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Schülerlabore: Was ist das?

Stimmen aus der Literatur

Da die Schülerlabor-Szene sehr komplex ist, ist das Finden einer einheitlichen Definition vielschichtig. Somit gibt es bisher keine allgemein anerkannte Terminologie. "Da der Begriff Schülerlabor nicht geschützt ist, wird er derzeit für eine bunte Vielfalt von Einrichtungen und Veranstaltungen benutzt." [Haupt et al., 2013, Seite 324].

Lediglich der Begriff des Schülerlabors etablierte sich durch die von Engeln veröffentlichte Dissertation im Jahre 2004 für "MINT-Lernorte"' (Vergleiche [Haupt et al., 2015, Seite 16]. Seitdem existieren viele Versuche, eine Definition und Typisierung von Schülerlaboren zu finden. Engeln selber sieht Schülerlabore als eine Möglichkeit, "den Schülerinnen und Schülern den Zugang zu einem außerschulischen, vollständig neuen Lernort" [Engeln, 2004, Seite 13] zu ermöglichen.

"Ihnen wird die Gelegenheit gegeben, Experimente in speziell dafür eingerichteten Labors, die sich auf dem Gelände der kooperierenden Forschungseinrichtungen, Universitäten, außeruniversitären Einrichtungen bzw. der Unternehmen befinden, durchzuführen. Die Schülerinnen und Schüler haben die Möglichkeit, selbständig Erfahrungen zu sammeln und sich mit wissenschaftlichen Problemstellungen auseinander zu setzen." [Engeln, 2004, Seite 13]. "Obwohl das Spektrum an Schülerlabors inzwischen sehr vielfältig ist, sind die meisten bestrebt, den Schülerinnen und Schülern einen authentischen Zugang zu Naturwissenschaften und Technik zu vermitteln." [Engeln, 2004, Seite 14].

Als essenziell stellt sich hier heraus, dass Schülerlabore nach Engeln dadurch gekennzeichnet sind, dass sie außerhalb der Schule liegen und die Schülerinnen und Schüler zu selbstständigen Tätigkeiten veranlassen. Dabei ist die Authentizität zentrales Element.

Euler stimmt mit seiner Definition in wesentlichen Punkten mit der von Engeln über ein. Er schreibt, dass...

"[u]nter Schülerlaboren [...] außerschulische Einrichtungen verstanden [werden], die ganzen Schulklassen Begegnungen mit modernen Natur- und Ingenieurwissenschaften ermöglichen. Dies geschieht im Rahmen geeigneter Lernumgebungen mit Laborcharakter, die Schülerinnen und Schüler zur aktiven Auseinandersetzung mit naturwissenschaftlichen und technischen Fragestellungen und Methoden anregen. Die Authentizität der Arbeitsweisen und Lernerfahrungen steht dabei im Zentrum" [Kircher et al., 2007, Seite 760].

Auch hier wird der außerschulische Charakter betont, sowie die Authentizität der Lernumgebung und die Selbsttätigkeit. Zusätzlich werden die zu behandelnden Themen auf den MINT-Bereich beschränkt und das Labor als zentrales Element betont. Zudem werden für die Betreuung einer ganzen Klasse Arbeitsmöglichkeiten vorausgesetzt.

Scharfenberg geht in seiner Arbeit noch ein Stück weiter und schreibt, dass der ...

"Lernort Labor [...] didaktisch eine Lernumgebung dar[stellt], in der außerschulischer Unterricht stattfindet. Dabei verdeutlicht der Begriff, dass es sich um [...] organisierte Lernsituationen außerhalb des Schulgebäudes" [Scharfenberg, 2005, Seite 23] handelt.

Er stellt den Fokus innerhalb seiner Definition zusätzlich auf die vorbereitende Arbeit in der Einrichtung. Somit setzt er die bewusste Erstellung der Lernumgebung für Schülerinnen und Schüler als Merkmal voraus. Diese sich bietende Lernumgebung soll dabei den Charakter von Unterricht tragen.

Aus der Dissertation von Zehren geht hervor, dass seine Arbeit sich mit dem Aufbau eines Schülerlabors beschäftigt. Dazu schreibt er:

"Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist der Aufbau eines Labors, das Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit bietet, durch selbstständiges forschendes Experimentieren an Themen aus dem Unterricht, Interesse an naturwissenschaftlichen Fragestellungen und Naturwissenschaftsverständnis gleichzeitig zu entwickeln." [Zehren, 2009, Seite 11].

Zu der Eigenschaft der Selbsttätigkeit auf Seiten der Schülerinnen und Schüler wird hinzugefügt, dass die Arbeit thematisch auch mit dem Unterricht korreliert. Zudem werden die Inhalte auch hier auf den MINT-Bereich eingegrenzt.

In der Arbeit von Plasa [Plasa, 2013] wird sich der Definition von LernortLabor, die 2010 im Kursbuch 2010 - Schülerlabore in Deutschland veröffentlicht wurde, angeschlossen. Demnach sind Schülerlabore

"außerschulische Einrichtungen, in denen sich Schülerinnen und Schüler durch eigenes Experimentieren im Rahmen schulischer Veranstaltungen mit modernen Naturwissenschaften, Ingenieurwissenschaften, Mathematik und Informationstechnologie auseinandersetzen können. Dazu zählen Angebote in Universitäten, Fachhochschulen, Forschungseinrichtungen, Museen, Science Centern, Technologie- und Gründerzentren und der Industrie, die in geeigneten Laboren Begegnungen mit diesen Feldern ermöglichen. Die Experimentiertage finden regelmäßig, täglich oder wöchentlich, statt." [Dähnhardt et al., 2009, Seite 8].

Innerhalb dieser Definition wird die zeitliche Komponente zusätzlich mit benannt, so dass ein Schülerlabor durch wiederholte Angebote gekennzeichnet wird. Auch hier wird auf einen außerschulischen Veranstaltungsort hingewiesen, wobei die Rahmenbedingungen durch die Schule gestellt werden. Zudem findet eine thematische Eingrenzung auf den MINT-Bereich statt, wie schon in den Definitionen zuvor.

übereinstimmende Kriterien aus der Literatur

Es zeigt sich also, dass die Definitionen in vielen Punkten übereinstimmen und in einigen unterschiedlich konkret werden. Zusammenfassend lässt sich zunächst aufführen, dass die Schülerlabore laut Literatur folgende Kriterien erfüllen sollen:

  • Einrichtung außerhalb der Schule,
  • Möglichkeit des selbstständigen Experimentierens für Schülerinnen und Schüler,
  • Inhalte bezogen auf den MINT-Bereich,
  • Arbeit in ausgerüsteten Laboren,
  • Verfügbarkeit einer organisierten Lernumgebung,
  • Erfüllen der Rahmenbedingungen der Schule,
  • regelmäßiges Angebot.

Ausnahmen bestätigen die Regel?!

All diesen Definitionen unterläuft aber eine Ausgrenzung einiger als Schülerlabore bezeichneter Einrichtungen. Somit wird durch das Kriterium Einrichtung außerhalb der Schule das etablierte Schülerlabor Science on Tour der BTU Cottbus ausgeschlossen. Denn das Konzept dieser Einrichtung sieht vor, zum Experimentieren in die Schule zu kommen. Dabei bringen sie alle Materialien und die Ausrüstung eines modernen Labors mit. Ein weiteres Beispiel verdeutlicht, dass zu einem Schülerlabor nicht unbedingt ein explizites Labor nötig ist und somit nicht einmal die Beschränkung auf den MINT-Bereich. Das Schülerlabor Geisteswissenschaften der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften stellt einen realistischen und praxisnahen Bezug durch zum Beispiel Klassenraum-Experimente dar. Hierbei ist kein Labor von Nöten und es werden keine typischen MINT-Themen bedient. Dieses Schülerlabor stellt allerdings weitestgehend in diesem Themenfeld eine Ausnahme dar.

In dem nachfolgenden Werk des LernortLabor e.V. Schülerlabor-Atlas 2015 wurde festgestellt, dass die meisten Definitionen nicht zielführend sind, da sie zu sehr eingrenzen oder den Bogen zu weit spannten und somit verwässerten (Vergleiche [Haupt et al., 2015, Seite 17]). Jedoch zeigt sich die Notwendigkeit einer einheitlichen Begriffsbestimmung.

"Verständlicherweise wollen sowohl die Nutzer von Schülerlaboren (Lehrer und Schüler) als auch die Bildungsverwaltung und potentielle Drittmittelgeber bzw. Sponsoren über möglichst genaue Informationen verfügen, wenn sie einen Schülerlaborbesuch oder die Unterstützung eines Schülerlabors planen." [Haupt et al., 2013, Seite 324].

Leitbild

Somit erarbeiteten Haupt et al. ein Leitbild mit Primärkriterien aus den Gemeinsamkeiten der Schülerlabore.

"Es galt also, aus den Erkennungsmerkmalen Kategorien für unterschiedliche Schülerlabore abzuleiten sowie diese Erkennungsmerkmale als Kriterien für die jeweiligen Schülerlabor-Kategorien zu formulieren. Des Weiteren sollten ein Leitbild und übergeordnete Primärziele herausgearbeitet werden, die auf die Gesamtheit aller Schülerlabore zutreffen." [Haupt et al., 2013, Seite 325].

Explizit sollte das Ziel sein "die Heterogenität der Schülerlaborszene zu strukturieren, so dass vergleichbare Typen von Schülerlaboren durch die Definition der Kategorien erkennbar werden." [Haupt et al., 2013, Seite 324]. Diesen Kriterien wird sich für die Arbeit angeschlossen, da sie am wenigsten eingrenzen und trotzdem die wichtigsten Punkte konkretisieren. Zudem wurde die Definition durch die von Schülerlaboren gegründete und getragene Dachorganisation LernortLabor- Bundesverband der Schülerlabore e.V. vorgelegt.

Im Folgenden wird das Leitbild kurz vorgestellt und anschließend die alle verbindenden Primärkriterien aufgeführt.

"Zum gemeinsamen Leitbild aller bisheriger Schülerlabore gehört, dass sie das Interesse an und das Verständnis für Natur- und Ingenieurwissenschaften bei Kindern und Jugendlichen wecken und fördern wollen." [Haupt et al., 2015, Seite 17].

Dazu zählt auch, dass eine Vermittlung der Grundkenntnisse der Natur- und Ingenieurwissenschaften erfolgt, sowie Nachwuchs für MINT-Berufe und MINT-Studiengänge gefördert werden. Dabei sollen die Schülerlabore sich explizit als Unterstützung und Ergänzung der Schule verstehen (Vergleiche [Haupt et al., 2015, Seite 17]).

Auch hier erfolgt eine Beschränkung der Schülerlabore auf den Inhaltsbereich MINT. Allerdings ist dieses wenig problematisch, da bisher fast alle Schülerlabore in diesem Bereich interagieren bis auf das oben genannte.

Primärkriterien

Da die Kriterien des Leitbildes auch auf andere Lernorte zutreffen, wurden durch Haupt et al. weitere, sogenannte Primärkriterien identifiziert (Vergleiche [Haupt et al., 2015, Seite 18]).

Es finden sich drei entscheidende Kriterien:

  • "Es gibt ein gemäß der jeweiligen fachlichen Ausrichtung eingerichtetes Labor bzw. einen für MINT geeigneten Raum mit einer genügend großen Anzahl von Arbeitsplätzen an einem Ort, dem man eine Adresse zuordnen kann, außerhalb des Schulortes oder zumindest außerhalb des regulären Schulbetriebs, und mit einer deutlich besseren Ausstattung als sie normalerweise an Schulen zur Verfügung steht. " [Haupt et al., 2013, Seite 325].
  • "An mindestens 20 Tagen im Jahr wird das Labor/der Raum als Schülerlabor betrieben. Diese Zahl resultiert daraus, dass ein Schülerlabor im Jahr (abzgl. Feier- und Ferientagen) im Vollbetrieb etwa 200 Labortage anbieten könnte. Ein Labor, das weniger als 10% dieser Zeit anbietet, wird offensichtlich nur für sporadische, singuläre Ereignisse wie Experimentieren am Tag der Offenen Tür oder Girls' Day oder Ferienkurse genutzt. Es kann somit nicht mehr als ein auf Dauer angelegtes, aktives Schülerlabor bezeichnet werden." [Haupt et al., 2013, Seite 325].
  • "Schwerpunktmäßig findet eigenes Experimentieren – Forschen – Ausprobieren der Schüler/innen statt . Dabei sollen der naturwissenschaftliche Arbeitsprozess und die Methoden im Mittelpunkt stehen. Das selbstständige Experimentieren wird durch eine personelle Betreuung geleitet und reflektiert. " [Haupt et al., 2013, Seite 325].