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Dreilappen-Passionsblume - Passiflora triloba
Foto: M. Burkart
Dreilappen-Passionsblume - Passiflora triloba

Dreilappen-Passionsblume - Passiflora triloba

Pflanze des Monats Juli 2010

Erfrischende Früchte und christliche Symbolik

 

Als die Spanier Südamerika eroberten, stießen sie bei den Ureinwohnern des Kontinents auf zahlreiche höchst merkwürdige Nutzpflanzen.
Nicolas Monardes, ein Arzt aus Sevilla, berichtete 1569 als erster über eine Schlingpflanze, die Abbilder der Passion Christi trage. Er bekam die Pflanze, wegen ihrer Früchte Granadilla (Granatäpfelchen) genannt, aber nicht lebend zu Gesicht - er war auch nie selbst in Amerika - und behauptete unzutreffenderweise, die Passion sei auf den Blättern dargestellt. Der Jesuit Jose de Acosta berichtete in seiner Historia Natural y Moral de las Indias (Natur- und Sittengeschichter der Indianer) 1590 dann als erster detailliert über die Passionssymbole (Nägel, Martersäule, Geißeln, Dornenkrone, Wunden), räumte allerdings ein, es sei schon eine gewisse Frömmigkeit nötig, um diese in den Blüten zu erkennen. Dessen ungeachtet wurde die Symbolik in Form und Zahlen der "Passionsblüte" bald so populär, dass auch Linné, sonst eher deftig-erotischer als christlich-frommer Symbolik zugeneigt, in seinem Pflanzensystem 1753 die Gattungsbezeichnung Passiflora ("Leidensblume") aufgriff - obwohl mit Granadilla auch eine spanische und mit Maracuja eine portugiesische, indiostämmige Bezeichnung verfügbar war, die er hätte latinisieren können.

In der Tat haben die mehr als 500 heute bekannten, mehrheitlich aus dem tropischen Amerika stammenden Arten von Passionsblumen ganz eigentümlich geformte Blüten. Die Blütenhülle besteht aus je 5 meist gleichfarbigen Kron- und Kelchblättern (= 10 Apostel, wenn ohne Judas und Petrus gezählt). In der Blüte sind 3 am Ende scheibenförmig verdickte Griffel (= 3 Nägel) und 5 Staubblätter mit länglichen Staubbeuteln (= 5 Wunden), die - sehr ungewöhnlich - gemeinsam an einer zentralen, emporragenden Säule wachsen (= Martersäule, an der Jesus gegeißelt wurde). Zwischen Säule und Blütenhülle befindet sich eine auffällige sogenannte Nebenkrone aus meist sehr zahlreichen, fädigen, bunten Organen ( = Dornenkrone). Dazu erinnern die Blätter mancher Arten an Lanzenspitzen, die Ranken an Geißeln.

Ganz unsymbolisch nutzten die Ureinwohner Südamerikas die erfrischenden Früchte etlicher Passiflora-Arten als Nahrung und kultivierten die Pflanzen zu diesem Zweck und auch als Heilmittel, wie schon der oben genannte Monardes berichtete. Die Früchte von etwa 60 Arten sind essbar. Die wirtschaftlich bedeutendste ist heute die allgemein als Maracuja bekannte Passiflora edulis, der wir zum Beispiel als Bestandteil von Multivitaminsaft, Fruchtjogurt oder Konfitüre begegnen. Ferner werden die Blätter einer anderen Art (Passiflora incarnata) als mildes, aber wirksames Beruhigungs- und Schlafmittel verwendet.

Die Dreilappen-Passionsblume (Passiflora triloba) aus Peru ist wissenschaftlich schon seit fast 200 Jahren beschrieben. Über indianische Nutzungen, ihre Früchte oder Heilwirkungen ist aber so gut wie nichts bekannt. Dafür bietet sie eine besondere Variante der Blütensymbolik: Als weltweit einzige Passionsblume hat sie eine 12- statt 10-blättrige Blütenhülle, bei ihr sind also alle 12 Apostel vertreten. Aber auch ganz ohne Symbolik sind die großen, bunten und etwas düsteren Blüten eine besondere Pracht.

Dreilappen-Passionsblume - Passiflora triloba
Foto: M. Burkart
Dreilappen-Passionsblume - Passiflora triloba