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2. Aktueller Mechanismus |
2. Gegenstand 3. Schlüssigkeit 4. Mitteilung der Zulässigkeitsentscheidung und Fortgang des Verfahrens |
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2. | |
Die UNESCO kann sich dabei auf die Ziele der Organisation berufen. So heißt es in Artikel 1 Abs. 1 ihrer Charta, daß das Wirken der Organisation auf die Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Völkern gerichtet sein und der Achtung der Menschenrechte in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle zukommen soll.
Die UNESCO ist wie alle einer breiten Öffentlichkeit bekannten Unterorganisationen der Vereinten Nationen rasch zu einem Adressaten von individuellen Rechtsschutzbegehren geworden.1 Die meisten davon fallen in einen der vier Bereiche, für die die UNESCO zuständig ist: Erziehung, Wissenschaft, Kultur und Information.
Werfen wir einen kurzen Blick auf die Vorläufer des heutigen Verfahrens:
Nach einem ersten, aber nie wirksam gewordenen Ansatz zu Beginn der 50er Jahre2 wurde im Jahre 1967 ein Verfahren entwickelt, das vier Voraussetzungen aufstellte:
Die Beschwerde mußte von einem nicht anonymen Beschwerdeführer eingelegt und nicht bereits zu einem anderen Kontrollorgan erhoben worden sein. Zweitens mußte sie sich auf einen konkreten Fall beziehen und drittens eine Verletzung von Menschenrechten zum Gegenstand haben. Viertens schließlich hatte sie den Zuständigkeitsbereich der Organisation zu betreffen.3
War das der Fall,
dann gelangte die Beschwerde zum CRE, der die betroffene Regierung zur Stellungnahme
aufforderte und hierüber in nichtöffentlicher Sitzung beriet. Lediglich
das Ergebnis wurde dem Exekutivrat mitgeteilt.4
Aus dieser Anlage ergibt sich zweierlei: Erstens ist das Verfahren nicht an besondere förmliche Voraussetzungen geknüpft.6 Beschwerdeberechtigt ist nicht nur das Opfer eines gerügten Verstoßes, sondern auch jede andere Person oder Gruppe mit zuverlässiger Kenntnis von diesem Verstoß. Allerdings dürfen diese Informationen nicht überwiegend aus Medienberichten stammen. Das Mandat verzichtet auch auf die sonst bei internationalen Beschwerdeverfahren rigoros gehandhabte Voraussetzung der Erschöpfung des innerstaatlichen Rechtsweges. Der Beschwerdeführer muß dies lediglich versucht haben.
Zweitens ist das Verfahren vor dem CRE durch seine absolute Vertraulichkeit gekennzeichnet. Die Anhörung der Staatenvertreter findet ebenso hinter verschlossenen Türen statt, wie die Beratungen des Ausschusses. Darüber hinaus sind auch die Berichte des CRE an den Exekutivrat vertraulich und werden von diesem gleichfalls in vertraulichen Sitzungen beraten. Hierbei wird besonders darauf geachtet, den Teilnehmerkreis begrenzt zu halten, und sich um eine "dosierte Bekanntgabe der Ergebnisse"7 bemüht.
Lediglich in Fällen grober, systematischer und flagranter Menschenrechtsverletzungen haben der Exekutivrat oder die Generalkonferenz die Möglichkeit, die Öffentlichkeit herzustellen. Im Unterschied zum soeben dargestellten Verfahren, das "Fällen" ("Cases") gewidmet ist, kann CRE in diesem Zusammenhang "Situationen" ("Ques-tions") behandeln. Wenn der CRE über die Vorlage berät und beschließt, ist er jedoch an die strenge Vertraulichkeit gebunden, die es ihm untersagt, auch nur die Namen der betroffenen Staaten oder der Beschwerdeführer zu nennen. Erst die übergeordneten Organe sind dazu berechtigt - aber nicht verpflichtet - die Öffentlichkeit bei ihren Beratungen oder Beschlußfassungen herzustellen.
3. | |
1. |
Director of the Office of International Standards and Legal Affairs of UNESCODieser Brief sollte in englischer oder französischer Sprache abgefaßt sein und die wesentlichen Vorwürfe darstellen. Das Sekretariat wird dem Beschwerdeführer daraufhin ein Formular zur Ergänzung zusenden. Nachdem dieses dem Sekretariat wieder vorliegt, ist das Verfahren offziell eröffnet.
7, Place de Fontenoy
F - 75 352 Paris
Der CRE tagt zweimal
jährlich (Frühjahr und Herbst) in vertraulicher Sitzung.
Die Rechte werden jeweils auf der Grundlage der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und der beiden Menschenrechtspakte definiert. Demgegenüber werden die eigenen Instrumente der UNESCO, die Menschenrechten gewidmet sind - wie die Universal Copyright Convention - seltener herangezogen.
Artikel 14a der
Entscheidung 104/EX von 1978 schließt darüberhinaus Beschwerden aus,
die ausschließlich auf Erwägungen beruhen, welche außerhalb
von Menschenrechten anzusiedeln sind. Um es der entgegnenden Regierung nicht
zu einfach zu machen, die Beschwerde zurückzuweisen, ist es zu vermeiden,
daß der Beschwerdeführer die Regierung politisch angreift. Vielmehr
muß seine Beschwerde sich auf die Darlegung der Fakten und eine rechtliche
Analyse beschränken.
Wird auf diese Weise nicht Abhilfe geschaffen, so berichtet der CRE schließlich an den Exekutivrat und schlägt diesem gegebenenfalls Maßnahmen vor. Allerdings steht den beteiligten Organen eine breite Palette von Maßnahmen offen, die - so steht zu hoffen - nach dem Ende des Kalten Krieges aktiver genutzt werden kann.
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2. |
Im abstrakten Vergleich mit anderen Mechanismen, die Individuen offenstehen, schneidet das Verfahren zum CRE keineswegs schlechter ab. Zum einen ist der Kreis der Beschwerdeberechtigten weit gefaßt, zum anderen ist auch die vielbeschworene Vertraulichkeit gegenüber dem Verfahren zur Menschenrechtskommission nach Resolution 15038 gelockerter. Außerdem hält das Verfahren noch einige Bestimmungen bereit, die bislang nicht oder nur selten zur Anwendung kamen. So können das Sekretariat und CRE selbst Befragungen vornehmen, es besteht die Möglichkeit, Zeugen zu hören und schließlich könnte CRE verstärkt die Öffentlichkeit suchen.
Dem CRE wurden
in den Jahren 1978 bis 1991 insgesamt 402 Beschwerden vorgelegt. Davon konnten
197 erfolgreich abgeschlossen werden. Zur Erfolgsbilanz gehört, daß
121 Häftlinge entlassen wurden, 54 Opfer ihr Heimatland verlassen oder
dorthin zurückkehren konnten und es 24 weiteren möglich war, an ihren
Arbeitsplatz zurückzukehren. Diese Erfolgsbilanz wird von einem langjährigen
Mitglied des CRE als zwar bescheiden eingeordnet, sie mache aber gleichwohl
deutlich, daß Publizität keineswegs die allein wirksame Anwort auf
Menschenrechtsverletzungen darstelle. Vielmehr belege die Praxis des CRE, daß
eine geschickte Handhabung von Schlichtung und Publizität gleichermaßen
hilfreich sein könne. Allerdings sei dabei auf die richtige Reihenfolge
zu achten: es müsse mit dem Schlichtungsversuch, nicht mit dem Appell an
die öffentliche Meinung begonnen werden.9
Anmerkungen:
1 | Vgl. für die UN-Menschenrechtskommission N. Weiß, Einführung in "UN Non-Treaty Procedures" Menschenrechtsschutzverfahren der Vereinten Nationen, die nicht auf Verträgen basieren, in: MRM, Heft 4/Oktober 1997, S. 6ff. |
2 | Prüfungskompetenz des Exekutivratsvorsitzenden und nachfolgend des Rates selbst gemäß UNESCO Doc. 30 EX/Decision 11 (1952). |
3 | UNESCO Doc. 77 EX/Decision 8.3 (1967). |
4 | Eine Ausnahme bildtete lediglich ein gegen Chile gerichteter Fall aus dem Jahre 1976. |
5 | UNESCO Doc. 104 EX/Decision 3.3 (1978). |
6 | Die Regelungen in Art. 14 dieser Entscheidung stellen allesamt keine Hürden im Sinne von technischen Unzulässigkeitsgründen auf, sondern sollen hauptsächlich völlig unsinnige Eingaben abwehren. Dort, wo es - wie bei der Rechtswegerschöpfung - um "härtere" Kriterien geht, zeichnet sich das Verfahren durch eine flexible Handhabung derselben aus. Vgl. im einzelnen unter II. |
7 | K. J. Partsch, Stille Diplomatie oder Publizität bei effektiver Förderung der Menschenrechte?, in: Eckart Klein (Hrsg.), Stille Diplomatie oder Publizität? Überlegungen zum effektiven Schutz der Menschenrechte, 1996, S. 135 (136). |
8 | Vgl. dazu N. Weiß (Fn. 1), S. 8 ff. |
9 | K.J. Partsch (Fn. 7), S. 138. |
Quelle: MenschenRechtsMagazin Heft 1/98 - März 1998, S. 6-18 |