Gespiegelte Fassung der elektronischen Zeitschrift auf dem Publikationsserver der Universität Potsdam, Stand: 8. Juni 2010

Inhalt
 

Ulf Häußler*:

Der Fall Pinochet: Das Völkerrecht auf dem Weg zu einem effektiven internationalen Menschenrechtsschutz

Inhaltsübersicht
I. Zu Sachverhalt und Verfahrensgang
II. Die Bestimmung der auslieferungsfähigen Delikte durch das House of Lords
III. Zur völkerrechtlichen Einordnung der Immunitätseinwendung
IV. Analyse der Entscheidung des House of Lords
V. Bewertung
 
 
 
II.

I. Zu Sachverhalt und Verfahrensgang


In seinem Urteil vom 24. März 19991 hat das House of Lords zum zweiten Mal entschieden, daß der chilenische Senator auf Lebenszeit Augusto Pinochet zum Zwecke der Strafverfolgung an das Königreich Spanien ausgeliefert werden kann. Dort soll Senator Pinochet wegen bestimmter, während seiner Amtszeit als Staatspräsident Chiles im Rahmen einer Militärdiktatur begangener, Menschenrechtsverletzungen der Prozeß gemacht werden. Nach dem Urteil vom 24. März 1999 sind auslieferungsfähig nur nach dem 8. Dezember 1988 begangene Handlungen der Folter sowie der Verabredung hierzu. Ein deutlich weitergehendes erstes Urteil des House of Lords vom 25. November 1998 in derselben Sache,2 nach dessen Maßgabe eine Auslieferung wegen aller spanischerseits erhobenen Tatvorwürfe in Betracht kam, war im Dezember 1998 wegen Befangenheit eines der beteiligten Lordrichter aufgehoben worden.3  

Dem Verfahren, dem die Republik Chile als Intervenient beigetreten ist, liegt ein Auslieferungsbegehren zugrunde, welches Spanien bei den Behörden des Vereinigten Königreichs angebracht hatte, als sich Senator Pinochet im Jahr 1998 zu medizinischer Behandlung in London aufhielt. Streitgegenstand des Ausgangsverfahrens war ein Haftbefehl gegen Senator Pinochet auf der Grundlage des spanischen Auslieferungsbegehrens. Das House of Lords hatte somit zwar nicht über die Zulässigkeit der beantragten Auslieferung selbst zu entscheiden; da freilich der Haftbefehl mit dem Vorliegen von Auslieferungsgründen steht und fällt, mußte es gleichwohl die von den spanischen Behörden mitgeteilten Tatvorwürfe daraufhin überprüfen, ob sie auslieferungsfähige Delikte bezeichneten. Das Auslieferungsbegehren selbst ist im wesentlichen auf folgenden Sachverhalt gestützt:

Am 11. September 1973 putschten chilenische Militärs unter Führung des damaligen Generals Pinochet gegen die Regierung Allende. In der nach dem Putsch gebildeten Militärjunta fungierte Pinochet als Präsident Chiles. Am 11. März 1990 übergab Pinochet die Macht an eine zivile, demokratisch gewählte Regierung; seither ist er, kraft selbstgesetzter Regelung, chilenischer Senator auf Lebenszeit. Während Pinochets Amtszeit kam es zum "Verschwinden" von Menschen, zu Folterungen und zu willkürlichen Tötungen. Dies ist zwischen den Verfahrensbeteiligten unstreitig. Bestritten hat Senator Pinochet allerdings die Vorwürfe, denen zufolge diese Handlungen auf sein Betreiben und mit seinem Wissen sowie in Ausführung von unter seiner Beteiligung getroffenen Verabredungen4 erfolgte. Der während des Verfahrens mehrfach erweiterte Katalog der Tatvorwürfe erstreckte sich zuletzt auf in 32 Tatkomplexen zusammengefaßte Fälle der Verabredung zur Folter, teilweise mit anschließender Ermordung der Folteropfer, zur Geiselnahme, der Verabredung zum Mord in Italien und Spanien und eine Vielzahl von Folterungen. Alle Taten sollen zu unterschiedlichen Zeitpunkten zwischen dem 1. Januar 1972 und dem 1. Januar 1990 begangen worden sein. Ein Teil der Tatvorwürfe wies weder hinsichtlich des Tatorts noch der Staatsangehörigkeit der Opfer einen Bezug zu Spanien auf. Im inzwischen laufenden eigentlichen Auslieferungsverfahren hat Spanien weitere Tatvorwürfe ergänzt.
 

 
III.

II. Die Bestimmungen der auslieferungsfähigen Delikte durch das House of Lords

 
Ein Auslieferungsbegehren ist erfolgreich, wenn es sich auf ein auslieferungsfähiges Delikt bezieht und kein Auslieferungshindernis besteht. Wegen welcher Straftaten die Auslieferung in Betracht kommt, bestimmt grundsätzlich die nationale Gesetzgebung. Im Auslieferungsrecht gilt – in Übereinstimmung mit Art. 2 Abs. 1 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens vom 13. Dezember 19575 – der Grundsatz der beiderseitigen Strafbarkeit;6 für das Vereinigte Königreich ergibt sich dies aus section 1(1) des Extradition Act 1989. Die Strafbarkeit der Senator Pinochet vorgeworfenen Handlungen muß also sowohl nach spanischem Recht als auch nach demjenigen des Vereinigten Königreichs bestehen, sollen diese Handlungen auslieferungsfähige Delikte darstellen. Als maßgeblichen Zeitpunkt, in dem die beiderseitige Strafbarkeit vorliegen muß, haben die Lordrichter denjenigen der Tatbegehung angesehen.7  

Die Voten von Lord Browne-Wilkinson, Lord Hope of Craighead, Lord Hutton, Lord Saville of Newdigate und Lord Phillips of Worth Matravers, die die Entscheidung tragen, gehen davon aus, daß nicht alle Delikte, die Senator Pinochet vorgeworfen werden, auslieferungsfähig sind. Insbesondere kann eine Auslieferung wegen Geiselnahme nicht erfolgen. Das "Verschwindenlassen" ist kein Fall strafbarer Geiselnahme, da es ohne die erpresserische Motivation erfolgte, welche section 1(1) des Taking of Hostages Act 19828 in Umsetzung von Art. 1 Abs. 1 des Internationalen Übereinkommens gegen Geiselnahme vom 18. Dezember 19799 voraussetzt.

Demgegenüber bezeichnen die gegen Senator Pinochet erhobenen Vorwürfe, für Verabredung zum Mord und Mordversuche verantwortlich zu sein, auslieferungsfähige Delikte, soweit die Tatvorwürfe sich auf Handlungen beziehen, die in Spanien begangen wurden und deren Taterfolg dort eingetreten ist bzw. eintreten sollte. Ferner sind die Fälle von Folter und Verabredung zur Folter auslieferungsfähig, soweit sie ab dem 29. September 1988 begangen wurden. Vor diesem Tag, an dem section 134 des Criminal Law Act 1988 in Kraft trat, der für England die Strafbarkeit der Folter durch Amtsträger begründete (und hierfür das Weltrechtsprinzip festschrieb), bestand insoweit keine beiderseitige Strafbarkeit.10  

 

 
IV.
III. Zur völkerrechtlichen Einordnung der Immunitätseinwendung
 
Hinsichtlich der auslieferungsfähigen Delikte – Verabredung zum Mord und Mordversuche, Folter und Verabredung hierzu – hatte das House of Lords sich mit der Einwendung von Senator Pinochet auseinanderzusetzen, als früheres chilenisches Staatsoberhaupt genieße er Immunität ratione materiae von der Strafverfolgung in Spanien. In bezug auf die Frage, ob diese Immunitätseinwendung greift, haben die sieben Lordrichter unterschiedliche Positionen vertreten. Alle Lordrichter haben hierzu ein eigenes Votum abgegeben11 und in den Einzelheiten unterschiedliche Auffassungen vertreten. Die Entscheidung in der Sache ergibt sich als diejenige "Schnittmenge" aus den individuellen Voten, welche die Mehrheitsauffassung darstellt.


1. Zur Entwicklung des Immunitätsstatus von Staatsoberhäuptern
12  

Ein im Ausland weilendes amtierendes Staatsoberhaupt hat nach Völkergewohnheitsrecht an der Immunität des Staates teil, den es repräsentiert.13 Herkömmlich galt diese Immunität ratione personae ausnahmslos; sie hatte somit den Charakter einer absoluten Immunität.l14  

Nach Erledigung seines Amtes behält ein ehemaliges Staatsoberhaupt die Immunität für amtliches Handeln während der Amtszeit. Auch diese Immunität ratione materiae wurde in der Staatenpraxis lange Zeit als absolut behandelt.

Einen Präzedenzfall für die Strafverfolgung eines ehemaligen Staatsoberhaupts wegen während seiner Amtszeit begangener mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder das Völkerrecht gibt es daher (noch) nicht. Insbesondere scheiterte die im Versailler Friedensvertrag vorgesehene Strafverfolgung des vormaligen deutschen Kaisers an der Weigerung der Niederlande, Wilhelm II. an die alliierten und assoziierten Mächte auszuliefern.15 Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es ebenfalls nicht zur Strafverfolgung der (ehemaligen) Staatsoberhäupter der Achsenmächte. Großadmiral Dönitz, den Hitler in seinem politischen Testament zu seinem Nachfolger als Reichspräsident bestimmt hatte und der bis zu seiner Verhaftung am 23. Mai 1945 als solcher auftrat, mußte sich vor dem Internationalen Militärtribunal in Nürnberg nur wegen solcher Vorgänge verantworten, die in seinen Zuständigkeitsbereich als früherer Oberkommandierender der deutschen Kriegsmarine gefallen waren. Die Kapitulationsbedingungen Japans sicherten die Immunität von Kaiser Hirohito, der denn auch nicht vor das Tokioter Militärtribunal gestellt wurde. Ebensowenig änderte sich die Staatenpraxis nach dem Ende des Kalten Krieges. So war der frühere Staatsratsvorsitzende der Deutschen Demokratischen Republik Erich Honecker lediglich wegen Verbrechen nach Maßgabe des internen Strafrechts des von ihm gelenkten deutschen Teilstaats vor dem Landgericht Berlin angeklagt und bestätigte das Appellationsgericht von Amsterdam noch 1995 eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft, die eine Strafverfolgung von Senator Pinochet unter Hinweis auf dessen Immunität abgelehnt hatte.16

Veränderungen der völkerrechtlichen Praxis sind aber jenseits des Bereichs der Ausübung ausschließlich nationaler Strafgerichtsbarkeit festzustellen. Die Staatengemeinschaft hat in Art. 27 des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998 eine mit universellem Geltungsanspruch versehene Ausnahme vom Immunitätsschutz festgeschrieben.17 Damit kommt eine Entwicklung zum Abschluß, die der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mit der Verankerung regional geltender Ausnahmen von der Staatsoberhäuptern zukommenden Immunität in Art. 5 des Statuts des Strafgerichtshofs für Ex-Jugoslawien und Art. 3 des Statuts des Strafgerichtshofs für Ruanda erstmals in Rechtsform gebracht hatte. Inzwischen steht nach dem Erlaß eines Haftbefehls gegen Slobodan Milosevic erstmals ein amtierendes Staatsoberhaupt unter Strafverfolgung;18 ferner hatte der Ruanda-Gerichtshof bereits im September 1998 den früheren ruandischen Ministerpräsidenten Kambanda wegen Völkermords, Aufhetzung zum Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.19  


2. Neuere Völkerrechtslehre und BVerfG-Rechtsprechung

Unbeschadet der Entwicklung eines spezifisch völkerrechtlichen Strafrechts ist neuerdings umstritten, ob Handlungen, die als Täterschaft oder Teilnahme an einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit bzw. das Völkerrecht20 anzusehen sind, noch den Schutz der Immunität ratione materiae genießen21 Ein besonderer Aspekt dieser Streitfrage ist derjenige, wie sich die Immunität ratione materiae zu Verstößen gegen zwingendes Völkerrecht verhält, insbesondere zu Verletzungen grundlegender Menschenrechte, die durch Sätze des völkerrechtlichen ius cogens geschützt sind.22 Für den Fall Pinochet war insoweit von Bedeutung, daß auch das Verbot der Folter als zwingendes Völkerrecht angesehen wird.23 In diesem Zusammenhang bestehen freilich zwei Probleme. Einerseits ist die Auffassung, daß im Anwendungsbereich von Verboten des ius cogens kein Immunitätsschutz soll bestehen können, umstritten. Lord Hope hielt diese Ausnahme vom Schutzbereich der Immunität ratione materiae daher nicht für einen allgemein geltenden Satz des Völkerrechts. Zudem ist streitig, seit wann das Verbot der Folter Geltung hat; hierüber konnten auch die Lordrichter im Fall Pinochet keine Einigkeit erzielen.24 Bei ihrer Entscheidungsfindung haben sie sodann berücksichtigt, daß während der Amtszeit des Senators Pinochet als chilenischer Präsident das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vom 10. Dezember 198425  

in Kraft getreten ist. Das Übereinkommen wurde für Spanien mit dem 21. Oktober 1987, für das Vereinigte Königreich mit dem 8. Dezember 1988 und für Chile mit dem 30. Oktober 1988 wirksam.

Keine Bedeutung für den vorliegenden Fall erlangt hingegen die – vom House of Lords gleichwohl erörterte – Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, der zufolge die Immunität ratione materiae eines früheren Diplomaten nicht erga omnes wirkt.26 Da das Diplomatenrecht den Charakter eines self-contained regime hat, dürfen anhand des Diplomatenrechts getroffene Aussagen nicht unbesehen auf die Rechtsstellung von Staatsoberhäuptern übertragen werden. Dies ist auch die Position im Recht des Vereinigten Königreichs; section 20(1) des State Immunity Act 1978 schreibt vor, daß die Vorschriften über die diplomatische Immunität entsprechende Anwendung finden.27  


 

 
V.
IV. Analyse der Entscheidung des House of Lords

 
1. Die Entscheidungsvarianten

Nach den Voten, welche die Entscheidung tragen, ist die Immunitätseinwendung teilweise erfolgreich. Weitergehend vertrat Lord Millett unter Hinweis auf unter anderem Art. 5 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und Art. 7 IPBPR die Auffassung, daß das in diesen Artikeln verankerte Verbot der Folter bereits 1973 Bestandteil des Völkerrechts gewesen sei und Senator Pinochet daher wegen aller ihm vorgeworfenen Fälle der Folter bzw. der Verabredung hierzu an das Königreich Spanien ausgeliefert werden könne. Demgegenüber kam Lord Goff zu dem Ergebnis, daß die Auslegung des Übereinkommens gegen Folter durch die Mehrheit der Lord-richter nicht mit dem auf Rechtssicherheit zielenden, in Art. 32 Abs. 2 WDRK kodifizierten Grundsatz vereinbart werden könne, daß ein Verzicht auf die Immunität stets ausdrücklich erklärt werden muß. Lord Goff stellte in den Mittelpunkt seiner Überlegungen, daß die Immunitätsproblematik Gegenstand weder der Verhandlungen war noch einer Bestimmung des Übereinkommen gegen Folter geworden ist.

2. Die Voten der Mehrheit

Nach den Voten der Mehrheit der Lord-richter genießt Senator Pinochet nur für nach dem 8. Dezember 1998 begangene Folterhandlungen keine Immunität ratione materiae. Ausgangspunkt der Überlegungen der Lordrichter ist section 20(1) des State Immunity Act 1978, kraft dessen Staatsoberhäupter Immunität in sinngemäßer Anwendung des Diplomatenrechts genießen, was als Kodifizierung geltenden Völkergewohnheitsrechts charakterisiert wurde (Lord Hope).

a. Folter als Hoheitsakt?

Für die Bestimmung des Schutzumfangs der Immunität ratione materiae maßgebliche Bestimmung des Diplomatenrechts ist Art. 39 Abs. 2 WDRK; in Anlehnung hieran unterliegen in Ausübung der dienstlichen Tätigkeit eines Staatsoberhaupts vorgenommene Handlungen nicht der Strafverfolgung. Welche Handlungen eines Staatsoberhaupts so qualifiziert werden können, bestimmt die Verfassung seines Staates. Immunitätsschutz genießen nur hoheitliche Akte, nicht aber Handlungen, die nach Maßgabe des nationalen Verfassungsrechts privaten Charakter haben. Lord Hope hob in diesem Zusammenhang hervor, daß die Immunität ratione materiae unberührt bleibt, wenn hoheitliche Akte strafrechtlich erheblich sind, da es gerade der Zweck dieser Immunität ist, frühere Staatsoberhäupter gegen derartige Vorwürfe zu schützen (im Ergebnis ebenso Lord Millet).

Keinen Immunitätsschutz genießen demgegenüber kriminelle Handlungen, die entweder lediglich dem (privaten) Vergnügen oder (persönlichen) Nutzen des früheren Staatsoberhaupts dienten. Lord Hutton hat aber dargelegt, daß diese Überlegung im Fall Pinochet nicht weiterhelfe. Die Senator Pinochet vorgeworfenen (Folter-) Handlungen dienten nicht seinen privaten, sondern den öffentlichen Interessen Chiles, wie sie Senator Pinochet verstand. Aus diesem Grunde seien sie nach chilenischem Verfassungsrecht als Regierungshandeln und somit als dienstliche Tätigkeit Senator Pinochets als chilenisches Staatsoberhaupt zu qualifizieren.

b. Die Bestimmung des immunitätsbrechenden Satzes des Völkerrechts

Die Lordrichter haben hinsichtlich der unterschiedlichen Kategorien auslieferungsfähiger Delikte abweichende Entscheidungen über den Erfolg der Immunitätseinwendung getroffen. Im Hinblick auf die Senator Pinochet vorgeworfene Beteiligung an Verabredungen zum Mord und Mordversuchen haben sie die Existenz eines immunitätsbrechenden Satzes des Völkerrechts nicht festzustellen vermocht. Demgegenüber greift diese Einwendung hinsichtlich der Handlungen nicht, die durch das Übereinkommen gegen Folter verboten sind.

Von entscheidender Bedeutung für die Entscheidung, nach dem 8. Dezember 1988 begangene Folterhandlungen als nicht mehr von der Immunität ratione materiae gegen Strafverfolgung geschützt anzusehen, ist die Auseinandersetzung mit dem in Art. 32 Abs. 2 WDRK verankerten Grundsatz der Ausdrücklichkeit des Immunitätsverzichts. Wie auch Lord Goff entschied Lord Hope, daß das Übereinkommen gegen Folter nicht als Ausdruck einer Immunitätsausnahme angesehen werden könne. Wie noch darzustellen sein wird, überzeugt diese Auffassung. Das Votum von Lord Hope wird daher der weiteren Darstellung zugrundegelegt. Lord Hope erörterte in diesem Zusammenhang noch, ob für den Immunitätsverzicht in Anlehnung an die Staatenpraxis28 auch eine Auslegung des Übereinkommens gegen Folter ausreichen könnte, der zufolge dieses notwendig einen solchen Verzicht impliziere. Lord Hope verneinte dies. Zwar erfasse die Folterdefinition als potentielle Täter auch Staatsoberhäupter (so auch Lord Phillips), ihr kann aber keine generell immunitätsbrechende Wirkung attestiert werden.

(i) Staatsoberhäupter als Täter von Folterhandlungen

Als Folternde kommen nach der Definition der Folter in Art. 1 Abs. 1 des Übereinkommens Angehörige des öffentlichen Dienstes oder andere in amtlicher Eigenschaft handelnde Personen in Betracht. Zwar sei es möglich, daß der Begriff des Angehörigen des öffentlichen Dienstes nur Personen bezeichnen könnte, die in der Hierarchie unterhalb dem jeweiligen Staatsoberhaupt stehen. Allerdings müsse jedes Staatsoberhaupt, das im Rahmen seines Amtes Folterhandlungen anordnet oder billigt, als in amtlicher Eigenschaft handelnde Person angesehen werden. Es wäre, so Lord Hope, befremdlich, wenn man die Bestimmungen des Übereinkommens gegen Folter nicht auf das Verhalten von Staatsoberhäuptern anwenden wollte, die gegenüber ihren Untergebenen die Vornahme von Folterhandlungen anordneten und deshalb die zuvörderst hierfür Verantwortlichen wären.

(ii) Keine notwendig immunitätsbrechende Wirkung

Daß nicht bereits Art. 1 Abs. 1 des Übereinkommens gegen Folter jeden denkbaren Immunitätsschutz beseitigt, folgerte Lord Hope daraus, daß die Immunität amtierender Staatsoberhäupter ratione personae ihrerseits den Charakter von ius cogens habe. Dessen eingedenk könne man nicht davon ausgehen, daß das Übereinkommen eo ipso immunitätsbrechende Wirkung habe. Normhierarchische Überlegungen bestätigen die Korrektheit dieses Ansatzes. Sind sowohl das Verbot der Folter als auch die Immunität amtierender Staatsoberhäupter ratione personae Gegenstände einer zwingenden Völkerrechtsnorm, so kann keine dieser beiden Normen Vorrang vor der anderen beanspruchen. Dies hat zur Folge, daß das Verbot der Folter nicht als durchgängig strafrechtlich sanktionsbewehrt angesehen werden kann. Als lex posterior könnte dieses Verbot nämlich nur dann derogierende Wirkung gegenüber der Immunität haben, wenn sein Regelungszweck sich auch auf das Immunitätsrecht erstreckte. Hierfür fehlt es aber an eindeutigen Anhaltspunkten; in anderen einschlägigen Völkerrechtsquellen ist die Immunitätsproblematik ausdrücklich geregelt (vgl. nur Art. 27 des Statuts für den Internationalen Strafgerichtshof).

Lord Hope führte weiter aus, daß es angesichts dessen, daß damit eine Form der Immunität von den Bestimmungen des Übereinkommens unberührt geblieben sei, schwer falle, ohne ausdrücklich dahin lautende Bestimmung eine Beseitigung anderer Formen der Immunität zu rechtfertigen. Dies begründete er unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte des Übereinkommens damit, daß die einzelstaatlichen Gerichte gehalten seien, um der Rechtssicherheit willen völkerrechtliche Verträge möglichst einheitlich auszulegen. Angesichts der sachlichen Weite der Folterdefinition sei aber eher unsicher, ob die Gerichte anderer Staaten sich einer Auslegung anschließen würden, die auf eine notwendige Durchbrechung der Immunität hinauslaufe.

(iii) Gegenmeinung: Immunitätsbrechende Wirkung der Folterdefinition

Demgegenüber gelangten zwei Lordrichter zu dem Ergebnis, daß das Übereinkommen gegen Folter als solches immunitätsbrechende Wirkung habe. Nach der Auffassung von Lord Hutton können im Anwendungsbereich des Völkerrechts Folterhandlungen nicht zu den amtlichen Funktionen eines Staatsoberhaupts zählen, wenn die Folter ausdrücklich als Verbrechen gegen das Völkerrecht verboten ist. Ähnlich geht Lord Phillips davon aus, daß angesichts der allen Signatarstaaten des Übereinkommens gegen Folter obliegenden Pflicht, Folter strafrechtlich zu verbieten,29 die Anwendbarkeit der Immunität ratione materiae mit dem Übereinkommen unvereinbar sei, erfasse dieses doch ausschließlich Verhaltensweisen, die im Falle ihrer Anwendbarkeit von der Immunität ratione materiae erfaßt würden. Die weitergehende Auffassung von Lord Millet, daß das Verbot der Folter bereits 1973 den Charakter von ius cogens hatte und das Übereinkommen gegen Folter lediglich eine Neudefinition des Verbots enthalte, führt zu demselben Ergebnis.

(iv) Die Lösung Lord Hopes, Lord Savilles und Lord Browne-Wilkinsons

Nach der Auffassung von Lord Hope führt der Beitritt Chiles zur Folterkonvention zum Wegfall der Immunitätseinwendung. Lord Hope wies darauf hin, daß die Vorstellung, daß einzelne, die Verbrechen gegen das Völkerrecht begehen, hierfür zur Verantwortung gezogen werden können, inzwischen völkerrechtliches Gemeingut geworden sei. Zudem habe sich bis zum Jahr 1989 in der Völkerrechtslehre die Auffassung durchgesetzt, daß weitverbreitete und systematische Folter als derartiges Verbrechen verboten sei. Seitdem das Übereinkommen gegen Folter in Kraft ist und daher auch im Ausland begangene Folterhandlungen der Strafverfolgung unterworfen werden müssen, könne sich ein Signatarstaat des Übereinkommens gegenüber dem Vorwurf weitverbreiteter und systematischer Folter nicht mehr auf die Immunität ratione materiae berufen. Lord Hope betonte aber ausdrücklich, daß hiermit weder ein Immunitätsverzicht konstruiert sei noch das Übereinkommen gegen Folter dahin ausgelegt werden könne, die Immunität früherer Staatsoberhäupter in Ansehung von Folterhandlungen generell beseitigt zu haben. Lediglich seien die den Staaten im Hinblick auf Verbrechen gegen das Völkerrecht nach Völkergewohnheit obliegenden Verpflichtungen so schwerwiegend, daß sie der Immunitätseinwendung den Boden entzögen. Eine dogmatische Einordnung seines Ergebnisses hat Lord Hope nach alledem freilich nicht vorgenommen. Gleiches gilt für die Auffassung Lord Savilles und Lord Browne-Wilkinsons, daß jedenfalls mit dem Wirksamwerden des Übereinkommens für Chile, Spanien und das Vereinigte Königreich (Lord Saville: zwischen diesen Staaten) Übereinkunft darüber bestehe, kraft deren die Einwendung der Immunität ratione materiae ehemaliger Staatsoberhäupter gegenüber Foltervorwürfen nicht mehr erhoben werden könne.


 

 
V. Bewertung
 
Mit seiner Entscheidung hat das House of Lords einen wichtigen Beitrag zur Fortentwicklung des Völkerrechts geleistet. Zwar mag die "Vielstimmigkeit" der Voten auf den ersten Blick verwirrend wirken,30  

allein dies liegt in der Natur der Rechtsprechung englischer Gerichte. In der Sache selbst führt die "Vielstimmigkeit" dennoch zu einem eindeutigen Ergebnis. Die Mehrheit der Lordrichter entschied, daß Senator Pinochet wegen der nach den spanischen Vorwürfen in seine Verantwortung fallenden, nach dem 8. Dezember 1988 vorgenommenen Folterhandlungen an Spanien ausgeliefert werden kann. Vom Makel der Mitwirkung eines befangenen Richters befreit, ist diese Entscheidung zugleich vorsichtig und mutig genug, um den internationalen Menschenrechtsschutz ein großes Stück voranzubringen. Die Entscheidung kann einerseits auf eine solide dogmatische Grundlage gestellt werden, andererseits berücksichtigt sie das Spannungsfeld, in dem sich Fälle wie derjenige des Senators Pinochet üblicherweise abspielen: den friedlichen Übergang hin zu einem demokratischen Staats- und Regierungssystem.

1. Dogmatik

Folgt man der Auffassung von Lord Hope und sieht in den Bestimmungen des Übereinkommens gegen Folter keine Immunitätsausnahme, so ist es am ehesten naheliegend, die Versagung der Immunität ratione materiae gegenüber Senator Pinochet als Folge einer statusbegrenzenden Verwirkung31 dieses Souveränitätsrechts anzusehen. Die Entscheidung macht somit eine Ausnahme vom völkerrechtsgeschichtlich gewachsenen Gleichlauf von Staaten- und Amtsträgerimmunität.32 Zweifellos ist die Annahme einer Verwirkung der Immunität konstruktiv "schwächer" als es eine Ausnahme vom Immunitätsschutz, etwa in der Form einer gegenständlichen Begrenzung33 oder Verdrängung34 des Immunitätsschutzes, wäre. Verwirkung kann nur nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls eintreten, eine Immunitätsausnahme für Folterhandlungen könnte demgegenüber als allgemein geltender völkerrechtlicher Satz angesehen werden. Ein allgemein geltender Satz dieses Inhalts geriete freilich allzu leicht in Widerspruch mit dem Grundsatz par in parem non habet imperium. Die Staatenpraxis der Neunziger Jahre zeigt nur, daß die Staaten bereit sind, eine internationale Strafgerichtsbarkeit mit allen ihren beschränkenden Folgen für überkommene Immunitätsvorstellungen zu akzeptieren. Demgegenüber ist keine parallele Entwicklung in der Staatenpraxis feststellbar, die auf eine Ausweitung der einzelstaatlichen Jurisdiktionskompetenz hinausliefe. Hieran ändert sich auch nichts, wenn man berücksichtigt, daß die Durchsetzung des Verbots der Folter der Verteidigung der Weltrechtsordnung dient.35 Daß im Übereinkommen gegen Folter eine Immunitätsausnahme verankert sei, kann angesichts der Verschiedenheit der Regelungsbereiche (Staaten-) Verantwortlichkeit und Menschenrechtsschutz nicht methodisch einwandfrei begründet werden, so wünschenswert eine derartige Ausnahme auch sein mag. Auch ist es nur schwer vorstellbar, daß, worauf Lord Goff zu Recht hinwies, die Signatare des Übereinkommens gegen Folter eine Immunitätsausnahme sub silentio vereinbaren wollten. Zudem berührt das Übereinkommen gegen Folter nicht die Anwendbarkeit des herkömmlichen Sanktionensystems des Völkerrechts, soweit Folterhandlungen wegen einer durchgreifenden Immunitätseinwendung nicht strafrechtlich verfolgt werden können. Demgegenüber bestehen keine Bedenken dagegen, die Immunitätseinwendung als verwirkbar anzusehen. Das Institut der Verwirkung knüpft an ein Verhalten an, das im Sinne eines Nicht-Mehr-Geltendmachen-Wollens einer Rechtsposition gedeutet werden kann. Beitritt zum und Ratifikation des Übereinkommens gegen Folter können als ein derartiges Verhalten gedeutet werden, denn ein Staat, der so handelt, gibt damit zu erkennen, daß er das Verbot der Folter als ein mit strafrechtlichen Sanktionen bewehrtes, d.h. über das herkömmliche Sanktionensystem für Völkerrechtsverstöße hinausgehendes, Verbot akzeptiert.

2. Immunitätsverwirkung und Systemwechsel

Insbesondere bei Systemwechseln kann die Immunitätsverwirkung zur Achillesferse eines Übergangsprozesses werden. Eine Verwirkung der Immunität ratione materiae kommt insbesondere dann in Betracht, wenn nach dem Untergang einer Diktatur ein Angehöriger der vormaligen Staatsführung unter Anklage gestellt werden soll – wegen des Prinzips aut dedere aut iudicare macht es insoweit keinen Unterschied, ob dies im In- oder Ausland geschehen soll. Da in allen diktatorischen Systemen der Welt Folterpraktiken an der Tagesordnung sind, wird es wegen der Verfolgbarkeit derartiger Handlungen im Fall der Verwirkung der Immunität ratione materiae den betreffenden Staaten erschwert, einen Übergang zur Demokratie durch großzügige Straffreiheitsversprechen oder Amnestieregelungen "abzusichern". Das chilenische Straffreiheitsversprechen im Fall Pinochet erfolgte durch den Erwerb eines Mandats als Senator auf Lebenszeit nebst der damit verbundenen Immunität eines Parlamentariers vor Strafverfolgung im eigenen Land.

Das bedeutsamste Beispiel für einen friedlichen Systemwechsel, der Amnestieregelungen einschloß, ist die mit der Amnestiezusage für den Fall der Abgabe eines Geständnisses vor der Wahrheits- und Versöhnungskommission verbundene Demokratisierung Südafrikas. Allerdings wird man mit Fug und Recht bloße Straffreiheitsversprechen als höchst zweifelhaft einschätzen müssen, da sie zu einseitig den persönlichen Interessen der Angehörigen der vormaligen diktatorischen Staatsführung dienen. Hingegen kann man Amnestieregelungen nicht jede Berechtigung absprechen, da sie die Möglichkeit der Strafverfolgung zumindest für den Fall der Nichterfüllung der Amnestievoraussetzungen vorsehen. Damit genügen sie dem Übereinkommen gegen Folter, das nicht näher bestimmt, wie die darin verlangte strafrechtliche Regelung gestaltet sein soll. Zwar wird eine Amnestieregelung gewöhnlich dazu führen, daß einem Schuldeingeständnis keine strafrechtliche Ahndung folgt. Dies ist aber einerseits für die Vermeidung eines Bürgerkriegs kein zu hoher Preis, und andererseits darf die immense Bedeutung, die dem Aufdecken aller Formen von Fehlverhalten zukommt – im Fall Südafrikas gilt dies gerade für viele zuvor unbekannte Folterpraktiken des Apartheid-Regimes und auch seiner Gegner – für den Wandel der öffentlichen Meinung nicht unterschätzt werden. Insoweit kann eine Amnestieregelung zur Absicherung der Ergebnisse des Systemwechsels beitragen und damit der Sicherung der Menschenrechte gegen künftige Verletzungen einen möglicherweise größeren Dienst erweisen als der Versuch einer – im Rechtsstaat, wie das deutsch-deutsche Beispiel zeigt, oft nur schwer möglichen – strafrechtlichen Aburteilung der Täter.

 

Anmerkungen:
 
* Assessor, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungszentrum für Internationales und Europäisches Ausländer- und Asylrecht an der Universität Konstanz.
1 38 ILM 581 (1999).
2 37 ILM 1302 (1998).
3 38 ILM 430 (1999).
4 Das Äquivalent zu den Vorwürfen der conspiracy to murder bzw. der conspiracy to torture im deutschen Strafrecht ist die Verbrechensverabredung i.S.v. § 30 StGB.
5 ETS Nr. 24; BGBl II 1964, 1439; dazu Paulus, Triumph und Tragik des Völkerstrafrechts, NJW 1999, 2644 (2645).
6 Vgl. für das deutsche Recht Lagodny, in: Schomburg/ders., Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 3. Aufl. (1998) § 3 IRG Tz. 2 und Vogler, in: Grützner/Pötz, Internationaler Rechtshilfeverkehr in Strafsachen, 2. Aufl., § 3 IRG (1994) Tz. 2 ff.
7 Kritisch hierzu Paulus, Triumph und Tragik des Völkerstrafrechts, NJW 1999, 2644 (2645).
8 Diese Bestimmung lautet: 
"A person, whatever his nationality, who, in the United Kingdom or elsewhere, –
(a) detains any other person ('the hostage'), and
(b) in order to compel a State, international governmental organisation or person to do or to abstain from doing any act, threatens to kill, injure or continue to detain the hostage, commits an offence."
9 BGBl II 1980, 1361.
10 Die Auslieferungsfähigkeit der Folter folgt auch aus section 22(6) des Extradition Act 1989. Das House of Lords hat sich in seinem Urteil nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob diese Bestimmung inzwischen als lex posterior allein maßgeblich ist.
11 Demgegenüber hatte sich der später für befangen erklärte Lordrichter Hoffmann im Urteil vom 25. November 1998 lediglich dem Votum eines anderen Lordrichters angeschlossen.
12 Vgl. auch die Darstellung historischer Beispiele bei Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht, 2. Aufl. (1989) 255 f.
13 Vgl. zum Verhältnis von Staatenimmunität und Immunität von Staatsoberhäuptern neuerdings Bröhmer, State Immunity and the Violation of Human Rights (1997) 29 ff.
14 Doehring, Völkerrecht (1999) Tz 671.
15 Vgl. Kimminich, Einführung in das Völkerrecht, 6. Aufl. (1997) 65.
16 Vgl. NYIL 28 (1997) 363 ff.
17

Die Bestimmung lautet:

Article 27. Irrelevance of official capacity.
1. This Statute shall apply equally to all persons without any distinction based on official capacity. In particular, official capacity as a Head of State or Government, a member of a Government or parliament, an elected representative or a government official shall in no case exempt a person from criminal responsibility under this Statute, nor shall it, in and of itself, constitute a ground for reduction of sentence.
2. Immunities or special procedural rules which may attach to the official capacity of a person, whether under national or international law, shall not bar the Court from exercising its jurisdiction over such a person.
18 Vgl. die Presseerklärung Nr. JL/PIU/403-E der Anklagebehörde beim Jugoslawien-Gerichtshof vom 27. Mai 1999. Die frühere Chefanklägerin Arbour hat in ihrem Antrag auf Erlaß eines Haftbefehls ausdrücklich betont: "[T]his indictment is the first in the history of this Tribunal to charge a Head of State during an on-going armed conflict with the commission of serious violations of international humanitarian law".
19 Urt. v. 04.09.1998; vgl. Pressemitteilung Nr. AFR/95 L/2898 des Ruanda-Gerichtshofs vom 4. September 1998.
20 Zur Terminologie: Schröder, in: Graf Vitzthum (Hrsg.), Völkerrecht (1997) 6. Abschnitt Tz 34 ff.
21 Vgl. Doehring, Völkerrecht (1999) Tz 672.
22 Dazu IGH-Urteil im Fall Barcelona Traction, ICJ-Rep 1970, 3.
23 Vgl. nur Bröhmer, State Immunity and the Violation of Human Rights (1997) 147.
24 Die Uneinigkeit innerhalb der Mehrheit betrifft die Bestimmung des Datums, von dem an Senator Pinochet keinen Immunitätsschutz mehr genießt (dazu Paulus, Triumph und Tragik des Völkerstrafrechts, NJW 1999, 2644 [1645]); weitergehend demgegenüber Lord Millet und auch das Urteil vom 25. November 1998. Wie Lord Millet auch Ambos, Pinochet – 2. Akt, JZ 1999, 564 (565).
25 BGBl II 1990, 246.
26 BVerfGE 96, 68 (86 ff.); vgl. dazu Doehring/Ress AVR 37 (1999) 68 ff.
27 Die Vorschrift lautet auszugsweise:

"Subject to the provisions of this section and to any necessary modifications, the Diplomatic Privileges Act 1964 shall apply to –
(a) a sovereign or other head of state;
(b-c) ...
as it applies to a head of a diplomatic mission ..."
(Der Diplomatic Privileges Act 1964 hat die Wiener Diplomatenrechtskonvention dem englischen Recht inkorporiert.)

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Diese Pflicht folgt aus Art. 4 Abs. 1 des Übereinkommens gegen Folter. Ergänzend schreibt Art. 5 Abs. 1 des Übereinkommens vor, daß die Vertragsstaaten die notwendigen Maßnahmen treffen, um ihre Gerichtsbarkeit über Folterhandlungen zu begründen, wenn diese einen territorialen oder personalen Bezug zum betreffenden Staat aufweisen. Art. 7 Abs. 1 des Übereinkommens legt schließlich den Grundsatz aut dedere aut iudicare nieder.

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Diese Pflicht folgt aus Art. 4 Abs. 1 des Übereinkommens gegen Folter. Ergänzend schreibt Art. 5 Abs. 1 des Übereinkommens vor, daß die Vertragsstaaten die notwendigen Maßnahmen treffen, um ihre Gerichtsbarkeit über Folterhandlungen zu begründen, wenn diese einen territorialen oder personalen Bezug zum betreffenden Staat aufweisen. Art. 7 Abs. 1 des Übereinkommens legt schließlich den Grundsatz aut dedere aut iudicare nieder.

30 Vgl. Stanley, Pinochet zum zweiten, Blätter für deutsche und internationale Politik 1999, 532 (534 f.), die insbesondere die Entscheidung der Mehrheit der Lordrichter als "konfus" bezeichnet.
31 Vgl. zu dieser Rechtsfigur Kokott, Mißbrauch und Verwirkung von Souveränitätsrechten bei gravierenden Völkerrechtsverstößen, in: FS Bernhardt (1995) 135, 138 f, 140, 145 f; krit. Bröhmer, State Immunity and the Violation of Human Rights (1997) 194.
32 Scheffler, Die Bewältigung hoheitlich begangenen Unrechts durch fremde Zivilgerichte (1997) 102 f, 119 ff.
33 So Bröhmer, State Immunity and the Violation of Human Rights (1997) 196 ff, insbes. 203.
34 .So Ambos, Pinochet – 2. Akt, JZ 1999, 564 (566) in hier nicht geteilter Auslegung des Votums von Lord Hope.
35 Vgl. Paulus, Triumph und Tragik des Völkerstrafrechts, NJW 1999, 2644 (2645).
 
Quelle: MenschenRechtsMagazin Heft 3 / 1999
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