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Mitarbeiterorientierte Personalsteuerung bei Gebiets- und Funktionalreformen von Landes- und Kommunalverwaltungen am Beispiel Mecklenburg-Vorpommern

Kurzdarstellung

Mit dem geplanten Forschungsprojekt soll die mitarbeiterorientierte Personalsteuerung bei der Umsetzung der Gebiets- und Funktionalreform in Mecklenburg-Vorpommern untersucht und bewertet werden. Trotz des großen Bedarfes an praxisbezogenem Wissen über den Forschungsgegenstand existieren derzeit nur wenige Publikationen, die sich auf Veränderungsprozesse der Makroorganisation (äußerer Aufbau der Verwaltung) und deren Auswirkungen auf das Personal beziehen. Die Reformakteure müssen daher auf ältere verwaltungswissenschaftliche Publikationen, auf Erfahrungswissen aus vergangenen Reformprozessen sowie auf Erkenntnisse aus der Privatwirtschaft zurückgreifen.
Mit Hilfe der geplanten Untersuchung sollen neue Erkenntnisse über die Konzepte, Strategien, Dramaturgien, Instrumente und Methoden sowie den Handlungsrahmen der Steuerung von Übergang, Zusammenführung, Ausgliederung und Integration von Personal der Landes- und Kommunalverwaltung im aktuellen Reformprozess gewonnen werden. Angenommen wird, dass nur durch aktive Kommunikation, Einbeziehung und Mitwirkung des unmittelbar und mittelbar betroffenen Personals sowie seinen Vertretungen ein nachhaltiger Erfolg der Reform gewährleistet werden kann. Dabei ist den spezifischen Interessen der Frauen als weitaus größter Beschäftigungsgruppe in der öffentlichen Verwaltung besonders Rechnung zu tragen. Das Zusammenwirken von Verwaltungsleitung, Personal, Personalvertretung, Reformstab und externen Beratern ist damit von besonderem Forschungsinteresse. Auf Basis der Analyse des theoretischen Wissensstandes in den Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften werden durch Auswertung der Informationen aus der Reformpraxis des Aufbaustabes „Regionalkreis Westmecklenburg“ neue Erkenntnisse gewonnen.

Verwaltungspraktische und wissenschaftliche Relevanz der Untersuchung

Internationaler Standortwettbewerb, fortschreitende europäische Integration, technologische Innovationen sowie vor allem Veränderungen der Alters- und Sozialstruktur und sinkende öffentliche Finanzmittel, haben den Anpassungsdruck auf die politisch-administrativen Strukturen in den letzten Jahren auch in Deutschland deutlich erhöht. Die Modernisierung der Binnenorganisation, Aufgabenprivatisierung sowie die Einführung einer neuen Personal- und Finanzsteuerung sind allein nicht ausreichend, um den veränderten Rahmenbedingungen für öffentliches Handeln gerecht zu werden. Damit der öffentliche Sektor auch künftig den modernen Steuerungs- und Leistungsanforderungen entsprechen kann, ist eine Überprüfung der Aufgaben und deren Verteilung verbunden mit einer effektiven Strukturvereinfachung notwendig. In diesem Sinne beabsichtigt die Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern eine umfassende Gebiets- und Funktionalreform.
Die Erhöhung von Transparenz, Bürgernähe, Bürgerbeteiligung, Qualität und Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerledigung gelten insoweit als übergreifende Reformziele. Durch Konzentration, Integration und Dezentralisierung soll es zu einer Straffung der Verwaltungsorganisation kommen. Dieser Wandel bei der Aufgabenerledigung i.V.m. Strukturvereinfachung hat weitreichende Auswirkungen auf das Personal als zentrale Ressource der Verwaltungen. Die langfristige Reduktion des Personalbestandes, der Personalübergang sowie die Personalzusammenführung sind deshalb eine der größten Herausforderungen bei der Umsetzung der Vorhaben. Für den nachhaltigen Erfolg kommt es auf die richtige Durchführungsstrategie und effektive Organisation des Umformungsprozesses an. Das Transformationsmanagement ist dabei auf die konstruktive und aktive Mitwirkung besonders der betroffenen, aber auch aller übrigen Mitarbeiter angewiesen.

Zielsetzungen und Fragestellungen des Projekts

Zentrale Herausforderung des Wandels ist zum einen die Organisation des Personalübergangs von der Landesebene auf die kommunale Ebene und zum anderen die Zusammenführung von kommunalen Verwaltungseinheiten der Kreisstufe. Beim Personalübergang Land-Kommunen im Wege der Aufgaben-Dezentralisierung stellt sich die Frage, wie das Landespersonal möglichst reibungslos in die Kreisebene integriert werden kann. Unterschiedliche Bezahlung, Status und Aufstiegsoptionen bei gleichwertigem Aufgabenfeld können vor Ort zu Spannungen führen. Auch der Dienstortwechsel verbunden mit höherem täglichem Anreiseaufwand etc. greift in die Interessen der bisherigen Landesbediensteten ein.
Abgesehen davon müssen sich die neuen Kreisbediensteten auf die Arbeitsabläufe, Organisationsstruktur und -kultur einer Kreisverwaltung einstellen. Die bisherige Tätigkeit im Gefüge der Ministerialverwaltung (überwiegend Linienorganisation mit starker sektoraler Differenzierung) unterscheidet sich teilweise erheblich von der eher fachamtübergreifenden (integrierten) Arbeitsweise in den flachen Hierarchien der Kommunalverwaltung (u. a. abhängig vom Umsetzungsstand des Neuen Steuerungsmodells – NSM -). Im Übrigen ist auch von Interesse, welche Mitarbeiter überführt werden und wie die Auswahl erfolgt (auch wenn grundsätzlich das Prinzip Personal folgt Aufgabe gilt). Hinsichtlich der Zusammenführung von Kreisverwaltungen sind von Interesse, wie das Personal und Organisationseinheiten aus den Ursprungskreisen so zusammengestellt werden können, dass ein Synergieeffekt entsteht und ineffiziente Doppelungen vermieden werden. Aufgrund dieser Prinzipien werden nicht alle Mitarbeiter ihren alten Arbeitsplatz wiedererhalten können.
Diese Mitarbeiter müssen in der neuen Struktur eine alternative Verwendung finden können, welche für sie und den Dienstherrn sinnvoll ist (z.B. Verwendung für Zukunftsaufgaben oder als Ergänzungspersonal für temporäre Arbeitslastspitzen etc.). Wie dabei der Auswahlprozess, die Zuordnung zu Organisationseinheiten und das neue Arbeitsverhältnis etc. gestaltet werden, soll mit dem geplanten Projekt in Mecklenburg-Vorpommern untersucht werden. Neben diesen zentralen Fragestellungen ist natürlich auch von Interesse, welche fördernden Begleitmaßnahmen durchgeführt werden müssen. Zu denken ist dabei an Qualifizierungsmaßnahmen zur Wahrnehmung andersartiger oder höherwertiger Tätigkeiten, aber auch verschiedene Veranstaltungen zur Integration der Mitarbeiter in ihre neuen Einheiten und zur Herausbildung einer gemeinsamen Kreis-Organisationskultur. Damit diese Prozesse von den Beteiligten akzeptiert werden und diese die Neustrukturierung aktiv mitgestalten, ist (wie schon erwähnt) die Einbeziehung der Mitarbeiter während der Vorbereitung, Durchführung und Integrationsphase der Fusion notwendig. Deshalb muss das Personal schon von Anfang an in die Gestaltung des Leitbildes für die neue Organisation einbezogen werden.
Wie dieser Prozess gestaltet werden kann, was dabei zu beachten ist (z.B. arbeitsrechtlich) und wie konkret die Potentiale der Mitarbeiter effektiv bei der Umstrukturierung ausgeschöpft werden können, ist ebenfalls Teil des Projektes. Erforscht werden soll also im Wesentlichen das Zusammenwirken von Personal, Personalrat, Verwaltungsleitung und Reformstab von Landesebene einerseits und Kreisebene andererseits bei der Bildung einer zukunftsfähigen Verwaltungsstruktur im Sinne des Modernisierungskonzeptes. Da die Mehrzahl der Verwaltungsmitarbeiter Frauen sind, hängt der Erfolg jeder Organisationsveränderung im öffentlichen Sektor ganz erheblich von der Beachtung frauenspezifischer Interessen ab. Die Entscheider in den Reformstäben kommen also – unabhängig von politischen Vorgaben – nicht umhin, für diese wichtige Beschäftigungsgruppe adäquate Lösungen zu finden. Wie dieser Herausforderung - bezogen auf den beschriebenen Organisationswandel – effektiv entsprochen werden kann, ist also auch ein wichtiger Bestandteil des geplanten Projektes.

Projektverlauf

1. Auswahl des Untersuchungsfeldes
Die Untersuchungen zur Personalsteuerung zur beschriebenen Verwaltungsreformthematik sollen vor allem am aktuellen Reformprozess in Mecklenburg-Vorpommern durchgef ührt werden. Dazu liegen schon umfangreiche Vorarbeiten und entsprechende Kontakte des Antragstellers vor. Dort wird nun nach erfolgreicher Beschlussfassung des Verwaltungsmodernisierungsgesetzes die konkrete Umsetzungsphase der Aufgabenneuordnung und Kreisgebietsreform beginnen. In diesem Zusammenhang wurde auch ein Personalübergangsgesetz beschlossen. Mit dem geplanten Forschungsprojekt soll die Durchführung der Personalüberführung Land-Kreis und die Kreiszusammenführung im Reformgebiet des neuen Regionalkreises Westmecklenburg untersucht werden.

2. Methodisches Vorgehen
Ausgangspunkt f ür die Untersuchung wird die Analyse der konkreten Reformvorhaben und deren Auswirkungen auf das Verwaltungspersonal sein. Parallel dazu wird einschlägige Fachliteratur zur Thematik recherchiert und ausgewertet. Da die Personalsteuerung in Verwaltungsreformprozessen nur aus einer fächerübergreifenden Perspektive der Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaft effektiv (praxisnah) betrachtet werden kann, wird bei der Recherche und theoretischen Bewertung der Phänomene ein entsprechend breiter Fokus angesetzt. Auf Basis dieses Wissensfundaments wird die Durchführung des aktuellen Reformprozesses verfolgt, um wichtige Erkenntnisse über die konkreten praktischen Herausforderungen und Problemlagen der Akteure zu erhalten. Dazu werden relevante Unterlagen aus der Reformpraxis des Aufbaustabes „Regionalkreis Westmecklenburg“ analysiert und Experteninterviews mit den Mitgliedern des Aufbaustabes durchgeführt. Durch Auswertung dieser Feldinformationen und Synthese mit den theoretischen Ausarbeitungen können schließlich als Ergebnis des Forschungsprojektes wichtige Erkenntnisse für die Personalsteuerung in Verwaltungsreformprozessen gewonnen werden. Den Abschluss der Ausarbeitungen bildet ein Projektbericht mit einer thesenartigen Zusammenfassung der Ergebnisse.

3. Zeitplanung
Mit Blick auf die noch notwendigen Vorarbeiten zum Projekt und den Fortgang der Durchführung des Verwaltungsumbaus soll das Projekt im Januar 2007 beginnen. Seinen Abschluss wird das Projekt mit der Erstellung des Projektberichtes zum Ende des Jahres 2007 finden. Der Untersuchungsverlauf gliedert sich grob in vier Phasen:

  • Erste Phase: Analyse der Reformkonzepte und normativen Grundlagen, Aufbau eines Netzwerkes zu den Akteuren des Untersuchungsobjektes, Analyse der Ausgangslage im Untersuchungsobjekt (1 Monat)

  • Zweite Phase: Literaturrecherche und Erarbeitung eines theoretischen Wissensfundamentes (2 Monate)

     

Dritte Phase: Begleitung der Durchführungsphase und Erarbeitung eines Interviewleitfadens, Sammlung von Daten und Informationen im Untersuchungsobjekt, Auswertung der empirischen Ergebnisse (5 Monate) Vierte Phase: Zusammenführung der Erkenntnisse von Theorie und Praxis, Bewertung Ergebnisse der Analysen, Erstellung des Projektberichtes (4 Monate)

Projektteam

Dr. Christiane Büchner [buechneruni-potsdamde]
Universität Potsdam
Kommunalwissenschaftliches Institut
Park Babelsberg, Haus 7
14482 Potsdam
Telefon: 0331/977-3252
Telefax: 0331/977-4531

HD Dr. Jochen Franzke [franzkeuni-potsdamde]
Universität Potsdam
Lehrstuhl für Politikwissenschaft, Verwaltung und Organisation
August-Bebel-Straße 89, Haus 2
14482 Potsdam
Telefon: 0331/977-3414
Telefax: 0331/977-3302

Dipl.-Verw. Wiss. Jens Tessman [tessmannuni-potsdamde]
Universität Potsdam
Kommunalwissenschaftliches Institut
Park Babelsberg, Haus 7
14482 Potsdam
Telefon: 0331/977-4460
Telefax: 0331/977-4531

 

Das Projekt wird von der Hans-Böckler-Stiftung gefördert