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Beispielexperimente

Grafik des Lesefensters
Foto: Dep. Psychologie
Abbildung 1

 

 

Leseexperiment MW (Moving-Window-Technik)

Die Kinder lesen einzelne Sätze auf dem Bildschirm während ihre Blickbewegungen erfasst werden. Da wir auf die Millisekunde genau wissen, welchen Teil des Satzes das Kind gerade liest, können wir seinen „Lesefluss manipulieren“. Dazu wird um die Blickposition des Kindes ein „Fenster“ eingestellt. Das bedeutet, dass beispielsweise links und rechts von der Blickposition jeweils nur 10 Buchstaben zu sehen sind (Abbildung 1, oben) oder bei anderen Sätzen sogar jeweils nur 3 Buchstaben links und rechts zu sehen sind (Abbldung 1, unten). Je weniger Buchstaben zur Verfügung stehen, desto geringer ist der Lesefluss, desto mehr Fixationen und Rücksprünge finden statt, und desto weniger Wörter werden übersprungen. Während es für Erstklässler egal ist, wie groß das Fenster ist (da sie Buchstabe für Buchstabe lesen), sind Zweit- und vor allem Drittklässler durch ein kleines Fenster stark eingeschränkt in ihrer Leseflüssigkeit. Die Fenstergröße, bei der die Kinder ihren „normalen“ Lesefluss beibehalten können, entspricht ihrer perzeptuellen Spanne, also der Menge an Information die mit einem Blick verarbeitet werden kann. Erstklässler können ca. 4 Buchstaben zur rechten Seite mitverarbeiten, Zweitklässler 5-6 Buchstaben und Drittklässler ca. 7 Buchstaben. Bei amerikanischen College-Studenten kann die perzeptuelle Spanne sogar 14-15 Buchstaben zur rechten Seite erreichen.

Grafik des Lesefensters
Foto: Dep. Psychologie
Abbildung 1
Kind während des PIER-Experimentes
Foto: Dep. Psychologie

PIER-Experiment

Wie lange dauert die Entschlüsselung eines Wortes für einen Erstklässler verglichen mit einem Drittklässler? Was führt dazu, dass manche Kinder gute Leser werden und andere nicht – ist es das Schulumfeld, Unterschiede in der Gedächtnisleistung, Lesehäufigkeit oder Motivation? Wie hängen Wort-, Satz- und Textverständnis mit der Leseflüssigkeit zusammen? Das Lesen ist eines der zentralen Fertigkeiten, die Kinder im Rahmen Ihrer Schulbildung erlernen. Im Rahmen der DFG-geförderten PIER Studie und unter der Leitung von Dr. Laubrock begleiten die Doktoranden Anja Sperlich und Johannes Meixner Schulkinder von der ersten bis zur sechsten Klasse in ihrer Leseentwicklung. Im Eyelab messen sie präzise wie lange die Entschlüsslung eines Wortes in Anspruch nimmt, wie häufig bestimmte Satzabschnitte nochmal  gelesen werden müssen oder gar übersprungen werden und wieviel Information Kinder auf einen Blick beim Lesen verarbeiten können – die sogenannte perzeptuelle Spanne, die im Fokus ihrer Forschung liegt. Durch die jahrelange Begleitung der Kinder und die umfassenden Nebendaten der PIER-Studie über Gedächtnis, Motivation, Emotion und andere kognitive Kompetenzen können Risiko- und Schutzfaktoren für die Entwicklung des Lesens erfasst werden. So wissen wir bereits, dass das automatische Wortlesen enorm zur Reifung der perzeptuellen Spanne (der Information, die auf einen Blick erfasst werden kann) in der 2. und 3. Klasse beiträgt. Einen ersten Überblick über die Leseeffizienz der Kinder von der ersten bis zur dritten Klasse bietet der Artikel von Sperlich, Schad & Laubrock, 2015

Kind während des PIER-Experimentes
Foto: Dep. Psychologie