Zum Hauptinhalt springen

Prof. Dr. Jürgen Mackert

Drittmittelgeber:  Alexander-von-Humboldt-Stiftung

Bewilligtes Projektvolumen: 104.000,00 €

Laufzeit: 01.10.2018 – 30.09.2020


Fighting for the River: Gender, Body and Agency in the Struggles against Hydropower (tentative title) is under contract with the University of California Press to be published in 2023.

Das Buch behandelt die Kämpfe lokaler Gemeinschaften gegen private und kleine Wasserkraftwerke in der Türkei. Auf der Grundlage umfangreicher ethnografischer Forschung wird ein körperzentrierter Ansatz für den Umweltaktivismus von Frauen entwickelt und mit einer relationalen ontologischen Perspektive verbunden, um zu erörtern, wie nicht-menschliche Entitäten durch unsere alltägliche Erfahrung und körperliche Verbindung mit ihnen zu einem Teil unserer mehr-als-menschlichen Lebenswelt werden (indem wir Lebenswelt als inklusive Umwelt verstehen). Fighting for the River geht vom Körper aus, um nicht nur gelebte Erfahrungen zu untersuchen, sondern auch die Art und Weise aufzuzeigen, in der gelebte Erfahrungen uns mit nicht-menschlichen Entitäten und Umwelten verbinden. In Anlehnung an die Anti-HEPP-Kämpfe, vor allem in der östlichen Schwarzmeerregion, wo Flusswasser nicht für unmittelbar wirtschaftliche Zwecke genutzt wird, lässt sich sagen, dass die Position einer Einheit der Umwelt in der Lebenswelt eines Individuums oder einer Gemeinschaft entscheidend ist für die Herausbildung einer politischen Handlungsfähigkeit zum Schutz dieser Einheit. Was die radikale politische Handlungsfähigkeit von Frauen in diesem speziellen Fall prägt, ist die zentrale Bedeutung von Flüssen für die sensorische, affektive und emotionale Welt der Erfahrung und für die Gestaltung von Orten, Geschichten, Erinnerungen und Erbe. Anhand des empirischen Falles des östlichen Schwarzen Meeres zeigt das Buch, dass unsere Verortung in sozio-ökologischen Beziehungen für die Subjektivierungsprozesse von zentraler Bedeutung ist.

Begreift man Einheiten der Umwelt wie Flüsse nicht nur als „Ressourcen“, sondern als konstitutive Teile der Lebenswelt, so weist man die Unterordnung derartiger Einheiten/Gemeingüter und die sozial-affektiven Beziehungen, die mit ihnen und um sie herum aufgebaut werden, zu bloßen Waren zurück. Um lokale Umweltbewegungen und ihre Forderungen nach Gerechtigkeit jenseits des Rahmens von „Ressourcenkämpfen“ zu verstehen und den interkorporellen und mehr-als-menschlichen Charakter der Lebenswelt anzuerkennen, müssen wir unsere Vorstellungen von Handlungsfähigkeit, Sozialität und sozialer Gerechtigkeit neu überdenken. Das vorliegende Buch reagiert auf diese Herausforderung, indem es die Mensch-Nicht-Mensch-Beziehung als eine Frage der Gerechtigkeit begreift und daher den Begriff der sozial-ökologischen Gerechtigkeit entwickelt. Sozial-ökologische Gerechtigkeit steht für die Erfahrung des Zusammenlebens mit nicht-menschlichen Einheiten, die sich in den Gerechtigkeitsansprüchen von Basisbewegungen widerspiegelt, und setzt diese Ansprüche in Beziehung zu indigenen relationalen Ontologien und Ethiken der Koexistenz. Insgesamt trägt „Fighting for the River“ zu einer ökologischen Konzeption von Lebenswelt, Sozialität, Gerechtigkeit und Subjektivität bei, indem es die empirischen Möglichkeiten einer ethnographischen Fallstudie und die konzeptionellen Versprechen eines energischen transdisziplinären Ansatzes einbezieht.