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Konstruktiver Umgang mit Lernwiderständen

Ein bedeutender Faktor der prozessorientierten Didaktik ist die Erkennung und der Umgang mit Lernwiderständen. Lernwiderstände sind im schulischen Alltag häufig zu beobachten und treten besonders in den Vordergrund, wenn Leistungen überprüft werden sollen.

Die zugrundeliegenden Ursachen bleiben dabei meist unentdeckt. Ob in Tests, Hausaufgaben oder der täglichen Mitarbeit; es gibt immer wieder Schüler/ innen, die irgendwie nicht aufgepasst haben. Einer Lehrkraft stellt sich dann die Frage: „Was habe ich nur falsch gemacht, dass die das immer noch nicht verstanden haben?

Ein Beispiel aus der Praxis
Betrachtet man die Verhaltensweisen einiger Schüler/ innen im aktuellen Unterrichtsgeschehen, stellt man schnell fest, dass Liam auf seinem Block rumkritzelt, Lisa verträumt aus dem Fenster schaut und Anton und Finn wieder einmal in tiefe Diskussionen verfallen sind, obwohl im Unterricht gerade der dritte Teil vom Roman „Die Tribute von Panem“ hinsichtlich seiner Figurenkonstellationen analysiert wird. Eigentlich ist das doch ein moderner Jungendroman? Eigentlich ist der Unterricht kommunikativ und offen gestaltet und eigentlich, ja eigentlich passt mal wieder keiner auf.

Erkennen, analysieren, reflektieren und beraten
Ein Allheilmittel Lernwiderstände zu reduzieren oder sie vorherzusagen gibt es nicht. Es gibt aber viele Möglichkeiten, im Unterricht konstruktiv mit ihnen umzugehen, damit sie nicht als Hemmnis, sondern als Katalysator im Lernprozess fungieren können. Sie sollten auf jeden Fall als produktiver Teil des Lernens genutzt werden. Im ersten Schritt ist es wichtig, Lernwiderstände nicht zu personalisieren, sondern sie als Ereignis im Lernprozess wahrzunehmen. Häufig haben Lernwiderstände emotionale oder private Gründe, die mit der Person der Lehrkraft oder dem Unterrichtsgegenstand nichts zu tun haben. Auch können Lernwiderstände durch zeitliche, räumliche oder institutionelle Gegebenheiten bedingt sein. Im zweiten Schritt steht die aktive Auseinandersetzung mit Lernwiderständen des Einzelnen bzw. der Gruppe im Vordergrund.

Hier sollte der Ursache konstruktiv und sachlich auf den Grund gegangen werden. Persönliche Schuldzuweisungen oder allgemeine Ablehnungshaltungen seien in diesem Schritt von beiden Seiten zu vermeiden. Die Auseinandersetzung ist selbst ein Lernprozess, da er bedingt, dass von Lehrer/ innen und Schüler/ innen gemeinsame Regeln eingehalten werden und offen im Unterrichtsgeschehen über Probleme gesprochen werden kann. Der dritte Schritt baut auf der aktiven Auseinandersetzung mit dem eigenen Lernwiderstand auf. Hierbei wird das eigene Verhalten reflektiert und nach individuellen Ursachen gesucht, die anschließend den Lösungsprozess vorantreiben. Im vierten Schritt steht ein reflektiertes Beratungsgespräch im Fokus. Die Erkenntnisse aus der vorhergehenden Analyse werden zusammengetragen und es werden gemeinsam effektive Lösungen formuliert.

Oberstes Ziel im Umgang mit Lernwiderständen ist diese zu Erkennen und darauf einzugehen:

  • Weiß ich, ob mein/ e Schüler/ in arbeitet und woran?
  • Hat mein/ e Schüler/ in Schwierigkeiten bei der Aufgabe?
  • Wie kann ich meine/ n Schüler/ in dabei unterstützen?
  • Welche Ursachen haben die Schwierigkeiten: eigene Unlust, will der/ die Schüler/ in etwas eigenes Lernen, fehlende Lernerfolge, der Gegenstand an sich…wie können wir gemeinsam damit umgehen?

Der Umgang und die Lösung von Lernwiderständen sollte dabei stets ein demokratischer Aushandlungsprozess sein.

Weiterführende Literatur

  • Arnold, R., 2004. Identität und Emotion als Faktoren. Erkenntnisse aus der Lernwiderstandsforschung.. Die Zeitschrift, Issue 2, pp. 23-24.
  • Faulstich, P. et al., 2005. Lernwiderstand, Lernumgebung, Lernberatung. Empirische Fundierungen zum selbstgestuerten Lernen., Bielefeld: Das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung. Tröster, M., 2000. Lernwiderstände. Die Zeitschrift, Issue 2, p. 41.