierung seiner Beschwerde beruft. Daher erklärt der Ausschuß die Mitteilung mangels Verletzung einer Paktgewährleistung gemäß Art. 2 FP für unzulässig.15

Der Ausschuß erklärte insgesamt acht Beschwerden für zulässig.

Obwohl Jamaika das Fakultativprotokoll mit Wirkung ab dem 23. Januar 1998 gekündigt hat, erklärt der Ausschuß auch eine gegen Jamaika eingereichte Beschwerde gemäß Art. 12 Abs. 2 FP für zulässig.16 Der Ausschuß führt aus, daß Jamaika beim Beitritt zum Fakultativprotokoll die Entscheidungskompetenz des Ausschusses anerkannt hat.

In Überereinstimmung mit Art. 12 Abs. 2 FP berührt die Kündigung Jamaikas nicht die weitere Anwendung des Fakultativprotokolls auf Mitteilungen, die vor dem Wirksamwerden der Kündigung eingegangen sind. Unter Bezugnahme auf Art. 5 Abs. 4 FP erklärte der Ausschuß, daß das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe 33 Monate nach seiner Verhaftung auf eine Verhandlung gewartet, eine Verletzung von Art. 9 Abs. 3 und Art. 14 Abs. 3c Pakt darstelle. Er fordert daher den Vertragsstaat auf, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen.

Eine grundlegende und sehr interessante Zulässigkeitsentscheidung fällte der Ausschuß gegen Trinidad und Tobago.17 Sie soll daher ausführlich besprochen werden.

Der Ausschuß hatte seine Zuständigkeit zu prüfen und als Vorfrage zu klären, ob der von Trinidad und Tobago bei dem bereits erwähnten Wiederbeitritt zum Fakultativprotokoll erklärte Vorbehalt, daß die Zuständigkeit des Ausschusses sich nicht auf die Prüfung von Beschwerden von Todeszellenkandidaten erstrecke, rechtmäßig sei.18 Die Mehrheit der Ausschußmitglieder erachtete den Vorbehalt für rechtswidrig und die gegen den Staat gerichtete Beschwerde eines Todeszellenhäftlings folglich für zulässig.

Die Mehrheit zieht in ihrer Begründung die Ausführungen aus dem General Comment Nr. 2419 zu Vorbehalten heran, wonach der Ausschuß als sogenanntes Vertragsorgan des Paktes und seiner Fakultativprotokolle für die Auslegung und Feststellung der Gültigkeit von Vorbehalten, welche zu diesen Verträgen erklärt worden sind, zuständig ist.

Das Fakultativprotokoll selbst enthält keine Regelungen bezüglich der Zulässigkeit von Vorbehalten. Daher finden die Regeln des allgemeinen Völkerrechts zu Vorbehalten Anwendung. In Übereinstimmung mit Art. 19 der Wiener Vertragsrechtskonvention und nach den Grundsätzen des Völkergewohnheitsrechtes sind Vorbehalte zulässig, solange sie mit Zielen und Zwecken des jeweiligen Vertrages vereinbar sind.

Zu den Funktionen des Fakultativprotokolls nimmt der General Comment Nr. 24 Stellung.20 Danach dient das Fakultativprotokoll der Achtung und Durchsetzung von Paktrechten durch den Ausschuß. Vorbehalte zum Fakultativprotokoll sind nicht zulässig, wenn sie eine Überprüfung von Verpflichtungen eines Vertragsstaates nach dem Pakt ausschließen und nicht vorher bezüglich derselben Rechte ein Vorbehalt zum Pakt selbst erklärt wurde. Ein Vorbehalt zum Pakt darf also niemals über das Vehikel des Fakultativprotokoll erklärt werden.

Die Mehrheit des Ausschusses sieht diese Voraussetzungen als erfüllt an: Der zu beurteilende Vorbehalt, der nach der Veröffentlichung des General Comments Nr. 24 erklärt worden war, schließe zwar nicht die speziellen Überwachungsbefugnisse des Ausschusses bezüglich spezifischer Gewährleistungen des Paktes aus, jedoch werde aufgrund des Vorbehaltes die gesamte Gruppe der Todesstrafenhäftlinge als Beschwerdegruppe ausgeschlossen.

Zusätzlich stelle dies eine nach dem Pakt verbotene Diskriminierung einer bestimmten Gruppe von Individuen dar, die vollständig vom Genuß der Paktrechte ausgeschlossen seien.21 Aus diesen Gründen stehe der Vorbehalt nicht mit Zielen und Zwecken des Paktes in Übereinstimmung und sei unzulässig. Der Ausschuß sei folglich nicht gemäß Art. 1 FP daran gehindert, die vorliegende Beschwerde zu prüfen. Da der Beschwerdeführer in seiner Mitteilung substantiiert zu einem Verstoß gegen im Pakt verankerte Verfahrensrechte und zu einem Verstoß gegen Art. 7 Pakt, der Folter und unmenschliche Behandlung verbietet, vorgetragen hatte, erklärt der Ausschuß die Mitteilung für zulässig.

Diese Entscheidung war in der Beratung des Ausschusses sehr umstritten. So haben vier Ausschußmitglieder (N. Ando, P. Bhagwati, E. Klein, D. Kretzmer) eine ausführlich begründete Minderheitsposition bezogen. Sie kommen in ihrem Sondervotum zu dem gegenteiligen Ergebnis, daß der Vorbehalt mit den Zielen und Zwecken des Fakultativprotokolls vereinbar sei.22 Das Fakultativprotokoll ziele durch die Errichtung eines verbindlichen Rechtsschutzmechanismus zur Überwachung und Überprüfung der Einhaltung von Paktgewährleistungen auf eine Intensivierung des Menschenrechtsschutzes ab. Ein Staat sei aber - bereits aufgrund der Verankerung des Überwachungsmechanismus in einem Fakultativprotokoll - grundsätzlich in seiner Entscheidung frei, ob er sich diesem durch Beitritt unterwerfen möchte. Es sei nicht einzusehen, warum er nicht auch frei in der Entscheidung sein sollte, diesen Überwachungsmechanismus nur in Bezug auf bestimmte Rechte oder Situationen zu akzeptieren. Der Vertrag an sich schließe diese Möglichkeit nicht aus. Es existiere insoweit auch kein "Alles- oder Nichts-Prinzip" im Menschenrechtsschutz.

Auch bei der Prüfung des Rechtsproblems der Diskriminierung kommen die dissentierenden vier Ausschußmitglieder zu einem von der Mehrheit abweichenden Ergebnis. Sie stellen insoweit fest, daß nicht jede unterschiedliche Behandlung von Personen oder Personengruppen eine verbotene Diskriminierung nach Art. 26 Pakt darstelle.

Im Zusammenhang mit der Prüfung des Vorbehaltes im Fakultativprotokoll gehe es ferner nicht um die unterschiedliche Behandlung in bezug auf Paktgewährleistungen. Vielmehr müsse geprüft werden, ob eine verbotene Unterscheidung in der Behandlung der Beschwerden nach dem Fakultativprotokoll vorläge. Diesen Aspekt hätte die Mehrheit des Ausschusses völlig ignoriert.

Die Anbringung des streitigen Vorbehalts durch Trinidad und Tobago sei aus verfassungsrechtlichen Gründen erfolgt und habe nicht die Verletzung von Paktrechten zum Ziel gehabt. Der Wiederbeitritt zum Fakultativprotokoll eröffne für einen großen Teil der Bevölkerung weiterhin die Möglichkeit, Verletzungen der Paktgewährleistungen durch den Menschenrechtsausschuß überprüfen zu lassen. Daß eine Gruppe, und zwar diejenige der Todeszellenhäftlinge, von dieser Möglichkeit ausgeschlossen ist, bedeute also keinen Verstoß gegen Ziele und Zwecke des Fakultativprotokolls.

Die dissentierenden Ausschußmitglieder gehen in ihren rechtlichen Ausführungen noch einen Schritt weiter. So legen sie in ihrer abweichenden Meinung ebenfalls dar, daß das Fakultativprotokoll auch dann keine Anwendung auf den zu prüfenden Fall fände, wenn die rechtliche Auffassung der Unzulässigkeit des Vorbehaltes als richtig unterstellt würde. Die Beschwerde sei in jedem Fall als unzulässig abzuweisen.

Begründet wird dies wie folgt: Aus dem General Comment Nr. 2423 wie auch aus dem Völkerrecht ergibt sich, daß normalerweise ein unzulässiger Vorbehalt zu einem menschenrechtlichen Vertragswerk keine Rechtswirkung entfaltet, ein Staat somit dem Pakt beitritt, ohne sich auf die Vorteile eines von ihm erklärten Vorbehaltes berufen zu können.

Dieser Grundsatz findet seine völkerrechtlich anerkannte Ausnahme dann, wenn der den Vorbehalt anfügende Staat erkennbar nur unter der Voraussetzung Vertragsstaat wird, daß der Vorbehalt zulässig ist. Diese Regel und seine Ausnahme finden auch auf Vorbehalte zum Fakultativprotokoll Anwendung. Trinidad und Tobago hat beim Wiederbeitritt zum Fakultativprotokoll ausdrücklich erklärt, aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Zuständigkeit des Ausschusses für die Behandlung von Mitteilungen von Todeszellenkandidaten nicht akzeptieren zu können.

In ihrem Sondervotum folgern die vier Ausschußmitglieder aus diesen staatlichen Erklärungen, daß Trinidad und Tobago den Wiederbeitritt zum Fakultativprotokoll erkennbar von der Zulässigkeit des Vorbehaltes abhängig gemacht habe. Im Falle der Unzulässigkeit desselben wäre der Staat also gar nicht Vertragspartei des Fakultativprotokolls geworden und die Mitteilung ebenfalls als unzulässig zurückzuweisen.24
 

 

3.

2. Materielle Prüfung der Individualbeschwerden

Der Ausschuß prüfte insgesamt 25 Individualbeschwerden auf ihre Begründetheit. Sie warfen aber keine grundsätzlich neuen Fragen auf. Eine Auswahl der interessanten Entscheidungen soll im folgenden dargestellt werden.

Recht auf Informationsfreiheit (Art. 19 Abs. 2 Pakt)

Von großer Bedeutung allerdings für das betroffene Land Kanada war eine Entscheidung des Ausschusses, in der er ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 2 Pakt festgestellt wurde, weil dem beschwerdeführenden Johttp://nbn-resolving.de/urnalist mangels Zugehörigkeit zu einem privaten Johttp://nbn-resolving.de/urnalistenverband der Zugang zur Pressegalerie im kanadischen Parlament verweigert wurde.25 Der Ausschuß bejahte zwar die grundsätzliche Möglichkeit der Einschränkung des Rechts auf Information. Eine Einschränkung müsse jedoch gerechtfertigt sein und eine notwendige und verhältnismäßige Maßnahme darstellen. Ein Akkreditierungssystem von Johttp://nbn-resolving.de/urnalisten müsse bestimmt, gerecht und verhältnismäßig sein. Ebenfalls müssen die Kriterien und deren Anwendung transparent sein. Der Ausschuß erachtete es in soweit als nicht sinnvoll, die Informationsfreiheit den Mitgliedern einer privaten Organisation vorzubehalten.

Verfahrensrechte (Art. 9 Pakt)

Im Zusammenhang mit Auslegung und Anwendung von Art. 9 Abs. 3 Pakt bestätigte der Ausschuß seine Rechtssprechung, daß eine Zeitdauer von 4 Wochen nach der Verhaftung bis zur Anklage und richterlichen Vorführung paktwidrig sei26  

Kinderrechte (Art. 24 Pakt)

Der Ausschuß stellte in einer Beschwerde gegen Jamaika fest, daß der Haftaufenthalt eines 15-jährigen gemeinsam mit Erwachsenen paktwidrig sei. Insoweit wird das Recht des Kindes auf solche staatlichen Schutzmaßnahmen, die einem minderjährigen Kind gebühren, verletzt.27

Diskriminierungsverbot (Art. 26 Pakt)

Der Ausschuß stellte in einer Entscheidung gegen Österreich fest, daß eine Rentenberechnung auf der Grundlage einer pauschalen Kalkulation, die im Ergebnis Witwern nur zwei Drittel des Pensionsanspruchs von in vergleichbaren Positionen beschäftigten Witwen zugesteht, diskriminierend ist und gegen Art. 26 des Paktes verstößt.28  

Ein weiterer Fall, gegen Frankreich gerichtet, betraf die Länge des zivilen Ersatzdienstes von 24 Monaten im Verhältnis zur Dauer des Wehrdienstes von 12 Monaten.29 Die Mehrheit des Ausschusses sah darin eine unzulässige Diskriminierung und einer Verletzung des Art. 26. Begründet wurde dies mit einem zu knappen Vortrag des Staates zu den Rechtsfertigungsgründen. Als wesentliches Argument für die unterschiedliche Behandlung von Wehr- und Zivildienstleistenden habe der Staat allein den Grund angeführt, daß eine doppelt so lange Dauer des Dienstes der einzige Weg sei, um die Aufrichtigkeit eines Wehrdienstverweigerers zu prüfen. Nach Auffassung der Mehrheit der Ausschußmitglieder ist ein solches Argument nicht geeignet, daß nach Art. 26 Pakt erforderliche Rechtfertigungskriterium zu erfüllen, nach dem eine Unterscheidung immer auf vernünftigen und objektiven Kriterien beruhen muß.

Drei Ausschußmitglieder (N. Ando, E. Klein, D. Kretzmer) stellten in ihrem Sondervotum fest, daß der Vertragsstaat nach seinem Vortrag sehr wohl verschiedene Unterscheidungskriterien in die Unterscheidung einbezogen hat. So sei vorgetragen worden, daß Wehrdienstverweigerer eine weit größere Auswahl an Stellen hätten und sich somit bestimmte Betätigungsfelder aussuchen könnten. Sie erhielten in der Regel auch eine weit höhere Entlohnung, als diejenigen die sich für den Wehrdienst entschieden. Allgemein sei das Vorbringen des Staates als ausreichend zu bewerten. Es seien vernünftige und objektive Kriterien, auf denen die Ungleichbehandlung beruhte, zu erkennen.

Ebenfalls als Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot erachtete der Ausschuß, daß für den Besuch einer jüdischen Privatschule in Kanada mehr Schulgeld zu bezahlen ist, als für den Besuch der katholischen Privatschule, weil katholische Schulen aufgrund einer Verfassungsbestimmung in der Provinz Ontario eine staatliche Förderung erhalten.30

 

 

3. Allgemeine Bemerkungen

Allgemeine Bemerkungen, als General Comments bezeichnet, sind insbesondere Kommentierungen zu einzelnen Gewährleistungen und wenden sich an die Mitgliedstaaten in ihrer Gesamtheit (Art. 40 Abs. 4).31  

Sie werden auf der Grundlage des dem Ausschuß vorliegenden Materials (Staatenberichte, Individualbeschwerden, Informationen von Nichtregierungsorganisationen) verfaßt.

Der Ausschuß verabschiedete offiziell den von E. Klein betreuten General Comment Nr. 2732 zur Freizügigkeit (Art. 12 des Paktes). Ein General Comment Nr. 28 zur Gleichberechtigung von Mann und Frau (Art. 3 des Paktes) welcher den General Comment Nr. 4 von 1981 ersetzen soll33, und ein General Comment zum Notstandsartikel 4, welcher den General Comment Nr. 5 aus dem Jahre 198134 neufassen wird, waren Ende 1999 noch in Vorbereitung.


Anmerkungen:
 

1 Vom 19. Dezember 1966, BGB l. 1992 II S. 1246, im folgenden als FP bezeichnet.
2 Vom 19. Dezember 1966, BGB 1. 1973 II S. 1534, im folgenden als Pakt bezeichnet.
3 Siehe Art. 1 FP, nachdem am 4. April 1999 auch Burkina Faso und Tadschikistan dem Fakultativprotokoll beigetreten sind, findet dieses auf 95 Vertragsstaaten von insgesamt 144 Vertragsstaaten des Paktes Anwendung.
4 Zum Follow-up-Verfahren siehe die Aufstellung von allgemeinen Richtlinien zur Nachprüfung: UN-Doc. A/45/40, Vol. II, Annex XI, (1990) sowie Rule of Procedure Nr. 95, vgl. auch CCPR/C/3/Rev.5 (1996).
5 Mit Wirkung ab dem 23. Januar 1998 hat Jamaika das Fakultativprotokoll gekündigt.
6 Zur Zulässigkeit des Vorbehaltes ausführlich hier klicken
7 Die Statistik des Menschenrechtsausschusses (Stand Juni 2000) liest sich wie folgt: Bislang wurden insgesamt 924 Beschwerden registriert. Der Ausschuß hat in 339 Fällen Begründetheitsentscheidungen gefällt, in denen er 261 mal eine Verletzung des Paktes und in 78 Fällen keine Verletzung des Paktes feststellte. 279 Beschwerden waren nicht zulässig und 129 wurden gestrichen. 34 Beschwerden wurden für zulässig erklärt und sind noch auf die Begründetheit zu untersuchen, 143 Beschwerden sind noch zu untersuchen.
8 Gemäß Art. 3 und 4 Abs. 1 des FP.
9 Gemäß Art. 5 Abs. 4 des FP.
10 Aceituno u. a./. Chile, Nr. 746/1997, CCPR/C/66/D/746/1997 vom 4. August 1999; Vargas ./. Chile, Nr. 718/1996, CCPR/C/66/D/718/1996/Rev. 1 vom 24. September 1999; Inostroza u. a. ./. Chile, Nr. 717/1996, CCPR/C/66/D/717/1996 vom 16. September 1999. Alle im folgenden zitierten Dokumente des Ausschusses können auch auf der Homepage des UN-Hochkommissars für Menschenrechte auf der sogenannten Treaty Bodies Database unter www.unhchr.ch abgerufen werden.
11 Linderholm ./. Kroatien, Nr. 744/1997, CCPR/C/66/D/744/1997 vom 27. Juli 1999.
12 Plotnikov ./. Russische Förderation, Nr. 784/1997, CCPR/C/65/D/784/1779 vom 5. Mai 1999.
13 Vgl. dazu ausführlich M. Nowak, CCPR Commentary 1993, Art. 6, Rn. 18 ff.; E. Strauß in MRM 1998, S. 51 ff. und U. Eppe, in MRM 1999, S. 43 ff. m. w. Nw. Allg. dazu: N. Weiß, Die Todesstrafe aus völkerrechtlicher Sicht, in: Boulanger/Heyes/Hanfling (Hrsg.), Zur Aktualität der Todesstrafe, 1997, S. 69 ff.
14 Vergleiche Phillip ./. Trinidad und Tobago, Nr. 594/1992, CCPR/64/D/594/1992; auch Thomas ./. Jamaika, Nr. 532/1992, CCPR/C/WG/61/DR/532/1993 vom 17. Oktober 1997, Ziff. 5.3.
15 Gonzales ./. Trinidad und Tobago, Nr. 673/1995; CCPR/C/65/D/673/1995 vom 30. April 1999.
16 Hamilton ./. Jamaika, Nr. 616/1995, CCPR/C/WG/66/DR/616/1995 vom 9. Juli 1999.
17 Kennedy ./. Trinidad und Tobago, Nr. 845/1999, CCPR/C/67/D/845/1999 vom 31. Dezember 1999.
18 Trinidad und Tobago hat am 26. Mai 1998 mit Wirkung ab 26. August 1998 das Fakultativprotokoll gekündigt und gleichzeitig den Wiederbeitritt erklärt. Der Vorbehalt hat folgenden Wortlaut: "[...]Trinidad and Tobago re-accedes to the Optional Protocol to the International Covenant on Civil and Political Rights with a Reservation to article 1 thereof to the effect that the Human Rights Committee shall not be competent to receive and consider communications relating to any prisoner who is under sentence of death in respect of any matter relating to his prosecution, his detention, his trail, his conviction, his sentence or the carrying out of the death sentence on him and any matter connected therewith."
19 CCPR/C/21/Rev. 1/Add. 6 vom 2. November 1994.
20 Vgl. Fn.19, S. 6, § 15.
21 CCPR/C/67/D/845/1999, (Fn. 17), S. 10.
22 CCPR/C/67/D/845/1999, (Fn. 17), S. 12 ff.
23 Vgl. Fn. 19, S. 7, § 18.
24 Inzwischen hat Trinidad und Tobago, auch aufgrund dieser Mehrheitsentscheidung des Ausschusses, das Fakultativprotokoll am 27. März 2000 gekündigt (C.N.217.2000. Treaties-3). Nach Art. 12 Abs. 1 FP wird die Kündigung am 27. Juni 2000 wirksam. Es ist zu befürchten, daß Guyana, das einen entsprechenden Vorbehalt erklärt hat, diesem Beispiel insoweit folgen wird.
25 Gauthier ./. Kanada, No. 633/1995, CCPR/C/65/D/633/1995 vom 5. Mai 1999.
26 Bennett ./. Jamaica, No. 590/1994, CCPR/C/65/D/590/1994 vom 10. Mai 1999. Vgl. zu diesem Problemkreis allgemein: N. Weiß, MRM Heft 4/Oktober 1997 (=Heft 3/97), S. 25 ff.
27 Thomas ./. Jamaica, Nr. 614/1995, CCPR/
C/65/D/614/1995 vom 25. Mai 1999 und Nr. 800/1998, CCPR/C/65/D/800/1998 vom 26. Mai 1999.
28 Pauger ./. Österreich, Nr. 716/1996, CCPR/C/65/D/716/1996 vom 30. April 1999.
29 Foin ./. Frankreich, Nr. 666/1995, CCPR/
C/67/D/666/1995 vom 9. November 1999.
30 Waldman ./. Canada, Nr. 694/1996, CCPR/C/67/D/694/1996 vom 5. November 1999. Insoweit sei auf die Follow-up Information Kanadas vom 2. Februar 2000 verwiesen, abgedruckt in: CCPR/C/68/R.1, S. 11. Kanada informiert den Ausschuß darüber, daß Bildungsangelegenheiten unter die ausschließliche Zuständigkeit der Provinzen fallen. Die Regierung von Ontario hat dem Ausschuß demgegenüber mitgeteilt, daß keinerlei Pläne bestehen, andere private Schulen zu gründen als diejenigen, die bereits bestehen. Die Regierung von Ontario verweist auf die verfassungsmäßige Verpflichtung, römisch-katholische Schulen zu gründen.
31 Im einzelnen in deutscher Übersetzung abgedruckt in: W. Kälin/G. Malinverni/M. Nowak, Die Schweiz und die UNO-Menschenrechtspakte, 2. Aufl. 1997.
32 CCPR/C/21/Rev.1/Add. 9 vom 2. November 1999, abgedruckt in der englischen Originalversion und einer deutschen Übersetzung in diesem Heft.
33 Inzwischen wurde dieser vom Ausschuß verabschiedet: CCPR/C212/Rev.1/Add.10 vom 29. März 2000. Abgedruckt im englischen Wortlaut in: E. Klein (Hrsg.), 20 Jahre Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW), SGM Heft 5, 2000, S. 80 ff.
34 CCPR/C/21 vom 19. August 1981, S. 4 – 5.

Quelle: MenschenRechtsMagazin 2 / 2000

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