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5. Der Ausschuß nimmt mit Befriedigung zur Kenntnis, daß Deutschland beiden Zusatzprotokollen der Konvention beigetreten ist.7
6. Der Ausschuß anerkennt in hohem Maße die Rolle des Bundesverfassungsgerichts beim Schutz von Individuen gegen Verletzungen ihrer durch das Grundgesetz begründeten Rechte und bei der Sicherung der Vereinbarkeit der Gesetzgebung mit dem Grundgesetz.
7. Der Ausschuß begrüßt den Erlaß des Zweiten Gleichberechtigungsgesetzes zur Förderung der Interessen von Frauen in der Bundesverwaltung8 und die Modifikationen des EU-Anpassungsgesetzes zur Sicherstellung, daß das Verbot der Diskriminierung effektiver umgesetzt wird.
8. Der Ausschuß würdigt die Maßnahmen zur Kompensation und Rehabilitierung von Opfern ungerechter Behandlung seitens der Sozialistischen Einheitspartei (SED) in der früheren DDR.
9. Der Ausschuß begrüßt die Anstrengungen, die der Mitgliedstaat unternimmt, um Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit zu bekämpfen, wenngleich er bedauert, daß dieses Phänomen weiterhin fortbesteht.
10. Der Ausschuß würdigt, daß Deutschland einer großen Anzahl von Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina vorübergehenden Aufenthalt gewährt hat. Der Ausschuß begrüßt die Versicherung der Delegation, daß die Rückkehr dieser Flüchtlinge primär durch freiwillige Repatriierung erreicht werden wird, und wenn unfreiwillige Repatriierungen durchgeführt werden, diese nur in Koordination mit der Regierung von Bosnien-Herzegowina und dem Büro des Flüchtlingshochkommissars der Vereinten Nationen erfolgen werden, und diese Maßnahmen gerichtlich überprüfbar sein werden. Der Ausschuß anerkennt die Versicherung, daß keine Repatriierungen in Minderheitengebiete in Bosnien-Herzegowina oder Mehrheitsgebiete, die nicht als sicher betrachtet werden, stattfinden werden.
12. Obwohl der Ausschuß Programme zur Erziehung junger Menschen und zur Ausbildung von Polizeibeamten hinsichtlich Rassismus, Antisemitismus und fremdenfeindlicher Einstellungen bemerkt, bedauert er, daß umfassende Erziehungs- und Ausbildungsprogramme in menschenrechtlichen Werten nicht die gleiche Unterstützung erfahren haben. Der Ausschuß drückt außerdem seine Sorge darüber aus, daß trotz bedeutsamer Bemühungen der Regierung Rassismus und Antisemitismus in bestimmten Schichten der Bevölkerung weiterbestehen. Der Ausschuß empfiehlt daher eine Intensivierung der Anstrengungen zur Erziehung der Jugend und der Ausbildung der Polizei, daß Rassismus und Fremdenfeindlichkeit die grundlegende menschliche Würde verletzt, im Gegensatz zu fundamentalen Werten stehen und verfassungsmäßig wie rechtlich unzulässig sind und legt nahe, daß solche Erziehung und Ausbildung in den weiteren Zusammenhang einer Menschenrechtserziehung und -ausbildung gestellt wird. Der Ausschuß legt der Bundesregierung und den Länderregierungen nahe,10 Menschenrechtsunterricht in Schulen, Hochschulen und Universitäten sowie in Polizei- und Wehrakademien einzuführen, in Hinblick auf die Stärkung einer Kultur der Menschenrechte.
13. Der Ausschuß ist besorgt darüber, daß die Definition der Minderheiten als "ethnische oder sprachliche Gruppe, die ein traditionelles Siedlungsgebiet in einer bestimmten Region hat" in Absatz 244 des Berichtes hinsichtlich der Grenzen von Art. 27 der Konvention zu restriktiv ist. Der Ausschuß ist der Ansicht, daß Art.27 auf alle Angehörigen einer Minderheit anwendbar ist, sowohl sprachliche, religiöse, ethnische oder andere, einschließlich solcher, die nicht in einem bestimmten Gebiet konzentriert sind oder in einer bestimmten Region siedeln sowie der Immigranten und der anerkannten Asylanten.
14. Der Ausschuß bedauert, daß Deutschland einen Vorbehalt angebracht hat, der die Zuständigkeit des Ausschusses nach dem Zusatzprotokoll für Verletzungen der Rechte, wie sie von Art. 2611 geschützt werden, ausschließt.12
15. Der Ausschuß drückte seine Besorgnis darüber aus, daß Einzelhaft bis zu einer Zeitdauer von drei Monaten auferlegt und durch gerichtliche Anordnung noch darüber hinaus ausgedehnt werden kann.
16. Der Ausschuß ist besorgt, daß die Mitgliedschaft in bestimmten religiösen Sekten als solche in einigen Ländern des Staates Einzelpersonen für eine Anstellung im öffentlichen Dienst disqualifizieren kann, was unter bestimmten Umständen die Rechte verletzen kann, die in Art. 18 und 25 der Konvention13 garantiert werden. Der Ausschuß fordert den Mitgliedstaat daher auf, die "Sensibilisierungs" - Sitzungen der Richter für die Praktiken einiger bestimmter Sekten nicht weiter fortzusetzen.
17. Der Ausschuß drückt sein Bedauern darüber aus, daß die Kriterien, die für die Prüfung der Berentung oder Entlassung früherer Angehöriger des öffentlichen Dienstes der ehemaligen DDR, einschließlich Richter und Lehrer, herangezogen werden, vage sind und die Möglichkeit des Verlustes des Arbeitsplatzes auf der Grundlage einer politischen Meinung, an welcher der Betreffende festhält oder die er äußert, offenlassen. Der Ausschuß regt diesbezüglich an, die Kriterien für die Entlassung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes der früheren DDR präziser zu fassen, so daß kein Beschäftigter des öffentlichen Dienstes aufgrund einer politischen Meinung entlassen wird, an der er festhält oder die er äußert.
18. Der Ausschuß ist besorgt über das bestehende absolute Streikverbot für Beamte, die keine Hoheitsgewalt im Namen des Staates ausüben und nicht mit wesentlichen Funktionen betraut sind, was Art. 22 der Konvention14 verletzen könnte.
19.
Der Ausschuß ist besorgt darüber, daß der Mitgliedstaat keine
Informationen hinsichtlich des Rechtes zur Bildung und Mitgliedschaft von Gewerkschaften
(Art. 22 der Konvention) oder über Aspekte des Rechtes der Kinder (Art.
24 der Konvention) mit der Begründung vorgelegt hat, Informationen bereits
anderen Vertragsorganen unterbreitet zu haben. Diesbezüglich erinnert der
Ausschuß den Staat, daß Berichte nach Art. 40 der Konvention Informationen
bezüglich aller Rechte der Konvention unterbreiten müssen.
1 | Rechtsgrundlage ist Art. 40 Abs. 4 CCPR. Nach kontroversen Disskussionen über die Auslegung der Vorschrift wurde ein vorübergehender Kompromiß im "Statement on the Duties of the Human Rights Committee under Article 40 of the Covenant" vom 30. Oktober 1980, U.N. Doc. CCPR/C/18 vom 19. August 1981 formuliert. Während der 44. Sitzung im März / April 1992 wurde dann die Annahme der Abschließenden Bemerkungen in der jetzigen Berichtsform und mit einheitlicher Gliederung, insbesondere mit der Formulierung gemeinsamer abschließender Bemerkungen durch den Ausschuß beschlossen, vgl. U.N. Doc. A/47/40, Ziff. 18 und 45. |
2 | U.N. Doc. CCPR/C/79/Add.73 vom 8. November 1996. Nichtamtliche Übersetzung und Anmerkungen von Assessor Ekkehard Strauß, Menschenrechtszentrum der Universität Potsdam. |
3 | Die Staatenberichte müssen alle fünf Jahre vorgelegt werden. In besonderen Fällen kann der Ausschuß auch einen Bericht nach kürzerer Zeit verlangen. S. "Decision on Periodicity of Periodic Reports from States Parties", U.N. Doc. CCPR/C/19/Rev.1 vom 26. August 1982. |
4 | Auf seiner 35. Sitzung im März 1989 beschloß der Ausschuß Arbeitsrichtlinien für die Behandlung der dritten periodischen Berichte eines Mitgliedstaates, die auch auf vierte Berichte Anwendung finden. Die Erörterungen und damit auch die Fragen, die dem Berichtsstaat vor der Sitzung unterbereitet werden, sollen sich danach auf Ereignisse konzentrieren, die nach der Erörterung des vorherigen Berichtes eingetreten sind. Die Behandlung soll außerdem in drei Treffen abgeschlossen werden. S. U.N. Doc. A/44/40, Annex VII. |
5 | Die Delegation bestand aus Botschafter Dr. Wilhelm Höynck von der Ständigen Vertretung Deutschlands in Genf, Dr. Helga Voelskow - Thies vom Bundesministerium der Justiz, Jürgen Haberland vom Bundesministerium des Innern sowie weiteren hochrangigen Vertretern der Ständigen Vertretung und des BMJ. |
6 | Die DDR war seit dem 8. November 1973 ebenfalls Mitglied des Paktes. Der Dialog über einen Staatenbericht ist abgedruckt in: Yearbook of the Human Rights Committee 1983/84. 17th - 22nd session, S. 590ff. |
7 | Fakultativprotokoll vom 19.12.1966 zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, BGBl. 1992 II 1246, in Kraft für Deutschland seit dem 25.11.1993; Zweites Fakultativprotokoll vom 15.12.1989 zur Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. 1992 II 390, in Kraft für Deutschland seit dem 18.11.1992. |
8 | Gesetz vom 1. September 1994. |
9 | Der Wortlaut im Englischen "expresses its concern" oder "is concerned" bedeutet aus der Diplomatensprache übersetzt, daß die betreffenden Punkte diskutiert, aber von den Ausschußmitgliedern nicht einheitlich beurteilt wurden. Bei einem einheitlichen Meinungsbild fehlt diese Formel. |
10 | Der Ausschuß benutzt hier den sehr nachdrücklichen Begriff "urges", während er sonst lediglich den schwachen Begriff des "recommends" gebraucht. |
11 | Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz. |
12 | S. Bekanntmachung vom 30. Dezember 1993 über das Inkraftreten des Fakultativprotokolls zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, BGBl. 1994 II 311. |
13 | Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; Recht auf gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern. |
14 | Vereinigungsfreiheit. |
Quelle: MenschenRechtsMagazin Heft 3 - Juni 1997, S. 23-26 |