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Schiedes Goldlockenfarn - Cibotium schiedei
Foto: M. Burkart

Von Gärtnern, Botanikern und Dichtern

Pflanze des Monats Oktober 2017

Schiedes Goldlockenfarn

 

Als Erika Urbich 1954 ihre Gärtnerausbildung im Potsdamer Botanischen Garten begann, war dieser Garten gerade vier Jahre alt. Die junge Erika dachte nicht daran, dass sie nach fast 50 Jahren dieselbe Einrichtung als stellvertretende Technische Leiterin in den wohlverdienten Ruhestand verlassen würde. Sie erwies sich aber schnell als geschickt und umsichtig, sodass ihr als Junggärtnerin auch spezielle Aufgaben übertragen wurden.

Dazu gehörten zum Beispiel Fahrten nach Westberlin in den Dahlemer Botanischen Garten. Dort gab es einen alten Gärtnermeister, der mitgebrachte tropische Farne bestimmen konnte. Mit dem Mauerbau 1961 endeten diese Fahrten dann.
Bereits in ihrem ersten Lehrjahr traf die frischgebackene Auszubildende im Potsdamer Farnhaus zwei stattliche Exemplare eines kurzstämmigen Baumfarns an, beide offensichtlich älter als sie selbst.

Schiedes Goldlockenfarn (Cibotium schiedei) stammt aus Mexiko und bildet ausladende Wedel von freundlich hellgrüner Farbe. Sie entspringen einem kurzen, dicken Stamm, der dicht mit rotgoldenen Schuppenhaaren bedeckt ist. Schiedes Goldlockenfarn ist damit einer der schönsten Baumfarne, auch wenn er eigentlich gar keine richtige Baumgestalt ausbildet. Er war schon 1830 als neue Art erkannt und beschrieben worden, nämlich von den beiden Kustoden Diederich von Schlechtendal und Adelbert von Chamisso am Berliner Botanischen Garten, welcher sich damals noch im heutigen Kleistpark in Schöneberg befand.

Chamisso war zu dieser Zeit bereits ein bekannter Mann. 1781 in der Champagne als Sohn eines französischen Grafen geboren, kam er mit seinen Eltern nach mehrjähriger Flucht vor den französischen Revolutionsheeren 1796 nach Berlin. Nach Militärdienst und vielfältiger literarischer Betätigung hatte er großen Erfolg mit der Erzählung „Peter Schlemihls wundersame Geschichte“ von einem Mann, der dem Teufel seinen Schatten verkauft. Von 1815 bis 1818 nahm er als Bordwissenschaftler an der einzigen russischen Weltumsegelung jener Zeit teil, der Rurik-Forschungsreise, die ihn unter anderem nach Kalifornien, Hawaii und Alaska führte. Daraufhin erhielt er eine Ehrendoktorwürde sowie eine Anstellung am Königlichen Herbarium zu Berlin. Sein bewegender Reisebericht ist auch heute noch eine lohnende Lektüre.

Der Name dieses Goldlockenfarns ehrt seinen Entdecker Christian Schiede, der zwischen 1826 und 1830 in Mexiko Pflanzen und andere Naturalien sammelte, um sie nach Berlin zu schicken und an Museen sowie Privatsammler zu verkaufen. Das Geschäft war finanziell kaum auskömmlich, wissenschaftlich aber ertragreich: Schiedes Goldlockenfarn trägt die Nummer 801 in der Schlechtendal-Chamisso-Liste.

Schiede blieb schließlich als Arzt in Mexiko und starb dort 1836 mit nur 38 Jahren, Chamisso starb zwei Jahre später in Berlin. Ausgerechnet die Französische Revolution hat diesen Humanisten und Sozialkritiker ins konservativ-reaktionäre Preußen vertrieben.

Erika Urbich erfreut sich noch recht stabiler Gesundheit und ist inzwischen als Schatzmeisterin des Freundeskreises des Potsdamer Botanischen Gartens sowie als „lebendes Archiv“ dieses Gartens geachtet und geschätzt – und sie ist immer noch jünger als die beiden Goldlockenfarne im Farnhaus.

Schiedes Goldlockenfarn - Cibotium schiedei
Foto: M. Burkart