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Der ultimative Halbleiter – Felix Lang entwickelt Solarzellen und Strahlendetektoren für Weltraum und Medizin

Freigeist-Stipendiat Felix Lang am Campus Golm
Herstellung von Solarzellen im Labor
Foto : Tobias Hopfgarten
Solarzellen sind seine Leidenschaft: Freigeist-Stipendiat Felix Lang
Foto : Tobias Hopfgarten
Herstellung von Solarzellen im Labor

Dr. Felix Lang arbeitet lieber im Labor als am Rechner. „Wenn wir unsere Solarzellen testen, sieht man sofort, ob sie gut sind oder nicht“, sagt er. Im Mai 2022 hat er als erster Angehöriger der Universität Potsdam ein Freigeist-Fellowship der VolkswagenStiftung erhalten und baut derzeit seine Nachwuchsgruppe ROSI (Radiation-Tolerant Electronics with Soft Semiconductors) am Institut für Physik und Astronomie auf. „Mit dem Freigeist-Fellowship werden risikobehaftete Studien gefördert, die zwischen verschiedenen Disziplinen stehen“, sagt er. „Ich entwickle Solarzellen aus weichen Halbleitern, erforsche aber beispielsweise die Anwendung im Weltraum. Das wird bisher kaum gemacht, weil die Anforderungen zu hoch sind.“ Felix Lang möchte neuartige Halbleitermaterialien wie Perowskit sowohl für den Weltraum als auch für die Medizin nutzbar machen: „Das ist ein Innovationsmotor. Mein Ziel ist es, Grundlagenforschung mit einer konkreten Anwendung zu verbinden.“

Für die von ihm erforschten Anwendungsgebiete müssen Halbleiter besonders widerstandsfähig gegenüber Strahlung sein. „Die traditionelle Herangehensweise war, immer härtere Halbleiter herzustellen“, erläutert er. „Allerdings können unsere weichen Halbleiter der Strahlenbelastung ebenso gut widerstehen, da das Material in der Lage ist, Schäden, die durch Bestrahlung oder mechanische Belastung entstehen, selbst zu heilen.“ Halbleiter sind Stoffe, die abhängig von den äußeren Bedingungen wie der Temperatur und von Störungen in der Struktur des Atomgitters leitfähig oder isolierend sein können. Einer der wichtigsten Halbleiter ist Silizium. Es besitzt eine feste Kristallstruktur, die kaum Defekte aufweisen darf, um zu funktionieren. Der weiche Halbleiter Perowskit hat im Gegensatz zu Silizium außergewöhnliche Eigenschaften: Er ist zwar kristallin, verfügt aber über eine flexible Struktur, sodass sich einzelne Atome bewegen und sogar von einem Gitterplatz zum anderen springen können. Anders als bei Silizium stören auch Kristall-Defekte kaum. Solarzellen aus Perowskit haben einen hohen Wirkungsgrad und lassen sich gleichzeitig einfach und günstig herstellen. „Die erforderlichen Temperaturen zur Herstellung von Perowskit-Solarzellen liegen bei nur 100 Grad Celsius, bei Silizium dagegen sind es 1.400“, sagt der Physiker.

Die Herausforderung ist, dass weiche Halbleiter weder Sauerstoff noch Wasser vertragen. Daher sind sie geradezu prädestiniert für einen Einsatz im Weltraum. Gemeinsam mit dem Fachgebiet Raumfahrttechnik der Technischen Universität Berlin entwickelt Felix Lang Solarzellen-Prototypen, die an Bord eines Nanosatelliten ins All gebracht werden, möglicherweise bereits im kommenden Jahr. Weil man nicht alles mit Tests auf der Erde abdecken kann, interessiert ihn, wie gut die Solarzellen unter echten Weltraumbedingungen funktionieren. „Auch auf der Ariane 6 der europäischen Raumfahrtagentur ESA fliegt ein Experiment von mir mit, wenn alles klappt“, sagt er.

Ein weiterer Einsatzbereich, den der Physiker erforscht, ist die Medizin, wo im Moment nur sehr teure gute Strahlendetektoren existieren. „Neulich habe ich mich beim Zahnarzt röntgen lassen und war super erstaunt, dass die Aufnahme noch analog auf einem Film gemacht wurde und diese anschließend eingescannt werden musste, um eine digitale Röntgenaufnahme zu haben“, berichtet Felix Lang. „Ich würde gerne einen Detektor entwickeln, mit dem man die Röntgenstrahlung direkt als Strom messen kann, ähnlich einem digitalen Fotoapparat.“ Die Materialien, die dazu benötigt werden, sind jedoch in der Herstellung so teuer, dass sie kaum Anwendung finden. Mit Perowskit kann man ein höher aufgelöstes Bild bei gleichzeitig geringerer Strahlenbelastung bekommen. Das ist besonders bei der Computertomografie von Bedeutung, wo Tausende Einzelbilder zusammengesetzt werden müssen.

Dass er einmal Physik studieren würde, war Felix Lang am Anfang gar nicht klar. „Ich schwankte zwischen Medizin, Physik und Raumfahrttechnik“, sagt er. „Was mich aber seit der Schule schon interessiert hat, sind Solarzellen. Ich fand es damals absolut faszinierend, dass ich meinen eigenen Strom erzeugen kann. Ich war in jeder Physik-AG, die noch nachmittags stattfand, und habe im Keller der Schule Sachen zusammengelötet.“ Während seiner Doktorarbeit hat er dann das Material Perowskit auf Stabilität unter Strahlung getestet. „Als ich das Experiment gemacht habe, hatten mich alle für verrückt erklärt: Das ist so weich, das geht doch kaputt. Ich habe es trotzdem ausprobiert.“ Mit Erfolg.

Der Ausgleich zur Forschung bedeutet für den Wissenschaftler: den Rechner aus und ab in die Natur. „Um den Kopf freizukriegen, mache ich Sport – Wandern, Radfahren, Joggen, Schwimmen oder Kajakfahren. Da kann ich dann in Ruhe nochmal über die Probleme nachdenken“, sagt er. Und beim Wandern hat er natürlich eine Solarzelle auf seinem Rucksack befestigt, um das Handy aufzuladen.

 

Dieser Text erschien im Universitätsmagazin Portal - Zwei 2022 „Artensterben“ (PDF).