Das Studium in Tartu war anspruchsvoll und erforderte relativ viel Aufwand. Allerdings sorgte der erhöhte Lernaufwand auch dazu, dass man viel gelernt hat. Die Dozenten waren sehr kompetent und standen auch außerhalb der Vorlesungszeiten immer für Fragen bereit, was das Ganze sehr angenehm gestaltete. Zumindest in der Informatik wird viel Wert auf Gruppenarbeit und die Präsentation dieser gelegt, was meiner Meinung nach sehr sinnvoll ist. An der informatischen Fakultät stehen den Studierenden mehrere Gruppenarbeitsräume zur Verfügung, die sich optimal zum Arbeiten mit anderen Studenten eignen. Diese sind täglich von 8 bis 19:30 Uhr geöffnet.
Durch die vom ESN organisierten Veranstaltungen baut man relativ schnell Kontakt zu anderen ausländischen Studierenden auf. Wenn man im Wohnheim wohnt, kommt man praktisch nicht darum herum, andere Erasmus-Studierende kennenzulernen. Einheimische lernt man am besten durch Gruppenprojekte in der Universität kennen oder indem man die örtlichen Bars besucht.
Ich entschied mich dagegen, während meines Aufenthalts in Estland Estnisch zu lernen und bereue diese Entscheidung nicht. Es ist vermutlich nicht hinderlich die estnische Sprache zu lernen, allerdings hat man dadurch auch keinen großen Vorteil. Englisch reicht vollkommen aus, um in Estland zurecht zu kommen. In der Universität ist sowieso alles auf Englisch und auch die anderen Studierenden sprechen sehr gutes Englisch. Lediglich die Kommunikation mit älteren Esten gestaltet sich schwieriger, wenn man der estnischen Sprache nicht mächtig ist. Ich bin mir aber auch nicht sicher, inwiefern sich das durch einen Estnisch-Kurs verändert hätte. Eine Sprache nur ein Semester lang zu lernen, reicht wahrscheinlich nicht aus, um größere Konversationen mit Einheimischen zu führen. Alles in Allem hat das Auslandssemester meine englischen Sprachkenntnisse enorm verbessert. Vor allem mein Fachenglisch verbesserte sich stark.
Ich habe mich bewusst gegen das Leben im Wohnheim entschieden, da ich schlechte Erfahrungen gemacht habe, mir Wohnungen mit fremden Menschen zu teilen. Stattdessen habe ich mit zusammen mit einem Kommilitonen eine Wohnung online gesucht. Wir sind fündig geworden und waren mit unserer Wohnung sehr zufrieden. Die Mieten in Estland sind relativ niedrig und selbst wenn man eine etwas teurere Wohnung mietet, ist das Preis/Leistung-Verhältnis mehr als in Ordnung, vor allem im Vergleich zum Wohnheim. Für unsere 3-Zimmer Wohnung haben wir 550 Euro Kaltmiete im Monat gezahlt. Anteilig war das günstiger, als sich im Wohnheim ein Doppelzimmer alleine zu mieten und man hatte gleichzeitig noch mehr Komfort, da unsere Wohnung über eine deutlich größere Küche mit Ofen, Geschirrspüler und mehr als zwei Herdplatten verfügte und wir zusätzlich noch ein Wohnzimmer hatten.
Das Leben in Tartu gestaltete sich als sehr angenehm. Das Stadtzentrum ist überschaubar und lässt sich in 20 min komplett durchqueren. Die wichtigsten Geschäfte, Restaurants und Bars sind alle sehr nah beieinander. Wenn man nicht weit außerhalb des Zentrums wohnt, kann man alles bequem zu Fuß erreichen. Auch die geisteswissenschaftlichen Fakultäten, sowie die mathematische/informatische Fakultät befinden sich alle im Zentrum und sind schnell zu erreichen. Allerdings gibt es auch öffentliche Busse, falls man doch mal etwas aus dem Zentrum fahren muss. Die Lebenshaltungskosten in Estland sind moderat. Die Preise für Einkäufe sind ähnlich wie in Deutschland, evtl. ein bisschen höher. Am deutlichsten wird der Unterschied bei Alkohol, der teurer als in Deutschland ist. Das trifft allerdings auch nur auf den Alkohol zu, den man im Supermarkt kaufen kann. Die Preise in den Bars sind sehr ähnlich zu denen in Deutschland.
Studienfach: M.Sc. IT-Systems Engineering
Aufenthaltsdauer: 08/2017 - 02/2018
Gastuniversität:University of Tartu
Gastland:Estland
Unterm Strich ist ein Semester im Ausland jedem zu empfehlen und ich kann mit Gewissheit sagen, dass der Aufenthalt eine der wichtigsten und schönsten Erfahrungen meines Lebens war.