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Zwei Semester in Genua

Ich bin durch eine Verteiler-E-Mail, die auf Restplätze aufmerksam gemacht hat, auf die Idee gekommen, doch noch Erasmus zu machen. Ich habe mich für die Stelle beworben und sie auch schnell zugesichert bekommen. Die einzureichenden Unterlagen waren weitaus übersichtlicher als ich es erwartet hatte, dennoch ist es sehr anstrengend, ständig neue Sachen auszudrucken und auszufüllen und gefühlt jeden Tag beim Prüfungsamt vorbeizuschauen und sich einen Stempel und eine Unterschrift zu holen. Es hat aber alles sehr gut geklappt seitens der Uni Potsdam. Die Uni in Genua hat sich mit dem Antworten meistens eher Zeit gelassen, war aber sehr entgegenkommend und hilfsbereit. Nachdem alles sicher feststand, gab es eine sehr gute Info-Veranstaltung von Erasmus, bei der man alle nötigen Unterlagen bekommen hat und alle Fragen klären konnte. Hier wurden wir auch über Themen wie Krankenversicherung und Beurlaubung aufgeklärt. Grundsätzlich war Frau Kettman auch immer zuverlässig und hilfsbereit über E-Mail verfügbar.


Studienfach: Soziologie

Aufenthaltsdauer: 09/2016 - 07/2017

Gastuniversität: Università degli Studi di Genova

Gastland: Italien

Studium an der Gastuniversität

Die Uni Genua scheint keinen besonders ausgebauten Soziologie-Bereich zu haben. Ich konnte leider nicht zwischen besonders vielen Kursen auswählen. Ich hatte Glück, dass es Kurse gab, die mich wirklich sehr interessiert haben. Die meisten Seminare waren auf Italienisch, die Prüfung konnte man allerdings, meistens auf Englisch machen, wenn man wollte. Die Seminare der Sozial- und Politikwissenschaften finden im Albergo dei Poveri statt. Das alte Gebäude wurde zur Uni umfunktioniert und das merkt man leider auch. Die Akustik- und Lichtverhältnisse sind nicht besonders lernfördernd. Auch die grundsätzliche Planung und Organisation des Gebäudes ist nicht besonders gut. Es gibt aber eine Rezeption auf jeder Etage und das Personal weiß sehr gut Bescheid und kann sehr gut erklären, wie man wo hinkommt. Das Studienklima ist schwierig zu beschreiben. Die meisten ItalienerInnen, die in Genua studieren, sind dort aufgewachsen oder schon seit langer Zeit dort. Dementsprechend haben sich die meisten Gruppen schon gebildet. Die Leute sind nicht unfreundlich, aber auch nicht besonders offen. Mit ItalienierInnen ins Gespräch zu kommen und Freundschaften zu schließen ist nicht einfach. Aber sie helfen sehr gerne, wenn man fragt.

Studienfach: Soziologie

Aufenthaltsdauer: 09/2016 - 07/2017

Gastuniversität: Università degli Studi di Genova

Gastland: Italien

Die Leistungsanforderungen und die Gestaltung der Seminare sind in Genua anders als in Potsdam. Zum einen sind die Seminare an sich wie Vorlesungen konzipiert, d.h. der Dozent trägt etwas vor (meist mit PowerPointPräsentation) und die StudentInnen hören zu. Diskussionen habe ich keine einzige gesehen. Referate sind in manchen Kursen Teil der Prüfung, in anderen eine Prüfungsnebenleistung, in den meisten Seminaren muss aber kein Referat gehalten werden. Ein weiterer Unterschied ist, dass in Genua meistens ein, höchstens zwei Bücher pro Seminar durchgenommen werden, diese dann aber komplett. Das hat zwar den Nachteil, dass man sich nur von einer Sichtweise an ein Thema annähert, aber ich fand es sehr gut, mich mal richtig in ein Thema oder eine Theorie / Herangehensweise reinzuarbeiten und diese richtig zu verstehen. Ich habe durch diese Methode sehr viel tiefgreifender und nachhaltiger gelernt als in Potsdam. Die Prüfungen sind im Normalfall mündliche Prüfungen (10-30 Minuten), in denen drei Fragen gestellt werden. Leider sind die Prüfungen nicht gut organisiert, sodass alle zu einer bestimmten Uhrzeit zusammenkommen, man dann aber den halben Tag in einem Raum sitzt und die Prüfungen der anderen im Raum stattfindet. Das ist etwas nervenaufreibend und nervig. In den meisten Seminaren gibt es die Möglichkeit, zwischen einem teilnehmenden und nicht-teilnehmenden Studentenstatus auszuwählen. Wer an dem Seminar teilnehmen will, muss regelmäßig erscheinen, die Prüfungsnebenleistungen erfüllen und muss dann meist das Buch des Seminars für die Prüfung vorbereiten. Wer nicht teilnimmt, kann trotzdem die Prüfung machen, muss aber dafür ein oder zwei Bücher mehr vorbereiten. Die Unigebäude sind über das ganze Stadtzentrum verteilt und entsprechend gibt es auch mehrere Bibliotheken, in denen es viele freie Arbeitsflächen gibt. Computerpools gab es nicht in meiner Fakultät. Die DozentInnen waren alle sehr hilfsbereit und entgegenkommend und kannten sich in ihrem Gebiet gut aus. Per E-Mail waren sie alle gut zu erreichen, nur muss man manchmal ein paar Tage auf eine Antwort warten. Warten sollte man sich ohnehin angewöhnen an der Uni Genua – mit terminlicher Genauigkeit nimmt man es hier nicht so ernst.

Kontakte zu  einheimischen und ausländischen Studierenden

Kontakt zu einheimischen aufzunehmen ist eher schwierig. Genua ist für seine Verschlossenheit bekannt. Am meisten Erflog hat man, wenn man mit einheimischen zusammenwohnt oder sich auf den ESN-Veranstaltungen an die Veranstalter und deren Freunde hält. Generell ist eine gute Idee, auf die ESN-Veranstaltungen zu gehen, vor allem am Anfang. Dort kommt man schnell und locker in Kontakt mit anderen Erasmus-StudentInnen und lernt die Stadt ein bisschen kennen.

Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt

Ich konnte eigentlich fast noch gar kein Italienisch bevor ich nach Genua gekommen bin. Der Intensiv-Kurs vor Anfang des Semesters hat mir sehr viel gebracht. Danach habe ich mich eher selbst um mein Italienisch gekümmert. Ich habe italienische Bücher gelesen und Netflix auf italienisch geschaut, was meiner Grammatik und meinem Wortschatz viel gebracht hat, aber man sollte initiativ auch immer versuchen zu sprechen, wo immer man kann. Denn da man meistens viel mit anderen Erasmus-StudentInnen zusammen ist, wird auch viel Englisch gesprochen und ohne Eigeninitiative wird mit dem Italienisch nicht viel passieren. Ich hatte Glück, dass meine Freunde auch Interesse hatten, tatsächlich die Sprache zu lernen, deshalb haben wir oft versucht, miteinander Italienisch zu sprechen.

Wohn-  und Lebenssituation

Ich musste mich nicht um eine Unterkunft sorgen, da zufällig ein Verwandter von mir zur selben Zeit wie ich nach Genua gezogen ist und noch ein Zimmer frei hatte. Ich habe alles inklusive 200€ Miete im Monat gezahlt, alle meine Freunde jedoch mehr (zwischen 290-380€). Genua ist stark mit Bussen vernetzt. Der Verkehr ist hektisch und laut, die Busse fahren vor allem abends / an den Wochenenden nicht besonders oft (wenn man Berlin gewohnt ist). Ich habe mir deshalb ein Fahrrad gekauft, um unabhängiger zu sein. Beste Idee – aber man braucht auf jeden Fall ein extrem gutes Schloss. Die Strände kann man teilweise auch mit den Bussen, ansonsten aber auch einfach mit der Regio erreichen. Die Lebenshaltungskosten sind leider höher als Berlin. Saisonales Obst und Gemüse ist zwar billig, aber viele andere Sachen sind teurer. Abends ausgehen kostet aber ungefähr genauso viel wie in Berlin / Potsdam. Das ESN bietet viele Freizeitangebote an (z.B. Volleyball, Wochenendtrips, Fußball), ansonsten gibt es viele Strände in der Nähe, tolle Cafés und Bars und die Stadt an sich ist spannend zu entdecken. Clubs gibt es leider nicht besonders viele und die meisten sind auch eher gleich und im Sinne der Erasmus-Chart-Pop-Kultur gehalten. Aber wenn man die Augen und Ohren aufhält, gibt es immer mal wieder gute Veranstaltungen, manchmal auch ein bisschen außerhalb (Santa Margherita).

 


Rückblick

Ich kann nur raten, Genua nicht sofort zu verurteilen. Hier sind zwar viele alte Leute und es scheint, als ob die Jugendkultur etwas unterdrückt wird (stimmt auch), aber die Stadt hat einen ungeheuren Charme und vor allem unzählige atemberaubende Flecke. Ich habe hier unglaubliche Menschen kennengelernt, viel über mich selbst, andere Kulturen, vor allem aber Soziologie, habe toll gegessen und viel gelacht. Ich konnte mir sogar einiges von der italienischen Kunst des Nichtstun abschauen, aber auf eine gute Art. Ich habe in dem Jahr auch sehr viele Kurztrips in andere Teile von Italien gemacht, auch das kann ich nur empfehlen, denn Genua ist schon durchaus weniger progressiv als Turin, Florenz, Rom oder Neapel, vor allem was das Nachtleben für StudentInnen angeht. Nichtsdestotrotz kann ich Genua jedem empfehlen, der aufgeschlossen ist und sich auf Neues einlassen kann. Aber auch, wenn jemand keine Lust auf Genua hat – absolut legitim – ein Auslandssemester an sich kann ich auf jeden Fall nur empfehlen. Für mich war dieses Erasmus-Jahr eine der wichtigsten und tollsten Erfahrungen meines Lebens, vielleicht sogar die beste.

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